Könnte der Weiterbau der B523 im Bereich Vockenhausen hochgiftige Altlasten zutage fördern? Darum sorgt sich die Bürgerinitiative „Nordzubringer, nein danke“. In einem offenen Brief fordert die Gruppe um Anton Karle und Peter Sachse eine umfassende Information der Öffentlichkeit zur Altlast Verbrennungsplatz Biswurm.

Müllverbrennung wirkt bis heute nach

Rückblick: Von 1960 bis 1974 wurden hier giftige Abfälle, darunter Altöl, Lösungsmittel und Lacke, verbrannt, was tonnenweise Altlasten in den Boden sickern ließ. Dieser wurde jahrelang aufwändig saniert, viele Tonnen belastetes Erdreich wurden ausgetauscht. Damit ist das Thema aber auch mehr als 50 Jahre nach der Stilllegung des Verbrennungsplatzes noch nicht erledigt.

Gelände wird immer noch überwacht

Im Februar 2025 stand ein Sachstandsbericht zu der Altlast auf der Tagesordnung des Gemeinderats von Villingen-Schwenningen. Demnach muss das Gelände auch nach jahrzehntelanger Sanierung weiterhin überwacht und die Belastung des Grundwassers mit Messstellen erfasst werden.

Straßenbau als Schutz vor der Witterung?

Wie die Leiterin des Grünflächen- und Tiefbauamtes, Silvie Lamla, in der Sitzung erläuterte, könne sich der Weiterbau der B523 sogar positiv auswirken, weil die Altlasten nicht mehr der Witterung ausgesetzt wären, wenn die der Bereich künftig von der Straße überbaut wäre.

Peter Sachse, einer der Sprecher der Bürgerinitiative Nordzubringer Nein Danke führt aus, warum die Interessengemeinschaft (IG) ...
Peter Sachse, einer der Sprecher der Bürgerinitiative Nordzubringer Nein Danke führt aus, warum die Interessengemeinschaft (IG) Lückenschluss seiner Meinung nach die falschen Argumente hat. Das Foto zeigt ihn bei einer Informationsveranstaltung im April 2023. | Bild: Cornelia Putschbach

Genau das bezweifelt die Bürgerinitiative. In dem offenen Brief, der unter anderem an Regierungspräsident Carsten Gabbert, OB Jürgen Roth und die Gemeinderatsfraktionen ging, schreibt die Initiative, es würden Gefahren verharmlost.

Ein paar Schichten Teer und alles ist erledigt?

„Wir waren nicht sonderlich begeistert über die Annahme: Man schüttet Teer darüber und dann ist alles erledigt. Deshalb wollen wir noch einmal nachhaken“, sagt Peter Sachse, einer der Unterzeichner des Schreibens.

Ein Problem, das der BI schon seit Längerem Sorge bereitet. Bei einer Infoveranstaltung vor zwei Jahren in der Neuen Tonhalle wurden alle Planungsvarianten für den Lückenschluss vorgestellt.

„Bei allen Plänen wird die Straße tiefer gelegt, das ist die so genannte Troglage“, erklärt Sachse. „Das heißt: Es wird erst einmal alles aufgegraben und aufgemischt.“

Schadstoffe lange nachweisbar

Er und seine Mitstreiter befürchten, dass der Untergrund, der sich immer noch in Nachsorgephase befindet, dadurch erneut giftige Stoffe freigibt. Bei der Nachsorge sei derzeit die Belastung mit leichtflüchtigen halogenierten Kohlenwasserstoffen (LHKW) das Hauptthema. Einige ihrer Komponenten gelten als krebserregend; in Boden und Grundwasser sind LHKW lange nachweisbar.

2019 wurde die Grundwasserreinigungsanlage abgeschaltet. Auf dem ehemaligen Verbrennungsplatz wurden bis in die 70er Jahre ...
2019 wurde die Grundwasserreinigungsanlage abgeschaltet. Auf dem ehemaligen Verbrennungsplatz wurden bis in die 70er Jahre problematische Abfälle wie Lacke und Altöl verbrannt. | Bild: Göbel, Nathalie

Die Bürgerinitiative fürchtet, dass sich bei künftigen Messungen noch höhere Belastungskonzentrationen ergeben könnten: Die Lage der bisherigen Messbrunnen entspreche nicht den Vorgaben, die besagten, dass die Hälfte der Abstrombreite erfasst werden müsse.

