Jäger, Tierschützer, Modellflugpiloten und weitere Freiwillige gehen jetzt im Schwarzwald-Baar-Kreis gemeinsam auf die Pirsch. Um Wildtiere, insbesondere Rehkitze, vor dem qualvollen Tod durch landwirtschaftliche Mähmaschinen zu bewahren, suchen sie Felder vor dem Mähen nach im hohen Gras abgelegten Jungtieren ab. Unterstützt werden sie dabei aus der Luft von Drohnen mit Wärmebildkameras.

Ein Rehkitz – hier auf einem Archivbild – steht in einer Wiese. Weil die Tiere bei Gefahr regungslos verharren, sind ...
Ein Rehkitz – hier auf einem Archivbild – steht in einer Wiese. Weil die Tiere bei Gefahr regungslos verharren, sind Mähdrescher für sie lebensgefährlich. | Bild: Göbel, Nathalie
  • Die Initiatoren: Kitzrettung Schwarzwald-Baar nennt sich die Konzeption, die gemeinsam von der Kreisjägervereinigung und der Unteren Jagdbehörde des Landratsamts initiiert wurde. Kreisjägermeisterin Dunja Zimmermann erklärt, weshalb besonders Rehkitze gefährdet sind. „Die ersten Lebenswochen der Kitze, in der Zeit von Mai bis Juni, fallen mit der Mähperiode des Grünlands zusammen“; diese Zeit berge also eine große Gefahr für die Kitze. Denn die wenige Tage bis Wochen alten Kitze werden von ihren Müttern in dichten Wiesen auf landwirtschaftlichen Flächen im hohen Gras versteckt, während sie selbst auf Futtersuche gehen. „Dank der typischen weißen Punkte auf dem Rücken und dem fehlenden Eigengeruch sind sie so zwar einerseits gut vor Räubern geschützt. Andererseits sind sie dadurch für den Landwirt mit dem bloßen Auge kaum zu entdecken.“ Durch ihren Instinkt, selbst bei nahender Gefahr regungslos zu verharren, sind die Bambis durch das sich nähernde Mähwerk ihrem Schicksal schutz- und hilflos ausgeliefert. Rund 100 000 Rehkitze kommen so in Deutschland jährlich ums Leben oder werden grausam verstümmelt.
  • Suche aus der Luft: Mit dem Einsatz von Drohnen, die mit Wärmebildkameras ausgerüstet sind, sollen die Rehkitze aus der Luft aufgespürt und von Helfern am Boden aus dem Gefahrenbereich gebracht werden. „Durch die Wärmebildkameras werden Wärmezeichnungen des Wildkörpers sichtbar und führen so zu einer erfolgreichen Suche und Rettung der Rehkitze“, erklärt die Kreisjägermeisterin.
Die künftigen Drohnenpiloten werden von Drohnenpilot Achim Förster (Mitte) an dem Fluggerät eingewiesen. Von links Jonas Gehringer, ...
Die künftigen Drohnenpiloten werden von Drohnenpilot Achim Förster (Mitte) an dem Fluggerät eingewiesen. Von links Jonas Gehringer, Siegfried Heinz, Manuel Welte, Joachim Schuhenn, Daniel Lattner und Oliver Narr. | Bild: Sprich, Roland
  • Nachhaltiges Netzwerk schaffen: Dass sich der Schwarzwald-Baar-Kreis an der Idee beteiligt, freut Dunja Zimmermann besonders. „Wir konnten die Untere Jagdbehörde davon überzeugen, sich unseren Plänen zur Kitzrettung anzuschließen und ebenfalls eine Drohne mit Wärmebildkamera zu beschaffen.“ Ziel ist ein nachhaltiges Netzwerk mit möglichst vielen Drohnen, Piloten und Helfern für den ganzen Landkreis.
  • Zwei Piloten pro Drohne: Vor kurzem fand eine technische Einweisung der künftigen Drohnenpiloten durch Achim Förster statt. Förster ist professioneller Drohnenpilot und setzt das ferngesteuerte Fluggerät unter anderem zur topografischen Vermessung ein. „Es werden immer zwei Piloten an der Drohne eingesetzt. Ein Pilot behält den in zwischen 40 und 60 Meter hoch fliegenden Multikopter immer im Blick, der Co-Pilot beobachtet an einem separaten Bildschirm die Aufnahme der Wärmebildkamera“, erklärte Förster.
Drohnenpilot und Jäger Manfred Rogosch erläutert, wie die Helfer am Boden die Rehkitze transportieren sollen. „Nur mit Handschuhen ...
Drohnenpilot und Jäger Manfred Rogosch erläutert, wie die Helfer am Boden die Rehkitze transportieren sollen. „Nur mit Handschuhen und großen Grasbüscheln anfassen, nicht streicheln.“ | Bild: Sprich, Roland
  • So funktioniert die Rettung: Wird ein Kitz entdeckt, schwebt der Multikopter über der Fundstelle und die Helfer am Boden werden per Funk zu der Stelle gelotst. Diese legen das Kitz in einen Jutesack und legen es am Waldrand ab, bis die Mäharbeiten beendet sind. Danach wird das Kitz wieder an die ursprüngliche Stelle abgelegt. Drohnenpilot und Jäger Manfred Rogosch erläuterte: „Die Tiere dürfen nur mit Handschuhen und großen Grasbüscheln angefasst und auf keinen Fall gestreichelt werden.“ Sonst nehmen sie menschlichen Geruch an und werden von ihrer Mutter nicht mehr angenommen. Jonas Gehringer aus Hondingen ist einer der Piloten. Warum macht er mit bei der Aktion? „Ich habe Spaß am Drohnen fliegen und mit der Kitzrettung kann man noch etwas Sinnvolles unterstützen“.
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  • Einsatz ist kostenlos: Landwirte müssen sich lediglich am Vortag der Mäharbeiten telefonisch melden und die Flurstücknummer der zu mähenden Fläche angeben. Dann wird ein Team aus Piloten und Helfern zusammen gestellt und die Drohne wird mit den Daten des Einsatzortes bereits „gefüttert“, so dass diese die Flugroute nahezu eigenständig abfliegen kann. Der Einsatz kostet die Bauern nichts.
  • Buchung: Spätestens bis 13 Uhr des Vortages zum geplanten Mähtermin muss bei der zentralen Hotline die Reservierung eingehen (Telefon 0176/21775136, jeweils 8 bis 13 Uhr). Zwei ortskundige Personen (Landwirt, Jagdpächter) müssen bei dem Einsatz vor Ort sein.