Sie ist hoch umstritten, hat im baden-württembergischen Landtag zum Koalitionsstreit geführt und tritt dennoch Mitte März in Kraft: Die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Sie soll besonders gefährdete Personengruppen vor dem Coronavirus schützen.
Zahlen sind alarmierend
Die aktuellen Infektionszahlen sind zumindest im Schwarzwald-Baar-Kreis alarmierend. Am Montag, 14. März, meldete das Landesgesundheitsamt eine sieben-Tage-Inzidenz von 3289,3 zum Stand 16 Uhr.
Doch wie geht es weiter? Klar ist: Auf die Heime und Kliniken kommt erst einmal viel Arbeit in Gestalt von Bürokratie zu. Und schlimmstenfalls verschärft sich der ohnehin bestehende Personalmangel, weil Freistellungen und Kündigungen drohen.
„Es zeigt sich allerdings kein heterogenes Bild“, sagt Hatem Saleh, Leiter des Kreisgesundheitsamtes, wo die organisatorischen Fäden zur Kontrolle der Impfpflicht zusammenlaufen. Auf der einen Seite gebe es die Heime, die sagen: Das kriegen wir schon hin, wir suchen dann eben neue Mitarbeiter. „Andere wiederum befürchten, die Versorgung nicht aufrecht erhalten zu können.“
„Die Idee ist schon, dass am Ende alle geimpft sind.“Hatem Saleh, Leiter des Kreisgesundheitsamtes
Sollten Einrichtungen sich nicht melden oder die medizinische Kontraindikation zur Impfung nicht nachweisbar sein, werde zunächst eine Anhörung festgelegt. Werde dieser Termin nicht wahrgenommen, nehme das Gesundheitsamt mit der betroffenen Einrichtung Kontakt auf und prüfe individuell.
Am Ende sollen alle geimpft sein
Es gebe einen Ermessensspielraum, wer wie lange ohne Impfung beschäftigt werde. Die Häuser müssten aber auch darlegen, wie sie Personalersatz finden wollen. Aber, das macht Saleh unmissverständlich klar: „Die Idee ist schon, dass am Ende alle geimpft sind.“ Der Mediziner kann die grundsätzliche Ablehnung von Impfungen nicht nachvollziehen: „Jede Tablette, inklusive Paracetamol, hat mehr Nebenwirkungen.“
Für viele kein überzeugendes Argument. Im Triberger Pflegeheim St. Antonius beispielsweise für drei Pflegekräfte. „Wir haben eine hohe Impfquote. Verzichten können wir auf die drei trotzdem nicht und wir werden sie auch nicht direkt freistellen“, sagt Angelika Landerer, die zusammen mit Thilo Hoffmann die Pflegedienstleitung innehat.

Sie haben im Haus mit allen Mitarbeitern Gespräche geführt, die bisher nicht Geimpften „tun sich extrem schwer“, schildert sie. Die 42-Jährige ist selbst geimpft, geboostert und genesen – und dennoch gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht. „Das wurde per Gesetz beschlossen, aber wo ist der Plan B, um den Personalmangel, der übrigens schon seit Jahren herrscht, entgegen zu wirken?“, fragt sie.
„Wir bekommen teils Anrufe, bei denen ich erst in Google Maps schauen muss, wo das überhaupt liegt. Neulich waren wir das 30. Heim, bei dem Angehörige es versucht haben.“Angelika Landerer, Pflegedienstleitung
Sollte das Gesundheitsamt für nicht geimpfte Mitarbeiter wirklich ein Betretungsverbot aussprechen, werde das Triberger Heim weniger Bewohner aufnehmen können. „Das wäre nämlich die Konsequenz, um das noch vorhandene Personal nicht weiter zu überlasten“, sagt sie. Mit dem Neubau biete St. Antonius eigentlich nunmehr 80 Pflegeplätze. Allerdings habe sich das Haus entschieden, vorerst bei der Größenordnung von 71 Bewohnern zu bleiben, um personell nicht in Schwierigkeiten zu geraten.

Um die Not und Verzweiflung der Angehörigen weiß Angelika Landerer nur zu gut. „Wir bekommen teils Anrufe, bei denen ich erst in Google Maps schauen muss, wo das überhaupt liegt. Neulich waren wir das 30. Heim, bei dem Angehörige es versucht haben.“

Im Vöhrenbacher Luisenhof ist die Lage nach Worten von Heimleiterin Bernadette Manka relativ entspannt. 80 Mitarbeiter, davon vier ungeimpft. Bei zwei davon sieht Bernadette Manka noch eine Chance auf Gesinnungswandel. „Ich verstehe aber auch ihre Ansicht“, sagt sie. „Und es ist schade um jeden einzelnen. Es sind tolle Mitarbeiter und wir brauchen jede Hand.“
Sie ist froh über die hohe Impfquote, die gänzlich ohne Druck zustande gekommen sei. „Wir hatten ja den großen Ausbruch im November 2020, womöglich hat das die Bereitschaft auch erhöht. Unsere Mitarbeiter haben von selbst gesagt: Ich lasse mich impfen.“ Damals waren im Luisenhof 21 Bewohner an den Folgen einer Corona-Infektion gestorben.
Auch wenn die Impfquote hoch und die Corona-Lage im Haus aktuell entspannt ist, nimmt auch der Luisenhof derzeit keine neuen Bewohner auf. „Bis wir ausreichend Fachkräfte haben“, sagt Bernadette Manka. Das werde zum Glück schon bald der Fall sein: Im April fangen sechs neue Vollzeit-Fachkräfte im Luisenhof an. Das entschärfe die Situation deutlich, doch mehr ginge immer: „Ich könnte locker nochmal zwei bis drei einstellen.“