Die nationalsozialistische Zeit stellte auch das kleine Baarstädtchen Hüfingen vor besondere Herausforderungen. Und zwar unter anderem mit der Zwangsarbeit von rund 100 Gefangenen im Fürstlich-Fürstenbergischen Säge- und Hobelwerk. Dieses Kapitel wurde nun mit dem neuesten Band in der „Kulturhistorischen Reihe der Stadt Hüfingen„ aufgearbeitet. Als Quelle für die Ereignisse in Hüfingen und auf der Baar diente das Tagebuch des damals 23-jährigen Niederländers Bart Heyning, der von Juni 1943 bis April 1945 mit einigen anderen jungen Holländern im Säge- und Hobelwerk in Hüfingen als Zwangsarbeiter arbeiten musste. Jetzt war in der Rathausgalerie die Buchvorstellung. Zu Gast waren neben Bart Heyning junior, der Sohn des Zwangsarbeiters, die Nichte vom Autor und Mitherausgeberin Julie Heyning-van Maaneen und Co-Auto Rüdiger Schell.

Das Tagebuch von Bart Heynings dokumentiert den Kriegsalltag in Hüfingen und beschreibt das Leben der jungen Holländer. Obwohl sie einige Sonderrechte genossen – sie konnten sich nach der Zwangsarbeit in Hüfingen frei bewegen, Zimmer mieten und auch in den nahen Schwarzwald gehen – war ihr Leben fremdbestimmt. Zudem waren auch die Kriegswirren stetig präsent, sei es die näher kommende Front sowie die Ängste und Nöte der einheimischen Bevölkerung bei den Bombardierungen von Hüfingen und Donaueschingen. „Zudem fällt auf, dass das Tagebuch ein in Unsicherheit geschriebenes Buch ist“, so Co-Autos Rüdiger Schell. „Bart Heyning musste vorsichtig sein mit seinen Aufschrieben, schließlich wusste er nicht, wer das Tagebuch eventuell in die Hände bekommt, und bestimmte Äußerungen hätten zu Repressalien gegen seinen Vater führen können, der im Konzentrationslager in Dachau war.“ So fand man kaum Aufschriebe, wie das Verhältnis der Zwangsarbeiter zur Hüfinger Bevölkerung war. Sohn Bart Heyning junior sprach von Selbstzensur. Somit kam für den damals 23-Jährigen auch keine Flucht in Frage.
Untergebracht war der Niederländer mit einigen Leidensgenossen im Dachgeschoss des heutigen Hüfinger Museums, und nicht wie die 250 bis 300 weiteren Zwangsarbeiter in Baracken am Nordufer des Kofenweihers. „Hier fand ich in den Unterlagen und Akten kaum Hinweise auf das Zwangsarbeiterlager“, so Rüdiger Schell. „Und ich fand auch keine Zeitzeugen mehr, wie es in den Baracken in der damaligen Zeit zuging.“ Und dennoch gelang dem im Januar im Alter von 99 Jahren verstorbenen Bart Heyning im April 1945 kurz vor dem Einmarsch der Franzosen die Flucht in die Schweiz.
„Später dann, als Bart mehrere Male nach Basel unterwegs war, wäre es nur ein Katzensprung nach Hüfingen gewesen“, so die Nichte Julie Heyning-van Maaneen: „Aber er vermied es jedes Mal, noch einmal an den Ort seiner 22 Monate dauernden Zwangsarbeit zurückzukehren“. Sein Sohn Bart Heyning junior nahm aus dem Buch einige wichtige Dinge für sich und seine Kinder mit. „Die Freiheit, die wir haben, kannte mein Vater bei der Zwangsarbeit nicht, er ist nicht geflohen zum Schutz seines Vaters, und bei seinen Aufschrieben in sein Tagebuch übte er zum Eigenschutz Selbstzensur“, so Heyning junior. Dennoch scheint er die Hüfinger in guter Erinnerung zu halten, denn sein „elftes Gebot“ nach der Zwangsarbeit war stets: „Du sollst nicht generalisieren“, was so viel heißen soll wie: „Nicht alle waren in der NS-Zeit so wie die verblendeten Nationalsozialisten“.