Wie wird eine Party erste Sahne? Ältere Mitmenschen werden auf die Musikauswahl und gutes Bier verweisen. Für viele jüngere Semester gehören hingegen Sahnespender dazu.
Sahnespender? Das liegt an den Treibgas-Kapseln. Die sind häufig mit Lachgas gefüllt, ein bekanntes Narkosemittel. Und der Trend in Europas Partyszene.
Wer kauft Lachgas?
Der Betreiber eines Kiosks in Villingen kann das nicht wirklich nachvollziehen. Er hat Lachgas zwar im Angebot, eine starke Nachfrage kann er aber nicht feststellen. „Manchmal wird es am Wochenende gekauft“, sagt er. Spontane Käufe, kein geplanter Konsum, so seine Vermutung.
Kennengelernt hat der Unternehmer Lachgas als Partydroge bei einem Urlaub in Barcelona in einem Club. „Da liefen alle mit Ballons herum und ich habe erst gedacht, da wird ein Geburtstag gefeiert“, erzählt er.
Erst nach einer Weile habe er gemerkt, was da wirklich los war. Und er hat dann auch mal probiert. „Das knallt dich schon weg“, so seine Erfahrung.

Das sagt ein Narkose-Arzt zur Wirkung
Marek Zelenka betreibt eine Anästhesie-Praxis in Freiburg mit einer Niederlassung in VS-Villingen. Laut dem Facharzt wirkt Lachgas schmerzlindernd, betäubend und angstlösend. „Als Droge steht der berauschende Effekt im Vordergrund, der gekennzeichnet ist durch Euphorie (Hochgefühl) und eine veränderte Wahrnehmung der Realität“, sagt Zelenka. In der Regel halte dies nur wenige Minuten an.
Das Problem sind die Nebenwirkungen
In der Medizin werde das Gas schon seit Längerem kaum noch als Narkosemittel verwendet. Und das hat gute Gründe. „Lachgas hat einige gravierende Nebenwirkungen“, warnt Zelenka.
Gedächtnisverlust beispielsweise. Außerdem werden oft Übelkeit und Erbrechen verursacht. Angstzustände und Panikattacken können auftreten. Weil Urteilsvermögen sowie Motorik beeinflusst werden, steigt das Risiko für Unfälle.
Lachgas verdränge Sauerstoff in der Lunge, das könne so zu Sauerstoffmangel im Körper führen. „Leichtere Fälle äußern sich durch Benommenheit sowie Schwindel, schwerere Fälle können Bewusstlosigkeit, bleibende Hirnschäden oder sogar Tod nach sich ziehen“, sagt der Facharzt für Anästhesie. In Kombination mit bestimmten Drogen können Atmung und Kreislauf beeinträchtigt werden.
Schon Anwendungsfehler sind gefährlich
Spielt das auch eine Rolle bei der Anwendung als Rauschmittel? Die lebensbedrohlichen Nebenwirkungen seien auch bei kurzzeitiger Anwendung oder niedriger Dosierung nicht vom Tisch, lautet das Fazit des Experten. Zudem sei eine psychische Abhängigkeit möglich.
Ein Problem sieht Zelenka auch bei der unsachgemäßen Anwendung. „Das Einatmen von sehr kaltem Lachgas aus Kapseln kann zu schmerzhaften Erfrierungen im Mund- und Rachenraum oder gar zu bleibenden Gewebeschäden führen.“
Ist der Jugendschutz gewährleistet?
„Es gibt viele Sachen, die nicht gesund, aber trotzdem legal sind. Jetzt ist eben noch eine hinzugekommen“, sagt der Kioskbetreiber.
Aufgrund der gesundheitlichen Gefahren würde er Lachgas auch nie an Jugendliche verkaufen, versichert er. In seinem Kiosk sind die Zylinder tatsächlich in einer Vitrine eingeschlossen.
Gefunden haben wir die markanten Behälter aber auch in einem Verkaufsautomaten in Villingen.

Drei Anwendungsformen für Lachgas
Welche Konsequenzen fordert der Arzt?
Wäre ein Verbot denn angebracht? „Klares Ja, allein aufgrund der Nebenwirkungen“, sagt Marek Zelenka. Beim Einsatz als Medikament sei zu gewährleisten, dass Störungen von Atmung und Herz-Kreislauf erkannt und sofort behandelt werden. „Dies dürfte bei der Anwendung als Droge nicht gewährleistet sein.“
Konkurrenz durch Cannabis?
Womöglich flacht das Interesse aber schon wieder ab. „Die Großhändler nehmen Lachgas schon wieder aus dem Programm“, hat der Villinger Kioskbetreiber beobachtet.
Eine Folge der Cannabis-Legalisierung? Das glaubt er nicht. Schließlich führen die Gesetzesänderungen bislang nicht dazu, dass Marihuana oder Haschisch wie Bier oder Zigaretten im Laden gekauft werden können.
Das ist aber scheinbar nicht allen Kunden klar. „Viele fragen mich, ob sie bei mir auch Cannabis bekommen“, sagt er. Selbst wenn es erlaubt wäre, hätte er an diesem Geschäft kein Interesse. „Das verträgt sich nicht, wenn du Süßigkeiten anbietest“, findet der Villingen Unternehmer.