Hanna Mayer

Wer samstags im Zug in Richtung Bodensee oder in den Schwarzwald unterwegs ist, dem dürfte das Phänomen kaum entgangen sein: knallende Sektkorken, Frauengrüppchen in einheitlichen T-Shirts, irgendwo ein Bauchladen. Das männliche Pendant: Bier, gröhlende Sprechgesänge, ein Bollerwagen. Sie sind wieder unterwegs: die Junggesellen. Und sie feiern ihren Junggesellenabschied, kurz JGA.

Der Junggesellenabschied wird zunehmend populärer. Inzwischen zeichnet sich bei der Feier des JGA jedoch ein neuer Trend ab: Es geht nicht mehr nur um den Bauchladen, den Bollerwagen und übermäßigen Alkoholkonsum. Das gemeinsame Erleben mit den Freunden steht im Vordergrund. Ein Event, abgestimmt auf die Interessen der Braut oder des Bräutigams.

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Blockhaus im Schwarzwald als Übernachtungsmöglichkeit

Michael Reimold, selbstständiger Unternehmer mit Sitz in Schenkenzell, hat diese Entwicklung beobachtet und daraus eine Geschäftsidee entwickelt: „Das Thema ist einfach zu uns gekommen“, erzählt der 54-jährige. 2010 baute er ein Blockhaus aus heimischem Holz, idyllisch am Ortsrand Schenkenzell gelegen. Die Hütte kam gut an, wurde gebucht, immer öfter von Gruppen, die einen JGA feierten.

Das 2010 gebaute Blockhaus „Flößerhaus“ liegt idyllisch am Ortsrand von Schenkenzell. Fast jedes Wochenende ist die Hütte ...
Das 2010 gebaute Blockhaus „Flößerhaus“ liegt idyllisch am Ortsrand von Schenkenzell. Fast jedes Wochenende ist die Hütte für Junggesellenfeiern ausgebucht. | Bild: Hanna Mayer

Mittlerweile hat Reimold drei Hütten, die er Junggesellen zur Verfügung stellt. Ein Junggesellenabschied in Ruhe, naturverbunden, kein Krawall – das möchte Michael Reimold seinen Kunden bieten. Von einem „seriösen Junggesellenabschied„, spricht er.

„Heiraten ist wieder im Trend.“

Und das möchten auch seine Kunden: Fast jedes Wochenende ist die urige Blockhütte ausgebucht, die Hauptsaison ist zwischen April und September. „Heiraten ist wieder trendy. Es gibt mehr Heiratswillige“, so Reimold. Bei den Interessenten handelt es sich vor allem um Männergruppen. 70 zu 30 Prozent schätzt der Unternehmer das Verhältnis zwischen Männer-und Frauengruppen. Bei den Anfragen lässt sich ein weiterer Trend abzeichnen: „Es wird nicht mehr so jung geheiratet“, beobachtet Reimold. Die meisten Männer seien über 30 Jahre alt.

Besonders stolz ist Matthias Reimold auf den historischen Holzofen in dem Schwarzwald-Blockhaus.
Besonders stolz ist Matthias Reimold auf den historischen Holzofen in dem Schwarzwald-Blockhaus. | Bild: Hanna Mayer

Ein Junggesellenabschied muss gut organisiert sein

Auch das hat Reimold im Blick und bietet Unterstützung und Antworten auf alle organisatorische Fragen. Nach einer telefonischen Absprache, finden die Interessenten alle weiteren Informationen im Internet. Reimold hat ein Online-Portal entwickelt, auf dem sich alles um den Junggesellenabschied dreht: neben den Blockhütten, die er als Übernachtungsmöglichkeit anbietet, kann man ein Bagger-Diplom oder ein Traktor-Zertifikat erwerben.

Matthias Reimold, Sohn von Michael Reimold, ist für die Organisation der Junggesellenabschiede verantwortlich. Der 23-Jährige bietet für ...
Matthias Reimold, Sohn von Michael Reimold, ist für die Organisation der Junggesellenabschiede verantwortlich. Der 23-Jährige bietet für Gruppen Geschicklichkeitsübungen mit dem Traktor an. | Bild: Hanna Mayer

Bogenschießen ist ebenfalls eine beliebte Aktion, die von seinem Team organisiert wird. Reimold verweist auf der Internetseite auf regionale Partner: von Action über Wanderungen bis zu kulturellen Erlebnissen ist alles dabei. Die Hirschgrund Zipline Area im Schwarzwald, das Lasermaxx in Villingen-Schwenningen oder die Sommerrodelbahn Gutach sind nur einige der zahlreichen Angebote. Auf dem Portal finden Interessenten alles, was sie brauchen, sogar eine Checkliste für die Organisation mit Tipps wie: gründet eine Whatsapp-Gruppe und sammelt von allen Teilnehmern im Vorfeld eine Anzahlung für die Location ein. Auch Spiele werden zum Download bereit gestellt. Die Webseite wird laut Michael Reimold täglich weiterentwickelt.

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Gruppen aus ganz Deutschland

Im Schnitt hat eine Junggesellengruppe zwölf Teilnehmer, erzählt Reimold. Es gab auch schon eine Gruppe mit vier Männern. Reimold und sein Team bieten mittlerweile nur noch Übernachtungen ab zwei Nächten an. „Die meisten nehmen sich zu viel vor“, ist seine Erkenntnis. „Nutzt die Zeit und setzt euch zusammen“, sagt er den Gruppen regelmäßig. Die Gruppen kommen aus ganz Deutschland: Hamburg, Karlsruhe, Stuttgart. Auch aus der Schweiz reisten schon Junggesellen an. Originell fand Reimold eine Gruppe, die ein eigenes Spanferkel zum Grillen anlieferten. Eine andere Gruppe brachte eine eigene mobile Sauna mit.

Michael Reimold wünscht sich eine Grünfläche so groß wie ein Fußballfeld. Auf die möchte er Blockhäuser stellen und sein Konzept erweitern. Das Grundstück sollte etwas außerhalb liegen, damit Anwohner nicht gestört werden. Außerdem würde er sich über mehr Frauengruppen freuen.

Das Online-Portal von Michael Reimold ist unter https://jga-schwarzwald.de/ zu finden.