Werte werden „erheblich“ überschritten

2023 bestätigte ein Sachstandsbericht, dass nach wie vor Schadstoffe ins Grundwasser gelangen. „Die Prüfwerte werden hier teilweise deutlich überschritten.“ Wenn dies schon der Fall ist, wenn die Messungen womöglich fehlerhaft vorgenommen worden seien – wie hoch sei die Überschreitung der Prüfwerte dann, wenn korrekt gemessen werde?

„Stärkt nicht gerade das Vertrauen“

„Dass dies unter den Augen der Altlastenbewertungskommission seit 2019 nicht erkannt und geändert wurde, stärkt natürlich nicht gerade das Vertrauen in die Arbeit der Kommission“, schreibt die BI.

Über das Gelände des einstigen Verbrennungsplatzes soll eines Tages der Lückenschluss der Bundesstraße 523 verlaufen.
Über das Gelände des einstigen Verbrennungsplatzes soll eines Tages der Lückenschluss der Bundesstraße 523 verlaufen. | Bild: Göbel, Nathalie

„Klar ist eine Altlast schwierig zu sanieren, das wissen wir“, verdeutlicht Peter Sachse. „Aber dass man das noch einmal aufbaggert, um eine in unseren Augen unnötige Straße zu bauen, ist nicht nachvollziehbar.“

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Der Stadt und dem Regierungspräsidium Freiburg wirft die Bürgerinitiative eine Verharmlosungsstrategie vor. Vor allem stört man sich an den Äußerungen in der Gemeinderatssitzung vom Februar, wonach die Altlasten durch den Straßenbau nicht mehr der Witterung ausgesetzt wären.

„Dass die Abdeckung einer Altlast durch einen Straßenneubau eine fachgerechte Sanierungsmaßnahme sein soll, müsste erst einmal durch kompetente Fachleute bestätigt werden“, heißt es in dem Brief. Weder sei die Sanierung abgeschlossen, noch sei bekannt, welche Schadstoffbelastung im betroffenen Erdreich vor der geplanten Baumaßnahme vorhanden sei.

Das sagt das Regierungspräsidium

Tatsächlich ergebe sich in der aktuellen Vorplanung der B523 bei allen betrachteten Varianten eine Überschneidung mit dem ehemaligen Verbrennungsplatz Biswurm, teilt das Regierungspräsidium (RP) Freiburg auf Anfrage mit.

Der damit verbundene Eingriff in die ehemalige Altlastenfläche wurde mit den zuständigen Behörden besprochen. Übereinstimmend werde eine Bebauung von ehemals kontaminierten Flächen grundsätzlich als technisch umsetzbar sowie wirtschaftlich machbar erachtet. Es sei zu erwarten, dass sich die Situation der sanierten Altlast durch das Vorhaben nicht verschlechtern werde.

„Schadstoffmobilisierung ist nicht realistisch“

Eine relevante Schadstoffmobilisierung, ausgelöst durch das Straßenbauprojekt, sei nicht realistisch. Nach Festlegung der Vorzugsvariante werde die Trasse detaillierter geplant, wobei dann der konkrete Eingriff definiert werden könne und vertiefte Untersuchungen sowie weitergehende Abstimmungen mit zuständigen Fachbehörden hinsichtlich möglicher Auswirkungen erfolgen können.

Aktuelle Werte liegen nicht vor

Aktuelle Restbelastungswerte oder Monitoring-Ergebnisse würden derzeit nicht vorliegen. Das angepasste Monitoring könne erst fortgesetzt werden, wenn die dafür erforderliche neue Grundwassermessstelle betriebsbereit sei.

Verschlechterung nicht zu befürchten

Die Abdeckung der Altlast durch den Straßenbau würde keine aktive Sanierungsmaßnahme darstellen. Es werde aber planerisch zugesichert, dass eine Verschlechterung der gegenwärtigen Altlastsituation nicht zu befürchten sei.