Schnee, knackige Minusgrade und Eiszapfen an den Fenstern: In den vergangenen Tagen haben Schnee und eisige Temperaturen nostalgische Wintergefühle geweckt. Früher, da war es doch ständig viel kälter als in den vergangenen Jahren. Oder?
Durchschnittstemperatur so hoch wie nie
Das war es tatsächlich. Bevor sich der menschengemachte Klimawandel immer stärker bemerkbar gemacht hat, war es in ganz Deutschland: kälter. 1985 betrug die Jahres-Durchschnittstemperatur 7,4 Grad. Im vergangenen Jahr, also 2023, lag sie bereits bei 10,6 Grad. So warm war noch kein Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.

Doch wie kalt war es eigentlich früher tatsächlich? Einer, der darüber sehr präzise Auskunft geben kann, ist Wolfgang Eich aus Villingen. Für den Deutschen Wetterdienst beobachtet und dokumentiert der 59-Jährige das Wetter in seiner Heimatstadt seit 39 Jahren, aus privatem Interesse sogar schon länger.
Meteorologie, Astronomie, Klima und das Wetter – „das hat mich schon immer begeistert“, sagt der gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann. Bis heute beobachtet er mit dem Teleskop gerne den Nachthimmel, kennt sich mit Sternbildern, Planeten und fernen Galaxien aus.
Ehrenamtliche Beobachter gesucht
Und eben mit dem Wetter. Schon als Teenager dokumentierte Wolfgang Eich akribisch Luftdruck, Temperatur, Niederschlag, Windrichtung, Schneehöhen und Bewölkungsgrad. Sorgfältig angelegte Tabellen füllen ganze Ordner. Da passte es gut, dass der Deutsche Wetterdienst (DWD) 1985 ehrenamtliche Wetterbeobachter suchte.

„Ich habe ihnen damals Kopien meiner Aufzeichnungen geschickt und den Job direkt bekommen“, erinnert sich Wolfgang Eich. Die Temperatur musste damals dreimal täglich abgelesen werden und parallel dazu weitere Daten wie Nebel, Niederschläge oder Gewitter mit Zeitangaben in Symbolschreibweise festgehalten werden.
Heute läuft das vollautomatisch. Die Wetterstation in seinem Garten übermittelt die meisten Daten automatisch an den DWD. Eine Ausnahme gibt es allerdings: Die Schneehöhe wird nach wie vor mit einem Zollstock gemessen. Außerdem muss Wolfgang Eich den Schnee wiegen, sobald mehr als fünf Zentimeter davon liegen.
Wenn der Schnee auf die Waage muss
Warum? „Dabei geht es um den Feuchtigkeitsgehalt“, erklärt Eich. Der DWD versorgt auch Versicherungen mit Wetterdaten. Geht es beispielsweise um die Schadensbegleichung an einem Flachdach, kann die Frage, wie schwer der Schnee eigentlich war, eine entscheidende Rolle spielen.

Dennoch trägt er seine Beobachtungen auch weiterhin in kleine Bücher ein, die der DWD zur Verfügung stellt. Sein Archiv ist mittlerweile riesig, deshalb kann er auch nicht genau sagen, wann er die kälteste Temperatur gemessen hat. Aber: „Es waren minus 23 Grad.“

Es spricht einiges dafür, dass das im Winter 1987 war. Am 13. Januar jenen Jahres maß Bernward Janzing in Furtwangen minus 25 Grad. „Das tiefste, was ich je gemessen habe“, sagt er. Der Fachjournalist befasst sich seit 1979 mit der Wetterbeobachtung und hat schon zu Schulzeiten eine eigene Wetterhütte im Garten seines Elternhauses in Furtwangen gebaut.
Durch zwei Meter hohen Schnee zur Schule
Heute lebt er in Freiburg, wo er Geographie, Biologie und Geologie studiert hat. Die Wetterstation im Garten seiner Eltern betreibt er indes bis heute, misst und dokumentiert dort nach wie vor Temperatur, Schneehöhen, und eingestrahlte Sonnenenergie. Warum ihn das Wetter seit jeher so fasziniert, erklärt Janzing so: „Wenn man weiß, wie es ist, durch zwei Meter Schnee in die Schule laufen zu müssen, ist das Wetter immer großes Thema.“

Der Januar 1987 mit der Rekordkälte von minus 25 Grad sei generell bemerkenswert gewesen, sagt Janzing. Mit durchschnittlich 7,6 Grad unter Null ein sehr kalter Monat. Den kältesten Februar hatte das Jahr 1986 zu bieten: Damals wurden in Furtwangen durchschnittlich minus 8,7 Grad gemessen. Noch so ein Rekordjahr: „1985 gab es 38 Tage mit minus zehn Grad“, sagt Janzing.
Besonders kalt: der Februar 2012
Der letzte richtig kalte Februar der vergangenen Jahre sei jener im Jahr 2012 gewesen. Hier lagen die Temperaturen in Furtwangen durchschnittlich bei minus 6,2 Grad.
1,54 Meter Durchschnitts-Schneehöhe
Besonders schneereich, so belegt es sein elektronisches Archiv, waren die Winter Anfang der 80er Jahre. Sowohl 1980/81 als auch 1981/82 fielen im Schwarzwald Unmengen an Schnee: So lag die durchschnittliche Schneehöhe im Januar 1981 in Furtwangen bei 1,54 Meter.

Schneehöhen, von denen Wintersportler in der Region heute nur noch träumen können. Auch Wolfgang Eich hat das Langlauffahren mittlerweile aufgegeben. Er und seine Frau Francis widmen sich in ihrer Freizeit dem Tanzsport – ganz wetterunabhängig.
Auch wenn schneereiche und kalte Winter zum Auslaufmodell werden: „Alles ist krasser geworden“, sagt Eich. „Unwetter nehmen zu – denken Sie nur mal an die Flut im Ahrtal oder den extrem trockenen Sommer 2023.“
Lava auf der Straße, Gewitter in der Wüste
Gleichwohl faszinieren Wetterextreme den 59-Jährigen. Mit Ausnahme der Antarktis hat Wolfgang Eich bereits alle Kontinente bereist. Auf Hawaii hat er nach einem Vulkanausbruch schon Lava über die Straße fließen sehen. „Selbst aus der Entfernung wie ein Backofen.“ Und hat in Island hat er gelernt, warum man dort auch im Sommer mit Spikes an den Autoreifen fährt: Weil es immer einen Wintereinbruch geben kann.
El Nino lässt die Wüste blühen
Den wohl krassesten Gegensatz hielt die Atacama-Wüste in Chile bereit. Sie gilt als trockenste Wüste der Welt, in manchen Teilen regnet es jahrelang nicht. Für den Villinger Wetterenthusiasten machte die Region eine ihrer seltenen Ausnahmen, die auf das Wetterphänomen El Nino zurückgehen: „Als wir dort waren, hat es in Strömen geregnet.“