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Die Bürger Rottweils blicken schon weit in die Zukunft. Nach dem Aufzugsturm von Thyssen-Krupp steht auch die Hängebrücke auf der Wunschliste vieler. Doch das Brückenprojekt zwischen dem Testturm und der Innenstadt ist noch nicht in trockenen Tüchern. Ein Investor nimmt dafür sechs Millionen Euro in die Hand.

Mit der geplanten Brücke sprengen die Rottweiler einen weiteren Rekord: Nach der höchsten Aussichtsplattform Deutschlands auf dem Testturm wird die Brücke mit 850 Metern Länge weltweit die längste ihresgleichen. Das begeistert viele, die Stadtverwaltung hofft auf Besucherströme und wirtschaftlichen Aufschwung im bisher eher beschaulichen und beamtengeprägten historischen Städtle.

Anlieger befürchten Lärm und Dreck 

Doch es gibt auch Gegner, weshalb Oberbürgermeister Ralf Broß eine Dialoggruppe in Form eines Runden Tischs vorgeschlagen hat. Dem stimmte der Gemeinderat jetzt zu. Vorrangig sind es Anlieger, die durch die vielen Besucher Lärm und Dreck fürchten. Investor und Planer sind bereits einen Schritt auf sie zugegangen: Statt des geplanten Brückeneinstiegs am Bockshof, einem früheren Friedhof, soll er jetzt ein Stück weit außerhalb der Stadtmauer hinkommen.

Sorgen macht sich aber auch die evangelische Pfarrerin Esther Kuhn-Luz, die sich gegenüber dem SWR äußerte: Die Brücke könnte Selbstmörder anlocken. Immerhin: Rottweil hat ein Problem damit, nicht zuletzt durch die Psychiatrische Landesklinik in der Stadt. Und deshalb hat man erst vor kurzem an der Hochbrücke, wo sich immer wieder Menschen in den Tod stürzten, für mehr als eine halbe Million Euro ein Fangnetz anbringen lassen. Aus dem anschließend wieder jemand hinuntersprang und starb.

Eine weitere Befürchtung der Pfarrerin, geäußert in der Bürgerversammlung: Touristenströme könnten am Sonntagmorgen den Gottesdienst in der dem geplanten Einstieg naheliegenden Predigerkirche stören. Auch zahlreiche Leserbriefe zeugen von einiger Kritik an dem Millionenprojekt.

Handel und Gewerbe sind für die Brücke 

Immerhin: Den Handel freut`s, der Gewerbe- und Handelsverein (GHV) positioniert sich klar für die Brücke, profitiert jetzt schon von den Turmbaustellenbesuchern – 50 000 wurden dort im letzten Jahr gezählt. Immer wieder kämen Leute in ihren Laden, die wegen des Turms nach Rottweil gekommen waren, erzählt GHV-Vorsitzende Karin Huonker. Keine Massen seien das, aber immerhin. Und wenn man durch Rottweils malerische Straßen und Gassen geht, steht man immer wieder vor leeren Geschäften und verstaubten Schaufenstern.

Frühe Einbeziehung der Öffentlichkeit, Gespräche mit den unmittelbaren Anliegern und jetzt eben der Runde Tisch sollen die Wogen glätten. Man wolle eine gute Lösung finden und auf einer sachlichen Ebene diskutieren, betont OB Broß. Forderungen nach einem Bürgerentscheid wie beim Neubau der Justizvollzugsanstalt gibt es, doch die wurden von Christian Ruf, dem neuen Rottweiler Bürgermeister und Juristen, bei der Bürgerversammlung abgelehnt. Sein Chef Broß wiederum mag einen solchen nicht völlig ausschließen.

Investor und Stadt wollen ab Frühjahr 2017 bauen

Die Brücke virtuell betreten kann man schon mal: In der Volksbank in der Hochbrücktorstraße lässt sich das mittels einer Animation und einer Virtual-Reality-Brille der Gang über das Neckartal erleben.

Baubeginn für die Brücke soll, wenn es nach Investor und Stadt geht, bereits im Frühjahr 2017 sein. Dann können Besucher des Testturms im Herbst von dort zu Fuß in die historische Innenstadt gelangen. Vorausgesetzt, dass es nicht zu stark windet. Denn dann wird die Brücke geschlossen. Und vorausgesetzt, man ist schwindelfrei, denn die Brücke wird an den höchsten Stellen 40 Meter über dem Tal schweben. Und einen Laufsteg haben, durch den man problemlos nach unten schauen kann.

 

Die Brücke

Investor der geplanten Hängebrücke ist der Stahlbau-Bauunternehmer Günter Eberhardt aus Hohentengen im Kreis Sigmaringen. Seine Firma hatte bereits Arbeiten am Rohbau ausgeführt. Die Investitionskosten in Höhe von 6 Millionen Euro sollen über Eintrittsgelder finanziert werden. Der Investor sowie die Stadt erwarten jährlich 100 000 Besucher auf der 850 Meter langen Brücke über dem Neckartal. Als Vorbild dient die Hängebrücke Highline in Reutte (Österreich). (sk)

 

Videoanimation zum Verlauf der geplanten Hängebrücke