Sie schlucken Antibiotika, doch außer Magen-Darm-Beschwerden oder einem plötzlichen Hautausschlag tut sich einfach nichts? Der Husten bellt weiter, das Halskratzen bleibt hartnäckig, die Nase zu? Dann haben Sie höchstwahrscheinlich nicht das passende Präparat bekommen. Dies allerdings könnte in Zukunft seltener vorkommen – dank zweier Männer aus den Reihen der Hochschule Furtwangen University (HFU).
Doktorand Oliver Riester und sein Doktorvater Hans-Peter Deigner haben ein neues Verfahren entwickelt, mit dem die Wirksamkeit von Antibiotika schon vorab getestet werden kann. „Das Grundproblem ist, dass es immer mehr multiresistente Keime gibt“, erklärt Riester.
Eine Ursache dafür: Antibiotika werden oft auf gut Glück verschrieben. Gerade in Krankenhäusern, etwa bei einer Sepsis, muss es in vielen Fällen schnell gehen – meist gibt es dann ein Breitband-Mittel. Bisherige Wirksamkeits-Tests, die kompliziert über Blutkulturen laufen, bringen erst nach 24 Stunden Ergebnisse.
„Unsere Grundidee war: Es muss schneller gehen“, sagt Oliver Riester. Apropos, die Idee: Sie ist vor rund drei Jahren bei einer abendlichen Diskussionsrunde bei einem kühlen Glas Bier entstanden, erzählt Hans-Peter Deigner. „Da sind wir durch Zufall auf das Problem gestoßen und die Tatsache, wie unbefriedigend die Realität ist“, erinnert sich auch Oliver Riester an den Moment.
Die Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen, so beschriebt es Rieser heute, konnte also beginnen. Kreuz und quer haben der 29-Jährige und sein Doktorvater herumprobiert, hatten Ideen, haben sie verworfen, hatten wieder neue.
Irgendwann war die richtige dabei: Ein elektrochemischer Test, der wirksame Antibiotika innerhalb von fünf bis zehn Stunden identifiziert. Statt über Blutkulturen, die zeitaufwändig angelegt werden müssen, funktioniert der Test mit einfachem Blutplasma. Die nötigen Teile – etwa den Behälter und einen Chip – haben die beiden im 3D-Drucker der Hochschule angefertigt.

Das Prinzip ist einfach: Blutserum und Antibiotika werden vermischt. Wachsen die Bakterien im Serum nun weiter, wirkt das Antibiotikum nicht. Punkt. Ob dies der Fall ist, wird elektrochemisch gemessen. Mit dem Test können zudem mehrere Antibiotika zeitgleich überprüft werden. In den Versuchen der Schwenninger zeigte sich bei zwei parallelen Messungen eine Trefferquote von über 95 Prozent, sagen sie selbst.
Doch von der Doktorarbeit bis zum täglichen Einsatz ist es freilich noch weit. Oliver Riester und Hans-Peter Deigner haben nun die Patentanmeldung für ihr Verfahren in die Wege geleitet. Danach soll es weiterentwickelt, zudem eine klinische Studie beantragt werden. Bisher, so sagen beide, hätten sie keine Hinweise, dass ein ähnliches Verfahren bereits existiert.
Wird der Test irgendwann serienreif, könnten zunächst Krankenhäuser davon profitieren und schneller ermitteln, welche Antibiotika ihren schwerkranken Patienten tatsächlich helfen. Irgendwann, so glauben auch die beiden Erfinder, könnte er aber auch in Arztpraxen gute Dienste leisten und dabei helfen, dass für die Halsentzündung genau das richtige Präparat verschrieben wird.
Insgesamt rechnen Oliver Riester und Hans-Peter Deigner inklusive Messgerät mit Kosten von unter 10.000 Euro – und viel Platz braucht es auch nicht: Die ganze Apparatur passt in einen Schuhkarton.