Waren Sie mal beim Impfen in Schwenningen? Und ist Ihnen dort die besondere Atmosphäre aufgefallen? Hier arbeiten ganz viele Menschen aus der Medizin, viele mit großer Überzeugung, für die Region sich auf diese Weise einzusetzen. Das Besondere an Schwenningen ist: Hier wirken viele, die gar nicht mehr arbeiten müssten, die noch einmal hinstehen, um die Region durch die Krise zu begleiten. Das ist spürbar. Alle arbeiten still, konzentriert, freundliche Zuneigung prägt die Gespräche für ein paar Sekunden oder Minuten. Menschen, die für Menschen arbeiten, treffen die Zwischentöne. „Ihnen alles Gute“, sagt die Frau, die mir diese Woche die zweite Spritze in den Oberarm gedrückt hat. Vermutlich sieht man sich nicht wieder. Oder erkennt sich nicht, der Masken wegen.

Freitag im Klinikum. Es ist morgens, viele Angehörige bringen ihre Senioren. Ein Sanka-Fahrer schiebt eine ältere Dame auf einer Liege durch den Gang. „Keine Angst“ sagt der stämmige Helfer mit der Undercut-Frisur zu der Greisin, die ohne familiäre Begleitung diesen Weg antreten muss. Der Mann mit der Einsatzjacke scheint das zu sehen, er ist ganz bei der Frau, die mit großen Augen und vermutlich voll der Sorge Richtung Behandlung geschoben wird.

Das Corona-Jahr 2020 liegt hinter uns. Ob dies auch für das Corona-Jahr 2021 gilt, haben wir als Landkreis-Gesellschaft genau jetzt alle zusammen selbst in der Hand. Die vierte Welle wird hier bei uns wohl nicht nicht im Sommer losbrechen. Was aber ist, wenn die Ferien zu Ende sind, die Schulen öffnen, alles durcheinander tollt und Omi für die Kleinen kocht?

Zur Bewältigung der Coronakrise ist das letzte Wort mitnichten gesprochen. Die Gesellschaft darf die Strukturen, wie das Schwenninger Kreisimpfzentrum oder das Schwarzwald-Baar-Klinikum, nicht überfordern. Wird die Stabilität dieser Versorgungseinrichtungen von unseren Korsika-Urlauben aufs Spiel gesetzt? Wahrscheinlich kommt es drauf an, wie jeder einzelne sich verhält. Genaues weiß niemand bis heute, das Virus und seine Abkömmlinge in Form der Mutationen sind nicht durcherforscht. Das Schwarzwald-Baar-Klinikum will es nicht beim Applaudieren für die Mitarbeiter an der Patienten-Front belassen. Ein Sonder-Obolus wird auch fürs Jahr 2021 gezahlt. Ingesamt 1,5 Millionen Euro schüttet das Haus extra deshalb aus. Nach Risiko und Einsatz gestaffelt gibt es den Zuschlag. Es braucht aber noch ein bißchen mehr an Anerkennung. Zu oft wird über das Haus gemotzt. Das sollte aufhören. Kritik ja, Dankbarkeit umso mehr . Und das Personal sollte wissen: Motzt trotzdem einer, dann basiert das oft auf Angst und großer Sorge. Der Umgangston macht die Musik. Die Pflegerin mit der Spritze,der Herr, der die Liege schiebt, sie machen es uns vor. Wir sollten uns daran erinnern.