Lothar Herzog

In der Hauptversammlung des Handels- und Gewerbevereins (HGV) führte ein Antrag von Kassenprüfer Berthold Müller zum Thema Aldi und Rossmann zu einer emotionalen und hitzigen Debatte mit verbalem Schlagabtausch, in der vor allem Unternehmer Johannes Kronbach attackiert wurde. Müller kritisierte, die Sitzung des Aktionsbündnisses sei zu einer Werbeveranstaltung der Grünen verkommen. Der einzige positive Beitrag in dieser Sitzung sei von einer Lehrerin gekommen, der strategisch in Ordnung gewesen sei. Wenn er dies gewusst hätte, hätte er die Räume des FC Königsfeld nicht zur Verfügung gestellt.

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Der HGV wurde nicht gefragt

Von den Gemeinderäten komme keiner auf die Idee, den HGV nach dessen Meinung zu fragen. Die Entscheidung dürfe der HGV so nicht hinnehmen. Immer werde gejammert, es kämen zu wenige Kunden in die Geschäfte. Andererseits werde diesen nichts geboten. Von den 46 Unterschriften gegen die Ansiedlung der beiden Märkte stamme die Hälfte von Personen, die nicht im Kernort wohnen. Mit erhobenem Daumen in Siegermanier zu posieren sei zudem geschmacklos, warf Müller Kronbach vor.

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Winfried Moosmann unterstützte Müller in vielen Teilen. Der Standort neben der Schule sei jedoch der falsche. Nun müsse es gelingen, einen anderen Standort zu finden. Bürgermeister Link befürwortete die Diskussion im HGV. Den Vorwurf von Müller, es sei alles viel zu schnell gegangen und man hätte mit dem HGV reden müssen, ließ Link nicht gelten. So ein Verfahren dauere meistens über ein Jahr und im Rahmen der Bauleitplanung wäre der HGV gehört worden.

Link möchte sachlich diskutieren

In Königsfeld werde ein Vorhaben der Gemeinde sofort skandalisiert und emotionalisiert in einem Umfang, der beängstigend sei. Es könne über ein Thema gar nicht mehr sachlich diskutiert werden. Der Gemeinderat sei das repräsentative Gemeindeorgan, der entscheide. Er weise jede Form von Kungelei und Nötigung seitens der Verwaltung zurück. Dies wäre ein Straftatbestand. Zwei Drittel der Bevölkerung vertrete die Meinung, dass die Ansiedlung der beiden Märkte existenziell für die Gemeinde sei. Der Entwicklung im Einzelhandel könne man sich nicht verschließen. Königsfeld dürfe sich glücklich schätzen, eine Anfrage der Märkte erhalten zu haben, für die es aber keine innerörtliche Alternative gebe.

Die Kaufkraft fließt ab

Einen Bürgerentscheid pro oder contra Märkte zu fordern, sei Unsinn. An die Marktbetreiber seien unsägliche Anschuldigungen erhoben worden und es sei eine Art Pogromstimmung entstanden, empörte sich der Bürgermeister. "Im Gemeinderat sitzen keine Deppen. Mit den Märkten schaffen wir es, mehr Frequenz in den Ort zu bringen", bekräftigte Link und fügte hinzu: "Fakt ist, dass wir 50 Prozent der Kaufkraft nach außen verlieren. Wer aber in Schönheit sterben will, braucht sich hinterher nicht zu beklagen", tadelte der Rathauschef die Aldi-Rossman-Gegner.

Kronbach behauptete, er habe nie gesagt, gegen die Ansiedlung zu sein. Aber der Standort an der Schule sei eben nicht der richtige. Apotheker Simon-Peter Skopek äußerte sich schockiert über die emotionale Diskussion im HGV und im Ratssaal. Er habe auch eine Apotheke in Sulgen. Dort bestehe bereits die Infrastruktur, die Königsfeld gerne möchte. Jeder müsse sich die Frage stellen: "Wollen wir den Kernort erhalten, oder dass er ausblutet?"

Die schwierige Standortfrage

Die Gemeinde hat die Aufgabe, für die Versorgung der Bevölkerung im Kernort und den Ortsteilen sicherzustellen. Dies fällt unter die kommunale Daseinsvorsorge mit Lebensmitteln, Getränken und Drogeriewaren. Seit der Schlecker-Pleite fehlt dem Kurort ein Drogeriemarkt. Hinzu kommt, dass der Discounter Treff mittelfristig wohl keine Zukunft hat. Deshalb hat die Gemeinde seit Mitte 2018 proaktiv Alternativen erkundet – auch, um unabhängiger von Edeka zu sein, die sich in den vergangenen Monaten unkooperativ gezeigt hat. Als Alternative hat sich die Chance auf ein Doppelkonzept mit dem Dicounter Aldi und der Drogeriekette Rossmann ergeben.

Zwei mögliche Standorte hat die Gemeinde ausgemacht: Der erste Standort, der mittlerweile vom Gemeinderat abgelehnt wurde, wäre zwischen dem Kreisverkehr am Ortseingang und der Grundschule gelegen. Neben Befürchtungen zur Optik war vor allem die Nähe zur Schule ein großer Stein des Anstoßes. Der zweite Standort liegt schräg gegenüber des Kreisverkehrs auf der Fläche an der L 177 östlich des Natursportparks. Dieser wurde jedoch vom Regierungspräsidium (RP) Freiburg wegen als "nicht genehmigungsfähig" eingestuft. Die Gemeinde bemüht sich nun beim RP, den Standort doch noch so zu entwickeln, dass er genehmigt werden könnte.