Conny Hahn

Bienen summen, Hummeln brummen und bunte Schmetterlinge flattern von einer bunten Blüte zur nächsten. Wenn es vielerorts grünt und blüht, lässt sich die Natur in vollen Zügen erleben, ein Spaziergang im Frühsommer kann eine entschleunigende Auszeit in unserer schnelllebigen Gesellschaft sein.

Die farbenfrohe Blütenpracht ist bedroht. Mehr als zwei Drittel aller Wild- und Kulturpflanzen sind auf das Bestäuben durch Insekten angewiesen, namentlich auf die Bienen. Sie sorgen so für den Erhalt der Artenvielfalt, die anderen Tierarten wie etwa Feldvögeln, Reptilien und Feldhasen einen Lebensraum bietet und die Produktion vieler Nahrungsmittel ermöglicht. Spätestens seit dem großen Bienensterben nach der Mais-Aussaat 2008 im Rheintal, die das Insektizid Clothianidin enthielt und mehrere Millionen Bienen das Leben kostete, ist der Insektenschwund in aller Munde. Waren zu Beginn der 1950er-Jahre noch etwa 18 000 Imker mit fast 180 000 Bienenvölkern im Landesverband Badischer Imker vertreten, ist deren Zahl nach Aussagen des Verbands innerhalb von 60 Jahren auf nahezu ein Drittel mit etwa 7000 Imkern und rund 60 000 Bienenvölkern geschrumpft. 1952 haben in Baden noch durchschnittlich 11,7 Bienenvölker pro Quadratkilometer die flächendeckende Bestäubung garantiert, im Jahr 2014 gab es noch 4,3 Bienenvölker pro Quadratkilometer.

Häufig wird die intensive Landwirtschaft pauschal für den Rückgang vieler Insektenarten verantwortlich gemacht. Doch die Ursachen seien vielfältiger, betont das Umweltinstitut in München. Pflanzenschutzmittel spielten eine Rolle. Bestimmte Insektizide wie die inzwischen verbotenen Neonicotinoide beeinträchtigen viele Insekten schon in kleinen Mengen und beeinflussen deren Orientierungsfähigkeit. Aber auch monotoner gewordene Agrarlandschaften mit geringerem Blütenangebot, eingeschleppte Krankheiten und Schädlinge wie die Varroamilbe, der Klimawandel mit früheren Blühzeiträumen einiger Pflanzen oder überzüchtete Bienenarten wirken sich aus.

Fakt ist, dass die Blühflächen und damit auch die Lebensräume für viele Insekten stark rückläufig sind. Die dichte Bebauung trägt wesentlich dazu bei, der Flächenverbrauch in Deutschland steigt kontinuierlich. Die Imker fordern daher seit Jahren mehr Blühflächen, um die Artenvielfalt aufrecht zu erhalten. Häufig finden die Bienen und weitere Insekten im Frühjahr noch ein wahres Schlaraffenland an blühenden Wiesen und Feldern vor. Spätestens jedoch zum 1. Juli, dem Stichtag für die verpflichtenden Pflegemaßnahmen, fällt der reich gedeckte Tisch meist dem Mulcher zum Opfer und die Insekten finden sich in einer Wüste ohne neue Futterquellen wieder. Hinzu kommt, dass durch das Umpflügen der Böden auch ihre Brut vernichtet wird, denn etwa 80 Prozent der Wildbienen brüten am Boden. Blühstreifen oder Brachen können hier wertvolle Maßnahmen zum Gegenwirken sein. Allerdings genügt es nicht, mit Hilfe von ein paar Samen eine kurzfristig blühende Blumenwiese anzusäen. Es muss immer der Lebensraum als Ganzes betrachtet werden, der neben den Nahrungsquellen auch Nist- und Brutplätze sowie Überwinterungsmöglichkeiten für die Insekten umfassen muss.

Nicht nur Landwirte sind in der Pflicht, macht Manfred Kraft aus Villingen-Marbach, Obmann für Bienenweiden des Badischen Imkerverbands, deutlich. Auch Gemeinden, Unternehmen, Privatleute und Hobbygärtner könnten im kleinen Rahmen ihren Beitrag leisten, indem sie statt akkurat kurz gemähter Rasenflächen beispielsweise eine Wildblumenwiese entstehen lassen, Streuobstwiesen bewirtschaften oder auf ihrem Balkon eine insektenfreundliche Blühpflanze gedeihen lassen.

