Erst vor wenigen Tagen ist die Entscheidung gefallen: In Bad Dürrheim entsteht eine neue Flüchtlingsunterkunft – obwohl die Zahlen der Geflüchteten bundesweit sinken.

Auch im Schwarzwald-Baar-Kreis ist der Trend sichtbar: Während der Landkreis in den ersten fünf Monaten im vergangenen Jahr 269 Geflüchtete aufgenommen hat, waren es in den ersten fünf Monaten dieses Jahres 177 Menschen – ein Rückgang um 92 Personen.

Braucht es dann überhaupt noch neue Unterkünfte? Wie geht der Landkreis zukünftig mit dem Thema um? Darüber hat der Kreistag im Ausschuss für Bildung und Soziales in seiner jüngsten Sitzung am Montag, 24. Juni, gesprochen.

Der Ausschuss für Bildung und Soziales des Landkreises bei seiner Sitzung am 24. Juni im Roten Löwen in St. Georgen.
Der Ausschuss für Bildung und Soziales des Landkreises bei seiner Sitzung am 24. Juni im Roten Löwen in St. Georgen. | Bild: Lisa Sperlich

Wie viele Geflüchtete leben im Kreis?

Momentan sind laut Angaben des Landratsamts 799 Menschen auf die insgesamt 13 Gemeinschaftsunterkünfte des Schwarzwald-Baar-Kreises verteilt. Durch eine landesweite Ausnahmeregelung verfügt der Kreis über 1219 Plätze – wobei bereits von einer Vollbelegung ausgegangen wird, wenn 80 Prozent oder 975 Plätze genutzt werden.

Diese Ausnahmeregelung setzt die Vorgabe von sieben Quadratmetern pro Person in den Unterkünften vorübergehend außer Kraft. Stattdessen wird nur mit viereinhalb Quadratmeter gerechnet. So entstehen insgesamt mehr Aufnahmeplätze für Geflüchtete.

Mietverträge von Unterkünften laufen aus

Die Unterkünfte mit der größten Kapazität befinden sich derzeit im früheren Heilig-Geist-Spital in Villingen und in der Sturmbühlstraße in Schwenningen. Doch einige der angemieteten Objekte muss der Landkreis Anfang 2025 wieder zurückgeben.

Grund dafür sind auslaufende Mietverträge. Dazu gehört unter anderem die größte Unterkunft im Heilig-Geist-Spital und die beiden Unterkünfte in der Friedhofstraße in Donaueschingen. Weitere Gebäude in St. Georgen, Triberg und Königsfeld kommen hinzu.

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Neue Unterkünfte sind in Planung

„Natürlich fühlen wir uns jetzt in einer gewissen Ruhe, allerdings befinden wir uns immer noch auf einem hohen Niveau, wenn man jetzt die Zehnjahresentwicklung anschaut“, erklärt Jan Hauser, Leiter des Kreissozialamts.

Jan Hauser, Leiter des Sozialamts im Schwarzwald-Baar-Kreis.
Jan Hauser, Leiter des Sozialamts im Schwarzwald-Baar-Kreis. | Bild: Lisa Sperlich

Trotzdem müsse man weiterhin wachsam bleiben. „Wir sind sehr gespannt, wie sich die nächsten Monate entwickeln“, sagt er. Der Landkreis sei bereits dabei, Ersatzunterkünfte zu schaffen – trotz ungewisser Zuwachssituation.

So entsteht in Bad Dürrheim eine neue Gemeinschaftsunterkunft im Gewerbegebiet und in Furtwangen am Großhausberg. Auch in Schwenningen soll das Hochhaus in der Lupfenstraße andere Unterkünfte ersetzen.

An anderen Stellen hakt es

Die Zahlen sinken und noch ist Platz in den Unterkünften. Trotzdem hakt es an anderen Stellen, wie zum Beispiel an den Anschlussunterkünften nach der Zeit in einer Gemeinschaftsunterkunft.

Das Problem: Der Wohnungsmarkt in den Städten sei an einer Kapazitätsgrenze angelangt, so das Landratsamt.

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Ein wenig besser sieht die Situation bei den jungen Geflüchteten aus, die noch zur Schule gehen können. Etwa 1030 Schülerinnen und Schüler im Kreis sind an allgemeinbildenden Schulen untergebracht und 234 gehen an berufliche Schulen. „Dieses Jahr haben wir alle versorgt bekommen“, sagt Jan Hauser.

Viel Luft nach oben gibt es jedoch nicht. „Unsere Schulen befinden sich ganz klar an der Kapazitätsgrenze“, sagt Jan Hauser. „Da darf nicht mehr viel passieren.“

Nicht alle können arbeiten gehen

Ein weiteres großes Problem sei die Kinderbetreuung außerhalb der Schule. Das habe auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt.

Viele der Geflüchteten aus der Ukraine seien alleinerziehende Frauen, die aufgrund fehlender Kinderbetreuung nicht arbeiten gehen könnten, erzählt Mike Kalinasch. Er leitet das Jobcenter im Kreis.

Mike Kalinasch, Geschäftsführer des Jobcenters im Schwarzwald-Baar-Kreis.
Mike Kalinasch, Geschäftsführer des Jobcenters im Schwarzwald-Baar-Kreis. | Bild: Lisa Sperlich

Wenig Bereitschaft bei Arbeitgebern

Laut eigenen Angaben sind knapp 1600 geflüchtete Menschen aus der Ukraine zur Arbeitsvermittlung beim Jobcenter angemeldet. Dazu kommen rund 950 Menschen aus anderen Ländern. „Aber nur zehn Prozent der Arbeitgeber in der Region wollen Geflüchtete aufnehmen“, sagt Kalinasch.

Acht Monate Wartezeit für einen Sprachkurs

Oft scheitere es an den Sprachkenntnissen, so Kalinasch. Denn für die Integration ins Berufsleben werde in der Regel ein einfaches Sprachniveau von A2 vorausgesetzt. Für eine Ausbildung benötigen Geflüchtete ein höheres Sprachniveau von B2.

Um ein gewisses Sprachniveau zu erreichen, braucht es Sprachkurse. An diesen mangelt es laut Landratsamt jedoch, beziehungsweise fehlen die entsprechenden Lehrkräfte. Die Wartezeit auf einen Platz betrage derzeit acht Monate.

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