„Wir stehen zu unseren Verpflichtungen“, sagt CDU-Gemeinderat Friedrich Bettecken. Er und seine Fraktion machten in der letzten Sitzung des Gemeinderats vor der Sommerpause deutlich, dass sie gewillt sind, am Verlustausgleich des Schwarzwald-Baar-Klinikums mitzuwirken – „auch als Signal an die Belegschaft des Klinikums“, wie Bettecken formulierte.

Als dann aus dem Lager der Freien Wähler Ulrike Heggen ähnlich argumentierte, schien der Weg der vergangenen Jahre vorgezeichnet: Zwar gab man dieses Geld mit gewissem Zähneknirschen aus. Aber letztlich sprach sich noch immer eine Mehrheit für die Zahlung aus.

CDU und Freie Wähler für Übernahme des Defizits

Doch dieses Mal kam alles anders: Einhellige Voten der AfD, der Grünen, der SPD und der FDP gegen die Teilübernahme des Defizits sorgten dafür, dass jetzt der Landkreis verstärkt zur Kasse gebeten wird. Mit einer Mehrheit von 20 zu 17 Stimmen lehnte es das Gremium ab, dem Klinikum eine Summe von 1,645 Millionen Euro zu überweisen.

Somit muss sich der Kreis nicht nur mit 2,5 Millionen Euro am Verlustausgleich des Klinikums beteiligen, sondern mit knapp 4,2 Millionen Euro. Ein entsprechendes Szenario war Anfang Juli im Kreistag bereits genannt worden. Dort wurde auch klar, dass der Klinikstandort Donaueschingen gefährdet ist und mittelfristig eine Aufgabe des dortigen Krankenhauses droht. 

In Villingen-Schwenningen musste Klinik-Geschäftsführer Matthias Geiser mit leeren Händen aus dem Gemeinderat abziehen. Er hatte dem Gremium zuvor die Geschäftszahlen des Jahres 2024 erläutert – „eine deutliche Verschlechterung“, wie er bereits im Kreistag formuliert hatte.

Geiser sprach von einem „erheblichen Fehlbetrag“, der sich konkret auf knapp 9,8 Millionen Euro beläuft. „Wir waren im operativen Bereich deutlich schlechter“, sagte der Klinikchef, wobei es im laufenden Jahr leichte Anzeichen der Besserung gebe – vor allem im Bereich der Liquidität.

Defizite seit Corona

Doch die Bilanz von 2024 steht, und sie ist nicht gut. Schrieb das Klinikum über Jahre eine schwarze Null, so sind die Nach-Corona-Jahre durch stetig auflaufende Defizite gekennzeichnet.

Diese Entwicklung ist nicht allein beim Schwarzwald-Baar-Klinikum zu registrieren, sondern in der Krankenhauslandschaft des Landes weit verbreitet: 73 Prozent der Krankenhäuser in Baden-Württemberg erwarten in diesem Jahr, rote Zahlen zu schreiben, wie eine im März 2025 vorgestellte Umfrage der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft ergab.

Schon in Vergangenheit gab es Stimmen in Villingen-Schwenningen, sich am Ausgleich des Defizits nicht zu beteiligen, doch im Zweifel zeigte einer Mehrheit des Gemeinderats guten Willen, die notwendigen Gelder locker zu machen. Motto: Wir können das Klinikum nicht im Stich lassen.

Allerdings: Wenn die Stadt die Zahlungen allein dem Landkreis überlässt, wächst automatisch auch dessen Gesellschafteranteil an der Klinikum GmbH – und das Gewicht der Stadt als Co-Gesellschafterin wird schwächer. Obendrein gehört die Stadt VS ja auch zum Landkreis dazu, finanziert also indirekt über dessen Zahlungen doch das Defizit mit – und unterstützt somit zugleich das Schwinden ihres eigenen Einflusses.

Freiwillige Aufgabe

„Reine Symbolpolitik“, befand nun Frank Bonath (FDP) im Gemeinderat. Ihm fehlten die sachlichen Argumente, warum die Stadt in die Bresche springen sollte. Die Beteiligung sei eine freiwillige Aufgabe der Stadt, für die man derzeit keine Reserven mehr habe.

Aufgabe der Stadt sei es, Kindergartenplätze zu schaffen, den Ganztagsbereich oder den Öffentlichen Personennahverkehr zu stärken, um die Stadt als Standort für die etwa 3300 Klinikmitarbeiter und -mitarbeiterinnen attraktiv zu machen. „Wir haben viele Hausaufgaben zu erledigen“, sagte Bonath, die Beteiligung am Klinikdefizit zählt aus seiner Sicht nicht mit dazu.

OB hadert mit Entscheidung

Zuvor hatte schon Grünen-Gemeinderat Oskar Hahn Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Zahlung angemeldet. Der Verlust werde ohnehin von den Gesellschaftern getragen – egal, ob vom Landkreis oder der Stadt. Über die wohl anstehende Erhöhung der Kreisumlage sei die Stadt ohnehin wieder im Spiel, doch eben nicht nur die Stadt, sondern auch die übrigen Gemeinden des Schwarzwald-Baar-Kreises, die aus ihren Etats dann mehr in Richtung Landratsamt überweisen müssen.

Oberbürgermeister Jürgen Roth gefiel diese Argumentation nicht. Man könne nicht alles auf die anderen Kommunen abwälzen, wo doch die Stadt durchaus auch vom Klinikstandort profitiere, argumentiere Roth.

„Die Stadt hat in der Vergangenheit schon viel bezahlt“, hielt ihm der SPD-Fraktionsvorsitzender Nico Schurr entgegen. Auch er sprach sich dafür aus, das Defizit in diesem Jahr nicht mitzutragen und die Lasten auf den Kreis abzuwälzen – wohlwissend, dass auch das Oberzentrum dafür einen gehörigen Anteil mitzutragen habe.

Verlust von Gesellschafteranteilen

So ganz ungeschoren kommt die Stadt mit der Verweigerung der Zahlen freilich nicht davon. Weil sie nicht zahlt, verliert sie etwa zwei Prozentpunkte ihrer Anteile, die bisher bei knapp 40 Prozent liegen. Landrat Sven Hinterseh trägt‘s mit Fassung: „Die Stadt Villingen-Schwenningen kann sich an einem Defizitausgleich beteiligen, um zu vermeiden, dass sich in der Folge das Verhältnis der Gesellschaftsanteile zwischen Stadt und Landkreis verändert, muss das aber nicht“, betont er gegenüber dem SÜDKURIER.