Manfred Kraft, Obmann für Bienenweiden aus VS-Marbach.
Manfred Kraft, Obmann für Bienenweiden aus VS-Marbach. | Bild: Conny Hahn

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten und Projekte, etwas für die Bienen und andere Insekten zu tun. Bienen-Obmann Manfred Kraft ist landesweit im Einsatz. Er leitet das von der Landesregierung geförderte Projekt „Blühender Naturpark“, bei dem mehr blumenbunte Flächen in allen sieben Naturparks in Baden-Württemberg geschaffen werden sollen. Er berät die Gemeinden bei der Auswahl geeigneter Saatmischungen. Das Saatgut muss der ursprünglich in der Region vorhandenen natürlichen Pflanzenvielfalt entsprechen und darf keine gezüchteten Kulturpflanzen enthalten. Der geschützte Begriff Bienenweide garantiert die rein natürlichen Saatgutbestandteile, eine Blühmischung darf auch Kulturpflanzen enthalten. „Wenn man der Natur etwas Gutes tun will, sollte man nur zertifiziertes Saatgut für mehrjährige Pflanzen verwenden.“

Ein besonderes Augenmerk gilt der richtigen vorbereitenden Bodenbearbeitung und Einsaat mit Einwalzen der Samen. „Häufig passieren hier Fehler, die zum Ausbleiben des gewünschten Erfolges führen“, so Manfred Kraft. „Die Einsaat ist eine komplizierte Sache. Nicht umsonst gab es früher den Beruf des Wasser- und Wiesemeisters im Schwarzwald.“ Er empfiehlt daher, die angebotene Beratung und Betreuung beim Anlegen einer Blühfläche zu nutzen. Im Naturpark-Projekt sind auch Kindergärten, Schulen, Imkervereine, Unternehmen und weitere Partner eingebunden, die Patenschaften für die Blühflächen übernehmen und das Entstehen der Wildblumenwiesen verfolgen.

Daneben startet Manfred Kraft in Kooperation mit dem Lebensmittelkonzern Edeka demnächst eine Initiative zur Ausbildung von Fachleuten für Bienenweiden, um ein Netzwerk an Experten aufzubauen, die dann die Beratung von Gemeinden, Unternehmen und Privatpersonen beim Anlegen von Blühflächen übernehmen können. Die Seminare sind an verschiedenen Standorten in Baden-Württemberg, Anmeldung unter www.bluehende-heimat.de

„Landwirte haben ein Eigeninteresse am Wohl der Bienen“

Der BLHV-Bezirksverbandsvorsitzende Karlheinz Bäurer.
Der BLHV-Bezirksverbandsvorsitzende Karlheinz Bäurer. | Bild: Günter Vollmer

Der Aasener Landwirt Karlheinz Bäurer (62) ist seit vielen Jahren Vorsitzender des BLHV-Kreisverbandes Donaueschingen mit etwa 1000 Mitgliedern

Den Landwirten wird häufig vorgeworfen, dass sie zu wenig für die Artenvielfalt tun. Wie sehen Sie das?

Die Artenvielfalt hat abgenommen, dabei spielt auch der Flächenverlust durch den Siedlungsbau eine Rolle, durch den die Bauern in Baden-Württemberg jedes Jahr über 1000 Hektar an Grün- und Ackerfläche verlieren. Dennoch tun die Landwirte viel, um Lebensräume zu erhalten wie eine extensive Grünlandpflege und reduzierter Düngemitteleinsatz. Auf den von der EU vorgegebenen Vorrangflächen säen sie Blühmischungen an, die eine gestaffelte Blüte über mehrere Monate garantieren und den Insekten so ein vielfältiges Nahrungsangebot liefern. In diesem Jahr gab es erstmals eine Kooperation des BLHV mit der ZG Raiffeisen für eine rabattierte Saatgutmischung für Blühstreifen.

Der Schwarzwald-Baar-Kreis liegt beim Umsetzen ökologischer Maßnahmen landesweit mit an der Spitze, er hat 50 Prozent Fauna-Flora-Habitat-Gebiete (doppelt so viele wie im Landesdurchschnitt) und elf Prozent Naturschutzgebiete.

Honigbienen sind auf blühende Pflanzen zum Sammeln von Pollen und Nektar angewiesen und können durch ihre Bestäubung deren Ertrag gleichzeitig merklich steigern. Landwirte und Imker, beispielsweise in der Nähe von Rapsfeldern, die sehr anfällig für Schädlinge sind, stimmen sich beim Einsatz der Insektizide und Fungizide ab. Auch die Landwirte haben ein Eigeninteresse am Wohl der Bienen.

Immer mehr Verbraucher kaufen Bio-Lebensmittel. Gibt es auch hier einen Trend zur ökologischen Landwirtschaft?

Im Schwarzwald-Baar-Kreis gibt es noch etwa 1000 landwirtschaftliche Betriebe, davon etwa 20 Prozent mit ökologischem Landbau. In den Grünlandregionen gibt es mehr Öko-Betriebe als in Gebieten mit viel Ackerland. Hier bei uns werden die meisten Höfe als gemischte Betriebe mit Acker- und Grünland geführt, eine Umstellung auf den Öko-Landbau umfasst immer beide Bereiche und bedeutet eine Ertragsreduzierung um etwa 50 Prozent. Wobei jeder Hof auf einem Markt mit internationaler Konkurrenz ein ausreichendes Einkommen erwirtschaften muss.

Welche Reformen sind nötig, um das Ökosystem zu erhalten?

Der Markt wird oft mit preisgünstigen Produkten überschwemmt, das macht die Preise hochwertiger Lebensmittel kaputt. Die Vorgaben für die Biodiversität sind richtig. Wünschenswert wäre ein höherer finanzieller Ausgleich. Das Umsetzen der ökologischen Vorgaben kostet die Landwirte etwa 300 Euro mehr pro Hektar, was die Konkurrenzfähigkeit erschwert.