Königsfeld – Gunther Schwarz kommt fast zu spät zum Pressegespräch über die geplante Gedenkfeier für die Opfer des Nazi-Regimes in Königsfeld. Kurz vor dem Termin erhielt der pensionierte Pädagoge einen wichtigen Anruf. „In Buchenberg gab es wohl auch ein Nazi-Opfer“, erklärt Schwarz bestürzt.

Seit Herbst letzten Jahres sind Gunther Schwarz und Hans-Beat Motel auf der Suche nach Königsfelder Opfern des nationalsozialistischen Euthanasieprogramms. Ein Hinweis auf den Tod des behinderten Bruders der Organistin Hilde Martin in einem Buch über die Geschichte Königsfelds sowie der Hinweis auf ein mögliches Opfer in Neuhausen waren der Anstoß der monatelangen Recherche. „Wir haben von einigen Mitbürgern die gesicherte Erkenntnis, dass sie von den Nationalsozialisten umgebracht wurden“, erklärt Hans-Beat Motel.

Dabei handele es sich um Bewohner aus Königsfeld, die aufgrund ihrer geistigen oder körperlichen Behinderung als „lebensunwertes Leben“ bezeichnet und ermordet oder zwangssterilisiert wurden. Mit dem als „Aktion T 4“ bezeichneten „Euthanasieprogramm“ verfolgten die Nationalsozialisten die Absicht, Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen zu töten. Bei der von der Berliner Tiergartenstrasse 4 zentral gesteuerten Aktion wurden im Laufe des Jahres 1940 insgesamt 10.654 behinderte und kranke Menschen aus dem Südwesten Deutschlands in dem zur Tötungsanstalt umgebauten Jagdschloss Grafeneck bei Gomadingen umgebracht. „Bisher sind 9600 Namen bekannt – darunter auch Königsfelder,“ erklärt Gunther Schwarz.

Die Initiatoren der Feierstunde haben mit dem 27. Januar bewusst den Gedenktag für die Opfer des Nazi-Regimes gewählt. Unter dem Motto „Erinnern – Bedenken – Lernen“ ist nach Informationen zum Programm T 4 und den Königsfelder Opfern eine offene Gesprächsrunde geplant. Die Gedenkfeier findet um 18 Uhr im Kirchensaal der Evangelischen Brüdergemeine am Zinzendorfplatz statt.