Der Aufschrei war groß – auch in der Politik – als der Schwenninger Kinderarzt Stefan Röser im Frühjahr dieses Jahres ankündigte, seine Praxis aufzugeben. Ab Herbst behandelt er nur noch Privatpatienten und Selbstzahler.

Eine Nachricht, die eine Verschärfung der eh schon angespannten ärztlichen Versorgungslage im Kreis zur Folge hat. Die gilt nicht nur für Kinderärzte. Auch Frauenärzte nehmen kaum mehr Patientinnen auf. Und wer noch einen Hausarzt hat, kann sich zwar glücklich schätzen. Aber mitunter kaum Termine vereinbaren, ohne vorher endlos am Telefon zu hängen, ob der belegten Leitungen.

Kurzum: Es besteht Handlungsbedarf.

Versorgungszentrum ist Chefsache

Das sehen auch Stadt und Kreis nicht erst seit gestern so. Ein medizinisches Versorgungszentrum in VS auf den Weg zu bringen, sei ein wichtiges Ziel von Oberbürgermeister Jürgen Roth. „Bei der umfänglichen medizinischen Versorgung darf es in einem Oberzentrum wie VS keine Lücke geben“, so der OB auf Nachfrage des SÜDKURIER.

So ist der aktuelle Stand

Aktuell führe die WIR Villingen-Schwenningen, die Wirtschaftsförderung der Stadt, zahlreiche Gespräche mit verschiedensten Akteuren. „Dabei ist auch eine fachliche Beratung notwendig, um die komplexen Parameter, die es bei der Umsetzung eines solchen Projekts gibt, optimal aufeinander abzustimmen“, so Pressesprecherin Madlen Falke.

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Vor allem drei Punkte gelte es zu klären. Die Frage nach dem passenden Standort zum einen. Die Bereitschaft aus der Ärzteschaft zum anderen. „Hier erkennen wir im Moment positive Signale“, so Falke. Und zu guter Letzt die Frage der Finanzierung. Es werde, so Falke, noch zu klären sein, inwiefern die Stadt sich mit beteiligen müsse, um eine Finanzierung zu ermöglichen.

Wie sich örtliche Politiker engagieren

Im April 2024 hatte auch die CDU-Fraktion einen Antrag gestellt, adressiert an die Verwaltung, die Einrichtung eines MVZ – oder besser zweier MVZs – eines für Villingen, eines für Schwenningen – zu prüfen. „Ich gehe davon aus, dass das Thema nach der Sommerpause im Gremium behandelt wird“, so Fraktionsvorsitzender Dirk Sautter auf Nachfrage. „Wir sind auf die Antworten gespannt.“

Was die Finanzierung angeht, wäre für Sautter das denkbarste, weil auch bislang in der Praxis gängigste Modell, ein Investorenmodell. „Ein Investor, der das Gebäude errichtet und dann vermietet.“ Für den Standort entscheidend, so Sautter, sei eine gute ÖPNV-Anbindung. In Schwenningen wäre für ihn zum Beispiel das Rössle – angesichts der fehlenden Perspektive – ein möglicher Ansatz.

Auch Nicola Schurr von der SPD hatte in einem offenen Brief an Stadt und Kreis angemahnt, endlich tätig zu werden. In der Antwort des Landrates hieß es damals, dass man in der Vergangenheit in erster Linie versucht habe, den niederlassungswilligen Ärzten beratend zur Seite zu stehen und beispielsweise bei der Suche nach geeigneten Praxisräumen zu unterstützen.

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Wie wahrscheinlich ist eine schnelle Lösung?

„Bei all den verschiedenen Bestrebungen muss leider festgehalten werden, dass es die eine Lösung oder eine schnelle Lösung nicht gibt“, so Heike Frank, Sprecherin des Landratsamtes. „Hinzu kommt das Problem, dass weder die Stadt noch der Landkreis hier eine originäre Zuständigkeit haben, was eine Lösungssuche erschwert.“

Aber, auch das betont das Landratsamt, „wenn die Kassenärztliche Vereinigung das Problem nicht lösen kann, dann müssen die Städte und Gemeinden zusammen mit dem Landkreis nach neuen Wegen suchen, um eine dringend notwendige Verbesserung – ungeachtet der eigentlichen Zuständigkeiten – herbeizuführen“.

Ein MVZ könnte solch ein Ansatz sein. „Wir haben“, so Falke von der Stadt, „bis zu einer möglichen Umsetzung noch eine ordentliche Wegstrecke vor uns, die wir mit Nachdruck so kurz wie möglich halten wollen.“

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Andere sind diese Wegstrecke schon gegangen.

Wo es schon Alltag ist

Beispiel Spaichingen. Hier entstand 2013 ein MVZ. Als Gesellschaft des Landkreises Tuttlingen und Tochter des Klinikums Tuttlingen. Inzwischen befinden sich dort ein Kinderarzt, eine Orthopädische Praxis und eine Frauenarztpraxis unter einem Dach. Ärztemangel? Seitdem Fehlanzeige. Vor zwei Jahren konnten sogar zwei neue Kinderärztinnen eingestellt werden.

Spaichingen geht noch einen Schritt weiter

Aktuell laufen in Spaichingen die Planungen für ein MPZ – also ein medizinisch-pflegerisches Zentrum. Getragen von Investoren, Kreis und Stadt soll es zu einem wichtigen Baustein in der medizinischen Versorgung, sowie einem Aushängeschild der Stadt werden, heißt es in einer Pressemitteilung vor wenigen Wochen.

Konkret soll dort unter anderem eine erweiterte ambulante Versorgung entstehen, die eine unter ärztlicher Leitung stehende pflegerische Betreuung von Patienten für bis zu fünf Tage ermöglicht. Daneben ist ein Pflegehotel geplant, das sich sowohl um die Kurzzeitpflege als auch um die pflegenden Angehörigen kümmert.