Aldi und Rossmann werden nach Königsfeld kommen – dafür hat sich der Gemeinderat am Mittwochabend mehrheitlich entschieden.
Zehn Gemeinderäte haben dafür gestimmt, fünf dagegen. Das Haus des Gastes war mit rund 150 Bürgern gut gefüllt, die Stühle bis auf den letzten Platz belegt.

Wortmeldungen der Bürger
Dass das Thema für Diskussionen sorgt, wurde während der Wortmeldungen der Bürger zu Beginn der Sitzung deutlich: Knapp neunzig Minuten lang trugen 16 Bürger ihre Anliegen vor. Mit sieben Befürwortern sprachen sich deutlich mehr Bürger für die Ansiedlung aus als dies in den vergangenen beiden Sitzungen des Ortsteilausschusses Königsfeld und des Ausschusses für Umwelt, Technik, Wirtschaft und Verkehr der Fall war.

Die Mehrheit der Bürger, die ihre Meinung vorbrachten, plädierte jedoch nach wie vor dafür, die beiden Märkte nicht am Ortsrand von Königsfeld anzusiedeln. Drei Vertreter von Edeka und ein Vertreter von Cap waren vor Ort und verfolgten die Diskussion. Während der Fragestunde meldeten sie sich nicht zu Wort. Im Anschluss wurde ihnen das Wort von Bürgermeister Fritz Link untersagt: „Sie sind jetzt nicht gefragt, ich erteile Ihnen nicht das Wort“, so Link auf Einwürfe der Vertreter, die Links Aussagen als „unverschämt“ bezeichneten.

Königsfeld ist anders und so soll es auch bleiben – dieses Argument tauchte am Abend immer wieder bei den Aldi/Rossmann-Gegnern auf. „Ein Aldi in diesem Format passt nicht in die Landschaft“, meldete sich die 17-jährige Schülerin Lea Inge Riedel aus Neuhausen zu Wort. „Wollen wir es so machen, wie alle anderen Kommunen?“, fragte Harald Königsberger. Er warb dafür, alternative Geschäfte anzusiedeln und es „bewusst anders zu machen“.

Als weiteres Gegenargument wurde die Belebung des Zinzendorfplatzes und damit verbunden die Unterstützung des Einzelhandels in der Ortsmitte angeführt. Ein Wohlfühleinkaufen gebe es nur noch in wenigen Orten, äußerte sich Stephanie Richter, Inhaberin der Buchhandlung Hornscheidt in der Friedrichstraße. Zur Lärmbelastung aufgrund der Anlieferungen der Märkte meinte die Ärztin Barbara Hoss: „Aldi ist ein Angriff auf die Gesundheit der Anwohner.“
Vielen Befürwortern des Groß-Projektes ging es um junge Familien, die ihrer Meinung nach die Chance auf ein günstiges Einkaufen haben sollten: „Wir müssen auch an die denken, die Aldi-Produkte kaufen müssen“, sagte der Königsfelder Ulrich Sommer. „Aldi ist heute Lebenswirklichkeit. Können wir uns davor einfach verschließen?“, fragte Oliver Schmitt.
Der Bürgermeister und die Gemeinderäte
„Niemand will ein Prestigeobjekt und niemand will sich selbst verwirklichen“, stellte Fritz Link klar. Aber die Marktentwicklung gehe nicht in Königsfeld vorbei. Auf eine Monopolsicherung von Edeka werde sich die Gemeinde nicht einlassen, so Link.

Auf Anfrage von Beate Meier, ob sich die Edeka- und Cap-Vertreter nicht zu Wort melden könnten, machte Link klar, dass er dafür keine Notwendigkeit sehe und verwies auf den Schriftverkehr mit der Herrnhuter Brüdergemeine. Lautstarke Einwürfe von Seiten Edekas: „Hätte es nicht Sinn gemacht, dass Edeka antwortet?“ und „Das ist eine Unverschämtheit“ wurden von Link quittiert mit: „Wir sprechen nur mit der Herrnhuter Brüdergemeine. Es ist Ihr Problem, wenn Sie es nicht schaffen, die Kommunikationsprobleme intern zu lösen.“

Alle Gemeinderäte meldeten sich zu Wort und erläuterten die Beweggründe für ihre Entscheidung. „Ich finde, dass die Zuhörer das Recht haben, von jedem die Meinung zu hören“, so Bernd Möller (CDU). Seiner Meinung nach sei die Gemeinde dazu verpflichtet, „für das ganze Spektrum der Gemeinde“ eine Versorgung sicherzustellen. Sabine Schuh (CDU) habe die Einwohner in Neuhausen oft nach ihrer Meinung zu der Ansiedlung gefragt und dabei festgestellt, dass „mindestens 90 Prozent“ dafür seien.
„Wir verlieren nichts, wenn Aldi kommt, wir können nur gewinnen“, so lautete die Meinung von Frank Schwarzwälder (FW). Jan-Jürgen Kachler (FW) sagte aus, sich für „eine ansprechende Architektur“ einsetzen zu wollen. Franziska Hornscheidt (Grüne) sprach sich klar gegen die Märkte aus: „Wir sind eigentlich weiter als ein Discounter.“ Jugendliche fingen damit an, umzudenken – das sollte die Gemeinde auch tun. Marielle Dannert (Grüne) und Birgit Helms (SPD) plädierten weiterhin dafür, die Entscheidung zu verschieben. Jens Hagen (FW) positionierte sich klar als Aldi-Gegener.
Edeka- und Cap-Vertreter sind verärgert
Aufgebracht zeigten sich die Edeka- und Cap-Vertreter nach der Entscheidung im Foyer. „Es ist bedauerlich, dass eine Richtigstellung nicht möglich war“, sagte Frank Meng, Regionalleiter Expansion der Edeka Südwest. „Wir wurden heute Abend konsequent ignoriert.“ Und weiter: „Uns in der öffentlichen Diskussion durch den Kakao zu ziehen, ist nicht in Ordnung.“ Befremdlich sei es von einer Monopolstellung Edekas zu sprechen. Von Fristen hätten sie nichts gehört. „Wir werden diese Entscheidung akzeptieren müssen“, so Meng. Für Edeka bedeute dies, Mitarbeiter entlassen zu müssen. Thomas Heckmann als Vertreter des Cap-Marktes widersprach der Aussage einer Monopolstellung: „Cap ist ein eigenständiges Unternehmen, kein Anhängsel von Edeka.“ Dass Cap Geld von Kommunen wolle, sei schlicht unwahr, so Heckmann.
So geht es weiter
Am 25. März soll es um 18.30 Uhr im Haus des Gastes eine Bürgerversammlung geben, kündigte Link an. Anregungen von Bürgern sollen dabei aufgenommen werden. Davor sollen mit Fachbehörden erste Vorklärungen getroffen werden. Am 13. Mai wird mit dem Einleitungsbeschluss formell in das Verfahren gestartet.
Zehn zu fünf – im Detail
Von den Gemeinderäten haben für Aldi und Rossmann gestimmt: Fritz Link, Thomas Fiehn, Jan-Jürgen Kachler, Hans Mack, Frank Schwarzwälder, Heinz Kammerer, Bernd Möller, Sabine Schuh, Matthias Weisser und Stefan Giesel.Gegen die Ansiedlung waren Jens Hagen, Marielle Dannert, Beate Meier, Franziska Hornscheidt und Birgit Helms. (may)