Esther Grebe aus Schwenningen ist wissensdurstig. Sehr sogar. Und sie lernt gerne. Jede Vorlesung, Fortbildung und jedes Buch bringt sie ein Stück näher an ihr Ziel. Sie möchte unbedingt ihr Cubino-Projekt bis zur Markreife entwickeln.
Dabei handelt es sich um ein kleines Gerät, gespickt mit künstlicher Intelligenz und Technik, das autistischen Kindern das Leben erleichtern und ihnen helfen soll, besser im Alltag klar zu kommen.
Von Programmierung bis Psychologie
In ihrer Wohnung reihen sich zig Sachbücher im Regal aneinander, von Programmierung bis Psychologie. In Freiburg hat sie 2019 ihr Bachelor-Studium in Fotodesign und Bewegtbild abgeschlossen. Seit dieser Zeit verfolgt sie auch das Ziel, Cubino voranzubringen.
An der Hochschule Furtwangen am Campus Tuttlingen begann sie deshalb erneut ein Studium: Ingenieurspsychologie. Das lag ihr jedoch nicht und sie wechselte nach Schwenningen in den Studiengang Business Management und Psychologie, arbeitet nebenher als wissenschaftliche Hilfskraft an der Hochschule und bildet sich zusätzlich als Lern- und Lebenscoach fort.
Erfolgreich bei Gründerwettbewerb
Vor einigen Tagen kam ihr Cubino-Projekt ein gutes Stück voran. Bei der zweiten Innovation-Night, einem Wettbewerb für Firmengründer in Schwenningen, hatten ihr die eigentlichen Sieger des Abends von der Firma Polymeractive den Publikumspreis kurzerhand weitergereicht.
Sie taten dies, um ein so „tolles und sinnvolles Projekt zu unterstützen. Die Vorstellung von Frau Grebe hat uns begeistert“, so Raphael Bosch, einer der Gründer.
Für Grebe war das toller Erfolg. Den Gründern von Polymeractive ist sie dankbar. „Ich hab viele tolle Kontakte knüpfen können“, sagt sie.
Das sei enorm wichtig in der aktuellen Phase. Eine Firma hat sie nämlich noch nicht gegründet. Cubino existiert momentan lediglich als Anschauungsobjekt, die Funktionen nur als Konzept.
„Jetzt suche ich Partner und Sponsoren, um einen Prototypen entwickeln zu können“, so die 30-Jährige. Unterstützung benötigt sie vor allem in den Bereichen 3D-Konstruktion und Programmierung.
Die Funktionen
Der Prototyp soll am Ende grundlegende Ausstattungsmerkmale und Funktionen besitzen, um beispielsweise Farbe und Temperatur wechseln zu können. Vibrationen, Töne und Klänge sollen weitere Sinne der Kinder ansprechen.

In weiteren Ausbauschritten soll Cubino zudem intelligente Funktionen beherrschen wie etwa Lern- und Erinnerungsspiele, die Reaktionen auf Situationen im Umfeld oder die direkte Kommunikation mit den Kindern.
Hilfestellung im Alltag
„Cubino soll Eigentum der autistischen Kinder sein, stets zugänglich“, erklärt Grebe das Prinzip. Zwar gebe es schon Apps für Tablets oder Smartphones, aber die würden meist reglementiert zum Einsatz kommen. Cubino soll vielmehr täglicher Begleiter sein. Das schaffe Sicherheit und Vertrauen.
Über die verschiedenen Reize oder über Verhaltenstipps aus dem Lautsprecher sei es möglich, etwa in Schockstarren, bei Reizüberflutungen oder in der oft schwierigen Kommunikation mit anderen zu vermitteln, Hilfe anzubieten und Sicherheit zu geben.
Eigene Erfahrungen schwingen mit
Dass das wichtige Punkte sind, das weiß Grebe aus eigener Erfahrung. Zwar wurde bei ihr als Kind nie Autismus diagnostiziert, heute ist sie sich aber sicher, dass auch sie von einer Form von Autismus betroffen war.
Sie erinnert sich an Situationen, die ihr über den Kopf gewachsen sind und sie häufig mit Schreien oder Rückzug reagiert habe, alles mögliche Anzeichen für Autismus.
Im Alter von fünf Jahren habe sie im Kindergarten Lesen gelernt, was sie nutzte, um sprichwörtlich unzählige Bücher zu verschlingen. „Ich habe dabei alle beschriebenen Verhaltensweisen auswendig gelernt und im Alltag angewendet“, erzählt Grebe. Das wirkte anfangs oft gespielt auf Mitmenschen. Ihr habe es aber geholfen und Sicherheit gegeben.
Ihre Erfahrungen und ihr Wissen möchte sie jetzt mit anderen Betroffenen teilen und dabei unterstützen, besser mit Autismus zurecht zu kommen. Cubino ist dabei zentrales Element.
So geht es weiter
Bis Cubino aber in Kinderhänden seine Arbeit verrichten kann, liegt noch ein weiter Weg vor der 30-Jährigen. In drei bis vier Jahren will sie soweit sein. So lange dauert ihr Studium in Schwenningen noch.
Nach der Entwicklung des Prototyps möchte sie weitere Schritte gehen und schließlich in die Erprobungsphase mit Fachkräften und Betroffenen einsteigen.
Außerdem soll in wenigen Wochen ihre Internetseite unter dem Titel Glücksstrahlen online gehen. Dort will Grebe in einem ersten Schritt einen Blog über eigenen Erfahrungen pflegen und Tipps geben. Später sind hier auch Kurse für Betroffene geplant und nicht zuletzt soll die Seite als Sprungbrett für Cubino dienen.