Die Ganztagsbetreuung an der Lucian-Reich-Schule in Hüfingen erhält eine Neukonzeption. Diese hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung auf den Weg gebracht. Wir fassen die wichtigsten Punkte zusammen:
- Ausgangslage: Zum Beginn des Schuljahres 2013/2014 wurde an der Lucian-Reich-Schule eine Gemeinschaftsschule eingerichtet. Ziel dieser ist es, das längere gemeinsame Lernen der Kinder und Jugendlichen, sowie deren individuelle Begabungen und Leistungsmöglichkeiten zu fördern. Bestandteile der Gemeinschaftsschule sind die Grundschule und die Sekundarstufe. Möglich sind der Hauptschulabschluss sowie der mittlere Bildungsabschluss. Für den Unterricht in den unterschiedlichen Niveaustufen stehen Grund-, Hauptschul-, Realschul- und Gymnasiallehrkräfte zur Verfügung. Nach Auskunft des Hüfinger Hauptamts sind alle Schüler der Sekundarstufe eins fest in den Alltag der Ganztagsschule in gebundener Form eingebunden. Im Grundschulbereich ist die Ganztagsschule demnach in teilgebundener Form eingerichtet. Grundschüler können also zwischen Ganztags- und Halbtagsschule wählen. Das Ganztagskonzept an der Lucian-Reich-Schule sieht eine achtstündige Betreuung an vier Wochentagen vor.
- Rechtlich: 2008 wurde der Ganztagsbetrieb an der Einrichtung durch das Kultusministerium genehmigt. Daher erhält die Schule zur Organisation und Durchführung der hinzukommenden Angebote an der Grundschule eine zusätzliche Lehrerzuweisung von bis zu sechs Lehrerwochenstunden je Ganztagsklasse. Der kommunale Schulträger muss die übrigen Personalkosten tragen – insbesondere für die Betreuung beim Mittagessen und in der Freizeit. Für den Sekundarbereich (ab Klasse fünf), welcher verpflichtend als Ganztagsschule zu führen ist, bekommt man fünf zusätzliche Lehrerwochenstunden pro Klasse.
- Zuschüsse: Für Betreuungsangebote an Grundschulen und flexible Nachmittagsbetreuungsangebote an Ganztagsschulen mit besonderer pädagogischer Aufgabenstellung gewährt das Land Zuschüsse. Allerdings wurden laut der Hüfinger Stadtverwaltung um Bürgermeister Michael Kollmeier und Hauptamtsleiter Horst Vetter ab dem Schuljahr 2017/2018 vom Regierungspräsidium Freiburg als Bewilligungsbehörde nur noch Zuschüsse für die flexible Nachmittagsbetreuung an der Grundschule, und nicht mehr für die Nachmittagsbetreuung der Sekundarstufe, bereitgestellt. Eine Begründung oder Rechtsgrundlage habe es nicht gegeben. Die Stadt hatte gegen die Ablehnung damals Klage beim Verwaltungsgericht erhoben. Zwischenzeitlich sei die Gewährung von Zuschüssen für Nachmittagsbetreuungsangebote dahingehend geändert worden, „dass Gemeinschaftsschulen von der Zuschussgewährung ausgeschlossen sind, da laut Schulgesetz die schulische Nachmittagsbetreuung mit vom Land bezahlten Lehrerstunden zu bestreiten ist“. In der Folge wurde die Lucian-Reich-Schulleitung im Herbst 2020 vom Schulamt Donaueschingen aufgefordert, das Ganztagskonzept so zu modifizieren, dass Lehrerwochenstunden nicht mehr wie beim bisherigen Modell für die pädagogische Mensa eingesetzt werden dürfen. Auch in der Sekundarstufe ist die Betreuung des Mittagessens künftig durch den Schulträger, nicht mehr durch Lehrer, zu gewährleisten.
- Ungeahnte Dynamik: Schulleiterin Ruth Schütz-Zacher, seit September 2020 Nachfolgerin von Franz Dury, hat sich „ganz bewusst für die Lucian-Reich-Schule entschieden“. Sie habe bei ihrer Bewerbung gewusst, dass das Thema Neukonzeption ansteht. „Aber dass es so schnell kommt, habe ich nicht unbedingt gedacht“, gibt sie im Gemeinderat zu. Nicht zuletzt ist die Pandemie für diesen beschleunigten Vorgang verantwortlich. Es sei ein Schuljahr gewesen, das wohl niemand so geahnt habe. Und bestimmt nur die Wenigsten hätten zuvor Begriffe wie Wechsel- oder Fernunterricht gekannt. Seit zwei Wochen ist es laut der Pädagogin nun so, dass „Gott sei Dank wieder alle Grundschüler und Schüler der Sekundarstufe kommen dürfen“. Seit Montag herrsche endlich wieder Mensabetrieb, auch wenn aufgrund des Mindestabstands von eineinhalb Metern nicht alle Klassen gleichzeitig essen können.
