Der wichtigste Mitarbeiter in Handwerksbetrieben in der Region könnte schon bald überall ACHIM heißen, zumindest wenn es nach Denis Hepting geht. ACHIM ist weder Schreiner noch Fließenleger, sondern eine App. Mit ihr möchte der Löffinger Unternehmer Denis Hepting das Leben von kleinen und mittelständischen Handwerksbetrieben erleichtern. Durch ACHIM sollen Chefs und Mitarbeiter Arbeitseinsätze planen, strukturieren und Arbeitsstunden erfassen.

Der 32-Jährige blickt selbst auf einen Berufseinstieg im Handwerk zurück. Hepting war erst auf der Löffinger Realschule. Dann hat er ebenfalls dort eine Ausbildung als Stuckateur absolviert, über Umwege in Schwenningen sein Abitur abgelegt und dann gleich zweimal studiert: Einmal Inter­ak­ti­ons­ge­stal­tung an der Hochschule in Schwäbisch Gmünd und dann noch einen Bachelor an der Universität Freiburg. Aus seiner Perspektive als Handwerker und Informatiker will er Projekte entwickeln, die Nutzer auch wirklich verstehen.

Zeiterfassung wird zum Problem

Doch wie entstand die Idee zur App? „Das ist eine interessante Geschichte“, sagt er und schmunzelt. Zuerst habe er nach dem Abitur mit zwei Freunden eine Industrie-Montage-Firma gegründet. Zwischen 20 bis 25 Angestellte arbeiteten dort und deren Einsätze mussten organisiert und erfasst werden. „Ich habe das Problem mit der Zeiterfassung und der Projektplanung tagtäglich gesehen. Wir haben eine App gebraucht, aber nichts hat gepasst“, berichtet der Unternehmer.

Der Markt und das Angebot von Zeiterfassungs- und Planungsapp sei groß. „Ich habe damals für meine Firma geschaut und gefühlt tausend Apps ausprobiert.“ Aber sie liefen nie so reibungslos, wie sich Chefs und auch Angestellte das gewünscht hätten. Entweder waren sie zu komplex für den Gebrauch, unpassend für das Gewerbe, oder so unverständlich, dass die Angestellten daran die Lust verlieren.

„Ich habe das Problem mit der Zeiterfassung und der Projektplanung tagtäglich gesehen“, erzählt Hepting. Deshalb hat er für ...
„Ich habe das Problem mit der Zeiterfassung und der Projektplanung tagtäglich gesehen“, erzählt Hepting. Deshalb hat er für diesen Zweck eine App entwickelt. | Bild: Hannah Schedler

Hepting sprich auch das Problem der Sprachbarriere dieser Apps an. Denn in der Hauptbaubranche würden rund 60 bis 70 Prozent der Angestellten aus Osteuropa kommen. „Sie sprechen gut deutsch, aber lesen und schreiben die Sprache nur gebrochen.“ Auch das muss man bei der Auswahl einer App bedenken.

Deshalb beschließt der Jungunternehmer, das Problem selbst anzugehen und eine eigene Anwendung zu entwickeln. Vor anderthalb Jahren verkaufte er seine Anteile an der Montage Firma, in der er damals arbeitet und die er mitgegründet hat. Auch da sich die drei Gründer wirtschaftlich in andere Bereiche und Richtungen entwickelt haben. Freunde seien sie aber geblieben, sagt er.

Er widmet sich ganz der Entwicklung von ACHIM. In diesen Prozess hat er auch Löffinger Betriebe eingebunden: 25 Testfirmen und 35 Angestellte überprüfen, wie die verschiedenen Funktionen im Alltag funktionieren.

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„Ich habe viel mit den lokalen Betrieben gesprochen, mir Feedback eingeholt und mit diesen neuen Funktionen erarbeitet.“
Denis Hepting über die Entwicklung seiner App

Überraschend viele Firmen würden die Zeiterkennung immer noch analog durchführen, erklärt Denis Hepting. Die Geschäftsleiter einiger Betriebe hatten anfangs Angst, dass die App nicht alltagstauglich sei. Schließlich würde man mit einem digitalen Angebot auch Kontrolle abgeben.

Doch insbesondere die Mitarbeiter würden sich über Transparenz freuen. „Sie wissen, wo sie bezüglich ihrer Arbeitszeit stehen“, so Hepting. Aktuell nutzten rund 500 Menschen täglich die App. „Einige davon sind Testnutzer, die von Tag eins ab dabei sind.“ Von Wolterdingen bis hinter Freiburg ist die ACHIM-App mittlerweile verbreitet.

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Neu einarbeiten ins Programmieren

Rund anderthalb Jahre hat er an der App getüftelt. Diese Zeit habe er von seinem Erspartem gelebt. „Angst hat man immer, dass es nicht funktioniert. Vor allem, wenn man eine funktionierende Firma dafür aufgibt und neu anfängt“, erzählt Hepting über seinen Neustart. Zwar habe er teils an seiner Entscheidung gezweifelt, aber die kreative Findung und der Prozess der App-Entwicklung seien auch sehr erfüllend gewesen.

„Auch wenn ich mich nach dem Studium noch mal in das Programmieren einarbeiten musste, da sich die Informatik schnell weiter entwickelt“, sagt er. Jetzt beschäftigt sich die mit Planung, Dokumentation und Zeiterfassung. Gerne würde Hepting in Zukunft auch eine Funktion für Mitarbeitergewinnung bauen.

Gründen auf dem Land

Das Gründen in Löffingen war nicht immer leicht, da die Infrastruktur teils fehlt: „Die Digitalisierung hängt in Deutschland zurück. Nicht nur auf dem Land. Visionen und Ideen sind viel weiter voraus, wie die Infrastruktur vor Ort.“ Das betrifft zum Beispiel den Internetanschluss. Zwar habe Hepting Glasfaser in seiner Wohnung, aber nicht in seinen Geweberäumen: „Da muss man mehr auf das Gewerbe achten“, sagt er. Außerdem sei es schwierig spezifische Entwickler zu finden.

„Trotzdem muss die Digitalisierung in der Realität ankommen. Man wünscht sich Drohnen und Roboter auf der Baustelle, aber trägt die Stunden noch analog ein“, erkennt Hepting den Zwiespalt. Dennoch sagt er: „Ich liebe unsere Region, die Lage ist super.“ Schließlich sei er relativ schnell in Freiburg, Konstanz oder Zürich, Städte die noch relativ nah sind und trotzdem die digitale Infrastruktur besitzen.

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