Wenn jemand seinen runden Geburtstag feiert, feiert er ihn selten exakt dort, wo er das Licht der Welt erblickte. Auch keinen runden wie den 70. Geburtstag. Anders sieht es aus, wenn der Jubilar kein Mensch ist. In Gutmadingen erblickten viele Gegenstände, die heute Sammlerwert oder Sammlerkult haben, das Licht der Welt, nämlich Traktoren. Und so einer war jetzt wieder aus besonderem Grunde zu Gast in Gutmadingen.

Abholung am 31. August 1951

Denn am 31. August 1951 wurde in Gutmadingen ein Traktor von Gerhard Brennenstuhl aus Weil im Schönbuch abgeholt. Und 70 Jahre später brachten ihn sein Sohn Wolfgang und die Enkel, unter ihnen Andreas als heutiger Besitzer, nach Gutmadingen, um Geburtstag zu feiern, vor dem Areal der ehemaligen Firma Kramer – quasi dem Kreißsaal des Jubilars. Es ist ein K 12V mit Haube, ein Schwungrad mit Verdampferkühlung. Aber den weiten Weg von seiner Heimat zum Geburtsort legte das Gefährt nun mit einem Tieflader zurück, lediglich ein kleines Reststück wurde noch aus eigener Kraft bewältigt.

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Kramerfreunde kommen immer wieder auf neue Ideen. Und wie es sich gehört, wird der Geburtstag auch im Kreise von (Kramer-) Freunden gefeiert. Da waren vom Verein der Kramerfreunde das Ehepaar Riesterer aus Leipferdingen und aus Gutmadingen Hans Kramer als Mitinitiator und langjähriger Vorsitzender der Kramerfreunde sowie Reinhard Huber vom derzeitigen Vorstandsteam dabei. Auch die Brennenstuhls brachten etliche Familienangehörige mit, und wenn ein Verwandter schon in der Nähe wohnt, darf dieser auch mitfeiern: der ehemalige Bürgermeister von Gailingen, Heinz Brennenstuhl. Wie lange der Traktor bei seiner Abholung dann bis nach Hause unterwegs war, war zweitrangig.

Enkel restauriert den Oldtimer und baut einen Blinker ein

Irgendwann stand der Kramer in der Garage und Andreas Brennenstuhl machte sich ans Werk, den Oldtimer zu restaurieren. „Eine Mordsarbeit“ war das, äußerte er sich stolz. Der Traktor sei seit 1951 bis heute immer angemeldet, Andreas Brennenstuhl als nunmehriger Besitzer hat sogar noch eine Kopie vom alten Fahrzeugschein beziehungsweise dem Fahrzeugbrief. Die meisten der Serie damals waren in grau lackiert, Gerhard Brennenstuhl wollte einen in „Kramergrün“.

Über 200 Traktoren, nicht nur Kramer aus der ganzen Region tuckerten am 26. August nach Gutmadingen ins Krähenloch und nahmen ...
Über 200 Traktoren, nicht nur Kramer aus der ganzen Region tuckerten am 26. August nach Gutmadingen ins Krähenloch und nahmen Aufstellung vor der Bühne. | Bild: Archiv/Paul Haug

Nach der neuerlichen Restaurierung mussten noch einige Teile eingebaut werden, die es 1951 bei dem Traktor nicht gab, etwa einen Blinker. Damals hat der Fahrer oder Sozius einfach die Hand ausgestreckt und möglichen nachfolgenden Verkehrsteilnehmern, die aber noch nicht in der heutigen Menge unterwegs waren, einen Fahrtrichtungswechsel kundgetan. Das lässt der TÜV aber heute nicht mehr durchgehen.

Dort wo die ersten Kamertreffen stattfanden, im Krähenloch, fand am Donnerstag, 26. August, ein Traktorkonzert mit den Dorfrockern ...
Dort wo die ersten Kamertreffen stattfanden, im Krähenloch, fand am Donnerstag, 26. August, ein Traktorkonzert mit den Dorfrockern statt. Schon 2003 – aus diesem Jahr stammt unser Archivbild – fanden sich viele Traktoren ein. | Bild: Archiv/Paul Haug

Es war damals wie heute ein besonderes Ereignis, den fahrbaren Untersatz direkt im Werk abzuholen. Eine Werksbesichtigung war obligatorisch und im „Ochsen“ stärkte man sich dann, bevor es weiterging. Der erste Schlepper der Firma Kramer wurde 1933 als GL gebaut (GL steht für Güldnermotor). Erst später, ab 1936, wurde dann die Bezeichnung K12 (für Kramer) eingeführt. Der K 12V erregte Aufsehen bei der DLG-Ausstellung 1950 in Frankfurt aufgrund seines sensationellen Preises von 3575 D-Mark, damit wurde er zum erfolgreichsten Kramer-Modell bis 1952. Gebaut wurden 672 Exemplare mit dem ZF-Getriebe und 3343 Exemplare mit dem kramereigenen Getriebe.

Der „Jubilar“

Der K 12V wurde mit einem Deutz-Motor MAH914, einem wassergekühlten, Viertakt-Einzylinderdieselmotor angetrieben. Er hatte eine Verdampferkühlung, deshalb die Zusatzbezeichnung zu den 11PS „V“. Wenn der K 12 im Sommer viel arbeiten musste, musste immer wieder Wasser nachgefüllt werden. Der Wassertank fasste zwischen 25 und 30 Liter, der Dieseltank 15 Liter. Die reichten für 100 Kilometer, für die er aufgrund der Höchstgeschwindigkeit von 15 km/h über sechs Stunden benötigte.