- Neues Konzept: Die Schulleitung hat mittlerweile das Ganztagskonzept auf die Anforderungen des Schulamts beziehungsweise des Schulgesetzes geändert. Dieses kann laut Beschlussvorlage ab dem Schuljahr 2021/2022 umgesetzt werden. Das neue Konzept soll dazu führen, dass im Sekundarbereich durch die Stadt 49,5 Betreuungsstunden im Mittagsband (Anm. d. Red.: das Bindeglied zwischen dem Vormittagsunterricht und dem Beginn der Themenangebote oder dem Unterricht am Nachmittag) zu gewährleisten sind. Außerdem sind Gruppenteilungen in den Klassen fünf und sechs geplant, wofür zusätzliche sechs Wochenstunden an Betreuung anfallen, die vom Schulträger finanziert werden. Insgesamt ergeben sich somit in der Sekundarstufe 55,5 Betreuungsstunden statt bisher 55,2, die durch den Schulträger zu erbringen sind. In der Grundschule beträgt der wöchentliche Betreuungsbedarf ab dem nächsten Schuljahr 45 Stunden (bisher 34,8). „In Summe sind also 96 wöchentliche Betreuungsstunden notwendig statt den bisherigen 133,8. Diese sind durch die Stadt zu finanzieren“, erklärt Horst Vetter. Sollte sich die Anzahl der Klassen ändern, seien Anpassungen vorzunehmen.
- Unterstützung: Mit Beginn des Schuljahres 2014/2015 wurde die Trägerschaft für die Ganztagsbetreuung an der Lucian-Reich-Schule an das Kinder- und Familienzentrum Villingen-Schwenningen (Kifaz) übertragen. Laut Informationen der Stadtverwaltung ist geplant, auf der Grundlage des neuen Konzepts einen neuen Trägervertrag abzuschließen. Das Kifaz sei über die geplanten Veränderungen informiert und in Gespräche einbezogen worden.
- Mehr Betreuung: Wie Rektorin Ruth Schütz-Zacher den Gemeinderäten ausführte, soll im Rahmen der Ganztagsbetreuung-Neukonzeption im Grundschulbereich morgens von Montag bis Donnerstag eine durch Lehrer betreute Ankommenszeit von 8 bis 8.30 Uhr eingeführt werden. Konrektorin Christiane Schell erklärte: „Wir gehen von den Zeitfenstern früher in den Morgen. Somit können wir Eltern, die früher mit dem Arbeiten anfangen müssen, etwas familienfreundliches anbieten.“ Die Schüler haben ihr zufolge die Möglichkeit, sich etwa mit Lernspielen in Ruhe auf den bevorstehenden Unterrichtstag vorzubereiten: „Wir wollen einen Ansturm in die Klassenzimmer, ein hektisches Gedränge mit den ersten Konflikten, dadurch vermeiden“, so Schell, die von einem festen Konstrukt spricht, auf das man sich verlassen könne. Bisher konnten Grundschüler vor dem offiziellen Unterricht von 7.30 bis 8.30 Uhr ein kostenpflichtiges Betreuungsangebot buchen. Durch die Einführung eines früheren Unterrichtsbeginns um 8 Uhr mit der Ankommenszeit von Montag bis Donnerstag soll das achtstündige Ganztagsangebot der Gemeinschaftschule um 16 Uhr (bisher 16.30 Uhr) enden. Das frühere Schulende entspricht laut Christiane Schell den Wünschen vieler Eltern: „Damit Eltern, die noch länger arbeiten, nicht in ein Betreuungsschlamassel kommen, kann weiterer Betreuungsbedarf auf kostenpflichtiger Basis geschaffen werden.“
- Vorteile: Mehrere Vorteile bringt das neue Konzept Ruth Schütz-Zacher zufolge mit sich: früherer Beginn, früheres Ende, eine bessere Rhythmisierung des Tages mit mehr Unterrichtsblöcken und zehn möglichen Betreuungsstunden sowie die pädagogische Ankommenszeit.