Der Energiemarkt ist im Umbruch. Strom soll umweltfreundlicher erzeugt werden, Gas könnte ein Auslaufmodell sein. Die VS-Stadtwerke spüren den Wandel. Vorerst haben sie 400 ehemalige Kunden aus großer Not gerettet. Ab Januar will das Unternehmen mit Heimatstrom punkten.

Für viele Bürger ist das eine Sackgasse. Vor Jahrzehnten wurden sie dazu gezwungen, sich ans Gasnetz anzuschließen. Es gab keine Alternative in bestimmten Wohngebieten. 2021 steigen die Gaspreise enorm und am Markt haben erste Anbieter die Segel gestrichen und ihren Kunden die Lieferung eingestellt.

Besonderer Tarif in besonderer Lage

400 Kunden haben wir „gerne wieder aufgenommen“, sagt Gregor Gülpen. Der 50-Jährige ist ab 1. Januar 2022 alleiniger Geschäftsführer der Stadtwerke. Er übernimmt die Position von Ulrich Köngeter. Die Stadtwerke hätten alles möglich gemacht, um den Familien aus der Region rasch zu helfen. Als Grundversorger ist der kommunale Betrieb dazu auch verpflichtet.

Und dennoch: „Wir mussten für so viele zusätzliche Abnehmer auch mehr Gas einkaufen“, erklärt Gülpen. Die 400 Zusatzkunden hätten dafür einen Marktpreis berechnet bekommen, die Bestandskunden seien „natürlich wie vertraglich geregelt günstiger versorgt worden“, führt Gülpen weiter aus. „Das ist auch gerecht so“, erklärt er.

Gregor Gülpen ist ab 1. Januar 2022 der neue Stadtwerke-Chef. Er folgt auch Ulrich Köngeter (beide von links):
Gregor Gülpen ist ab 1. Januar 2022 der neue Stadtwerke-Chef. Er folgt auch Ulrich Köngeter (beide von links): | Bild: Stadtwerke Villingen-Schwenningen

Ulrich Köngeter ergänzt: „Für die Stadtwerke als regionalen Energieversorger bedeutet das eine Herausforderung. Unsere Strategie ist auf eine langfristige Energiebeschaffung ausgelegt, sodass wir unseren Bestandskunden weiterhin stabile Preise zum neuen Jahr garantieren können. Daran ändert auch die neue Situation nichts.“

Gülpen schaut nach vorne und erklärt seinerseits, dass die wieder aufgenommenen Kunden mit den Bestandskunden tariflich frühestmöglich zusammengeführt werden sollen. Die Grundlagen dazu seien in den Laufzeiten der Verträge fixiert, ergänzt er.

Von heimischen Dächern ins Netz

Der neue Stadtwerke-Chef bestätigte Ende Dezember auch Informationen des SÜDKURIER, dass sich die Stadtwerke „noch mehr regionalisiert ausrichten wollen“. Konkret gibt es ab 1. Januar 2022 ein Angebot über Heimatstrom auf den Tisch. „Das kann ab sofort gebucht werden“, freut sich der künftige Geschäftsführer. Das Angebot verspricht in der Region VS hergestellten Strom.

Die VS-Stadtwerke an der Pforzheimer Straße in Villingen.
Die VS-Stadtwerke an der Pforzheimer Straße in Villingen. | Bild: Trippl, Norbert

Wie geht das genau? Gülpen freut sich selbst über die seit Langem aufgebaute Offerte und erklärt: „Wir können dieses Versprechen wirklich halten und unseren Kunden sagen, wo sie hinradeln müssen, um ihren Kindern zu zeigen, wo der Strom herkommt.“

Stromproduktion zum Anschauen

Es gebe dazu von Villingen aus zwei Fahrtrichtungen, erklärt er weiter: Nordstetten und Mönchweiler. In dem Weiler Nordstetten ist es Jürgen Fleig, der den Villinger Strom liefert. Der Landwirt habe großflächig Solarkollektoren auf seinen Stall gebaut und beliefere damit das Stadtwerke-Netz.

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In Mönchweiler kommt der ökologisch korrekte Strom von einem bekannten Entsorger. Hier sei es die Firma Hezel, die am Waldrand Richtung Villingen ihre Betriebsstätten mit Kollektoren überbaut habe, erklärt Gregor Gülpen weiter.

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Bei den Stadtwerken herrscht Hochspannung, wie der neue Heimatstrom bei den Kunden ankommt. Vom Dach vom Bauer aus Nordstetten und vom Entsorger in Mönchweiler ins Netz – so soll der Kohlendioxid-Ausstoß insgesamt gesenkt und die Umwelt geschont werden, weil dieser Strom nicht mehr mit fossilen Energieträgern etwa in Braunkohlekraftwerken hergestellt werden muss.

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Was kostet der Heimatstrom

Die Gretchenfrage für viele Heimatfans ist nun: Ist der VS-Strom viel teurer oder gibt das der eigene Geldbeutel her? Stadtwerke-Sprecher Oliver Bauer liefert dazu die Zahlen:

„Unser günstigster Tarif ist derzeit der „SVS-Strom Online Natur“. Hier zahlen Sie 24,43 Cent pro Kilowattstunde, im Regionalprodukt „Heimatstrom Natur“ sind es rund drei Cent pro Kilowattstunde mehr – also 27,47 Cent je Kilowattstunde.“

Oliver Bauer rechnet das auch gleich noch für eine gängige Vergleichsgröße aus: „Bei einem Jahresverbrauch von 3000 Kilowattstunden beträgt der Mehrpreis unterm Strich 91 Euro über das gesamte Jahr gesehen. Das sind 7,60 Euro pro Monat. Dafür bekommen Sie Ökostrom direkt aus unserer Region“, legt er die Dimensionen der Offerte dar.