„Gestern Abend habe ich mich das erste Mal wieder normal gefühlt“, sagt Georg Huber am Donnerstag. Erst zwei Tage, nachdem ein Mercedes AMG seine Waschanlage in Tuttlingen zusammengelegt hat, sei der Stress von ihm abgefallen, habe er wieder ruhig geschlafen.

Rollende Autos – das gibt‘s jeden Tag

Dass ein Auto in der Waschstraße mal ein bisschen ins Rollen gerät, weil statt dem Leerlauf ein Gang eingelegt blieb: Das kennt der Huber. Schließlich betreibt er die Waschhalle schon seit fast acht Jahren. „Das kommt jeden Tag einmal vor“, sagt er. Aus seiner Arbeit im Bundesverband Tankstellen und gewerbliche Autowäsche weiß er um die Seltenheit eines solchen Vorfalls. „Wenn überhaupt, kommt das an einer Anlage nur ein einziges Mal vor.“ Jetzt hat es ihn getroffen.

Fliegende Teile in der Waschstraße

Das plötzlich los schießende Luxusauto mit seinen mehr als 600 PS ließ Waschwalzen und Trockneraggregate regelrecht durch die Anlage fliegen, Schadensbilanz: rund 50.000 Euro.

Georg Huber betreibt die Waschhalle in Tuttlingen. „Wir standen alle unter Schock“, sagt er über den Vorfall am Montag.
Georg Huber betreibt die Waschhalle in Tuttlingen. „Wir standen alle unter Schock“, sagt er über den Vorfall am Montag. | Bild: Foto Setzinger Tuttlingen

Was war passiert? Am frühen Montagnachmittag gegen 14.30 Uhr war eine 32-Jährige mit einem Mercedes AMG GLE-63 S in die Waschstraße gefahren. Nachdem der Waschvorgang zunächst normal begonnen hatte, schoss das Auto urplötzlich los, riss mehrere Waschwalzen mit sich und blieb schließlich, eingeklemmt unter einer weiteren, stehen.

„In dem Moment geht einem nichts durch den Kopf, außer: Oh, Scheiße“, sagt Georg Huber. Der Diplom-Ingenieur und seine beiden Mitarbeiter haben den Unfall live beobachtet, das Knirschen und Krachen mit angehört.

Linker Blinker in Betrieb

Wie konnte es dazu kommen? Huber vermutet, dass die Fahrerin während der Wäsche die Armaturen reinigen wollte. „Mir ist das Auto schon vorher aufgefallen, weil der linke Blinker angeschaltet war“, sagt er. „Ich vermute, dass sie den beim Putzen aus Versehen betätigt hat.“

Überwachungskamera zeichnet Crash-Fahrt auf

Bei Automatikmodellen von Mercedes könne man eine Fahrstufe einlegen, ohne dass zuvor die Bremse getätigt werde, sagt Huber. „Das hat seinen Charme, aber manchmal auch Nachteile. Ich gehe davon aus, dass die Frau aus Versehen an den Gangwahlhebel rechts vom Lenkrad gekommen und das Auto im Standgas losgeschossen ist.“ Auf dem Video der Überwachungskamera sei zu sehen, wie heftig das Fahrzeug beschleunige.

„Da war im Bereich der A- und B-Säule einiges im Weg.“
Georg Huber, Betreiber der Waschhalle

Die Fahrzeuge vor und hinter dem AMG seien noch relativ einfach zu befreien gewesen, schildert Huber. Die Frau und der Beifahrer konnten erst aussteigen, als die Mitarbeiter der Waschstraße die Walze mit einem Flaschenzug entfernt hatten. „Da war im Bereich der A- und B-Säule einiges im Weg.“ Eine weitere Person und ein Baby hätten sich auf dem Rücksitz befunden. Sie konnten das Auto ohne Hilfe verlassen.

Fahrzeug-Befreiung ohne schweres Gerät

Huber ist froh, dass die Fahrzeuge ohne Hilfe von schwerem Gerät der Feuerwehr aus der Anlage geholt werden konnten. Der Schaden ist ohnehin groß und beläuft sich nach Schätzungen der Polizei auf rund 50.000 Euro.

Fachmann leistet am Telefon Hilfe

„Wir haben beschädigte Teile überbrückt und die Anlage außerdem ein bisschen ausgetrickst, um das Ganze zu lösen“, schildert Georg Huber. Ein Mitarbeiter der Firma, die die Waschanlage hergestellt hat, habe ihn und seine Mitarbeiter am Telefon angeleitet.

Huber hofft, dass der Betrieb schnell wieder normal laufen kann. Der Betrieb konnte 24 Stunden später wieder aufgenommen werden. Weil noch auf Ersatzteile gewartet werden muss und statt vier nur zwei Seitenbürsten in Betrieb sind, gewährt Huber derzeit einen Rabatt. „Das bedeutet natürlich auch Umsatzausfälle, zusätzlich zum Sachschaden.“

Um all das müssen sich nun die Versicherungen kümmern. Huber ist froh, dass bei allem Ärger wenigstens kein Mensch zu Schaden gekommen ist.

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