Freitag, 12. Januar, im Spittelbronner Weg in Schwenningen: Eine riesige Rauchwolke hängt über dem Neckarstadtteil. Im Industriegebiet Ost steht die Lagerhalle eines Baustoffhandels in Flammen, zeitweise besteht die Gefahr, dass das Gebäude oder Teile davon einstürzen. Später wird feststehen: Der Schaden wird mit rund 2,5 Millionen Euro beziffert.

Was geschieht eigentlich vor Ort, wenn die Feuerwehr da ist? An was muss alles gedacht, was muss geregelt, koordiniert und angeordnet werden? Eine ganze Menge, ohne die ein Einsatz nicht zu bewältigen wäre. Zeit, sich viele Gedanken darum zu machen, haben die Einsatzkräfte jedenfalls nicht, denn jede Minute zählt.

Markus Megerle, hier auf einem Bild vom August 2023, ist hauptamtlicher Gesamtkommandant der Feuerwehr Villingen-Schwenningen.
Markus Megerle, hier auf einem Bild vom August 2023, ist hauptamtlicher Gesamtkommandant der Feuerwehr Villingen-Schwenningen. | Bild: Gerhard Hauser

Deshalb wird geübt, wieder und wieder. „Die wenigsten sehen, was alles dahintersteckt“, sagt Markus Megerle, Feuerwehr-Gesamtkommandant und Leiter des Amtes für Feuerwehr, Brand- und Zivilschutz. „Als Feuerwehr hat man immer einen riesigen Ausbildungsaufwand.“

Checklisten im Kopf

Dann läuft es, dann wird auch so ein Großeinsatz wie in Schwenningen bewältigt – aber eben nur, wenn alle Rädchen ineinander greifen. „Man hat da seine Checklisten im Kopf, die geht man durch, arbeitet sie ab, eine nach der anderen“, beschreibt Markus Megerle. Er selbst war beim Brand in koordinierender Funktion vor Ort, die Einsatzleitung lag bei Christian Krause.

Der Gesamtüberblick

Erst einmal braucht es einen Gesamtüberblick – und zwar schnell. „Um was für einen Betrieb handelt es sich, was für brennbare Stoffe gibt es womöglich, sind Personen in Gefahr, muss evakuiert werden“, beschreibt Markus Megerle die ersten und wichtigsten Fragen. Alarmiert wird die Feuerwehr nach Stichworten.

Brand bei Firma Stegmaier im Spittelbronner Weg in VS-Schwenningen
Brand bei Firma Stegmaier im Spittelbronner Weg in VS-Schwenningen | Bild: Hans-Jürgen Götz

Je nach Einsatz werden dann die Fahrzeuge ausgewählt. Bei einem Großbrand gibt es außerdem Führungsunterstützung durch den Einsatzleitwagen. „Eine Art mobiles Büro“, sagt der Feuerwehrchef.

Der Einsatzleitwagen der Feuerwehr ist eine Art mobiles Büro. Von hier aus wird ein Großeinsatz wie der Brand bei der Firma Stegmaier ...
Der Einsatzleitwagen der Feuerwehr ist eine Art mobiles Büro. Von hier aus wird ein Großeinsatz wie der Brand bei der Firma Stegmaier koordiniert. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Von hier aus wird beispielsweise das Landratsamt als Wasserschutzbehörde kontaktiert, aber auch der Deutsche Wetterdienst, wenn es um die Frage geht, wohin eine Rauchwolke zieht.

Wohin fließt das Löschwasser?

Da Löschwasser verunreinigt ist, sollte es bestenfalls nicht in Flüsse und Bäche gelangen. Deshalb sei auch ein Vertreter des Landratsamtes vor Ort gewesen, der den Neckar kontrollierte. „In diesem Fall konnten wir das Löschwasser kontrolliert auffangen und über die Kanalisation in die Kläranlage nach Deißlingen abführen“, erklärt Markus Megerle. Dort wurde es in ein spezielles Becken geleitet, bevor es von einer Spezialfirma abgepumpt wurde.

So lange hält eine Atemschutz-Flasche

Wenn die Feuerwehrleute unter Atemschutz arbeiten, ist nach spätestens 20 Minuten eine Pause fällig. 1800 Liter Druckluft befinden sich in einer Flasche. „Bei schwerster körperlicher Arbeit – und davon ist auszugehen – verbraucht man pro Minute 100 Liter Luft“, erklärt der Gesamtkommandant.

Flammen im Gebäude der Firma Stegmaier: Dort hinein können die Feuerwehrleute nur unter Atemschutz.
Flammen im Gebäude der Firma Stegmaier: Dort hinein können die Feuerwehrleute nur unter Atemschutz. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Nach 18 Minuten ist also Schluss. Dann muss bereits die nächste Einsatzkraft in voller Montur bereit stehen. Die Atemschutzträger haben priorisierten Funkkontakt. „Außerdem stehen immer Rettungstrupps bereit, die im Notfall sofort eingreifen und jemanden aus dem Gebäude holen können“, sagt Markus Megerle. Sie haben nicht weniger als 50 Kilo Ausrüstung am Körper – Sauerstoffflasche und Rettungstragetuch inklusive.

Zwei Mediziner vor Ort

Vor Ort sind bei Großbränden außerdem zwei Feuerwehrärzte. Sie untersuchen die Atemschutzträger nach dem Einsatz, passen auf, dass sich niemand überfordert und ordnen im Zweifelsfall auch mal eine Pause an.

Gelöscht wird Abschnitt für Abschnitt

So schnell wie möglich werden außerdem Lösch-Abschnitte eingeteilt. Vor dem Gebäude, hinter dem Gebäude, für jeden Abschnitt gibt es außerdem einen Abschnittsleiter, der das ganze Geschehen im Blick hat – zum Beispiel, ob ein Teileinsturz des Gebäudes droht.

Und was, wenn noch was passiert?

Während die Feuerwehr noch mit dem Großbrand in Schwenningen beschäftigt war, wurde an der Gartenschule außerdem die Brandmeldeanlage ausgelöst.

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Zwar nur ein Fehlalarm, doch für den Ernstfall muss natürlich auch vorgesorgt sein. „In solchen Fällen steht immer ein kompletter Löschzug bereit, der ausrücken kann, falls noch etwas passiert“, so der Gesamtkommandant.

Ein Ärgernis: Wenn das Verständnis fehlt

Nicht alle Vekehrsteilnehmer haben offenbar Verständnis dafür, dass bei einem Großbrand Löscharbeiten Vorrang haben. Beim Lagerhallenbrand mussten einige Schlauchleitungen über die Rottweiler Straße verlegt werden, was Verkehrsbehinderungen zur Folge hatte. Oder wie Markus Megerle sagt: „Über die Schlauchbrücken kann man eben nicht mit 50 Stundenkilometern fahren.“

Immer wieder werden Rettungskräfte bei Einsätzen angegangen. So auch die Feuerwehr bei dem Großbrand in Schwenningen am 12. Januar.
Immer wieder werden Rettungskräfte bei Einsätzen angegangen. So auch die Feuerwehr bei dem Großbrand in Schwenningen am 12. Januar. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Mehrere Feuerwehrangehörige seien angegangen worden, schildert der Kommandant. Besonders ein Lastwagenfahrer sei überaus aggressiv geworden. „Das sind die Schattenseiten eines solchen Einsatzes“, sagt Megerle. Positiv hingegen sei, dass mehrere andere Lastwagenfahrer ebenfalls ausgestiegen und den Feuerwehrkräften zu Hilfe gekommen seien.

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