Rottweil – Investor Günter Eberhardt will drei Millionen Euro in die Hand nehmen, um die Rottweiler Innenstadt mit einer Fußgänger-Hängebrücke mit dem Aufzugtestturm zu verbinden. Dafür machte der Unternehmer jetzt bei einer Einwohnerversammlung in Rottweil vor vollem Haus Werbung. Bei der Stadtverwaltung stößt er mit seinem Projekt jedenfalls schon auf Zustimmung: Die Stadt erhofft sich von dem Projekt weitere Besucherströme, gesteigerte Umsätze bei Gastronomie, Hotellerie und im Handel und will dafür auch selbst Geld in die Hand nehmen. Zum Beispiel für ein Parkdeck auf der Groß'schen Wiese.
All dies wurde am Donnerstagabend groß aufgemacht in der Stadthalle präsentiert, samt Werbefilm und kurzfristiger Touristenanalyse. Für letztere hatte Tourismusfachmann Sebastian Gries keine zwei Wochen Zeit. Er hat sich bei vergleichbaren Projekten umgehört und verspricht Rottweil schon während der Bauzeit der Brücke Besucherströme, die sich gerne auch die alte Stadt anschauen und hier ihr Geld liegen lassen. Und er empfiehlt, den Verkehr zu organisieren und alles optimal zu verzahnen, Infrastruktur zu schaffen, von Parkplätzen bis zu Toiletten. Und: „Geben Sie Gas damit!“
Das will Investor Eberhardt, der in breitem Schwäbisch erzählt, wie er seine Firma aufgebaut hat, die heute hundert Mitarbeiter hat und 15000 Tonnen Betonstahl im Jahr verbaut. Der Großprojekte wie die drittgrößte Moschee der Welt mitgebaut hat und dann den Testturm. Da kam die Idee der Hängebrücke auf. Sein Bauchgefühl sagte Ja, heute sieht er darin eine „abnormal große Chance, die Stadt Rottweil vorwärts zu bringen.“ Wasser auf den Mühlen der Stadtverwaltung, die das auch so sieht. Die Investoren, die die Stadt so nötig braucht, vor allem jetzt, wo die neue Landesregierung wohl im Verwaltungsbereich sparen will und das Rottweil als Behördenstandort doppelt treffen könnte, stehen vor der Tür. Einer wolle aus dem alten Spital ein Hotel mit hundert Betten machen, betonte Oberbürgermeister Ralf Broß. Weitere könnten aus dem demnächst leer stehenden Gefängnis und dem dann alten Feuerwehrhaus Hotels machen. Denn die braucht man, wenn die Touristen in Scharen nach Rottweil pilgern. Und zusätzliche Parkplätze. 500 allein auf dem Berner Feld. Auch dafür hofft man auf Investoren, und da die damit Geld machen wollen, wird auch das kostenlose Parken in und um die Innenstadt abgeschafft, sagte der neue Bürgermeister Christian Ruf und erntete damit ein deutliches Raunen in der Stadthalle.
„Gigantomanie“, das mussten sich Stadtverwaltung und Planer vorwerfen lassen, ob man wirklich ins beschauliche Rottweil Massen locken wolle. Mit den Anwohnern seitlich und unterhalb der Brücke hat man sich bereits ins Vernehmen gesetzt, aber nicht mit allen, und auch die äußerten sich am Donnerstag kritisch. Sorgten sich um Müll und Lärm, verlangten einen Bürgerentscheid wie beim Gefängnis. „Wenn eine Mehrheit dafür ist, dann können wir das akzeptieren“, sagt eine. Und erntet Beifall, allerdings keine Begeisterung bei Verwaltung und Investor, die das Projekt schnell durchziehen wollen. Im Frühjahr 2017 soll gebaut, im Herbst eingeweiht werden.
Videoanimation zum Verlauf der geplanten Hängebrücke
Das Brücken-Projekt
Die Fußgänger-Hängebrücke soll laut derzeitiger Planung hinter dem Dominikanermuseum in der Innenstadt beginnen und über 850 Meter bis zum Gewerbegebiet Berner Feld reichen, wo der Aufzugtestturm steht. Das Bauwerk wird von ingesamt vier Pfeilern gehalten, folgt dabei dem Neckartal und ist 1,20 schmal, damit sich unsichere Brückengänger beidseitig festhalten können. Die Handläufe sind 1,35 Meter hoch, nur über einer Straße und der Bahnlinie, über die die Brücke hinwegführen soll, werden die Handläufe auf 2,50 Meter erhöht als Suizidprävention. An der höchsten Stelle schwebt die Brücke 40 Meter über dem Neckartal. An den Eingängen finden sich Drehkreuze samt Ticketautomaten. Ab 80 Stundenkilometer Windgeschwindigkeit wird zur Sicherheit gesperrt. Rollstuhlfahrer und Kinderwagenschieber müssen sich vorher anmelden, denn aneinander vorbei kommt man bei 1,20 Metern Brückenbreite nicht.