Impfquote von über 90 Prozent erreicht! Dies meldet jetzt der Caritasverband für die Bewohner seiner beiden Altenheime in Villingen (St. Lioba) und in Niedereschach (Eschachpark). Damit sind für diese Bewohner weitere Lockerungen von den Corona-Bestimmungen möglich. Allerdings hinken andere Einrichtungen diesem Ziel noch zum Teil deutlich hinterher. In vielen Einrichtungen gibt es noch größere „Impflücken“. Dass es für die Bewohner der Altenheime, wo sich die gefährdetste Bevölkerungsgruppe konzentriert, noch immer keinen umfassenden Impfschutz gibt, sorgt inzwischen für Kritik am Krisenmanagement des Landratsamtes.

Erleichterung dagegen bei der Caritas: Im Stammhaus in St. Lioba seien seit Sonntag 93,9 Prozent aller Bewohner vollständig geimpft, berichtet jetzt Caritas-Geschäftsführer Michael Stöffelmaier, in der Einrichtung in Niedereschach, dem Pflegehaus am Eschachpark, sogar 97 Prozent.

Wie berichtet, war St. Lioba besonders hart von der Corona-Pandemie betroffen. Insgesamt haben sich nach Angaben der Caritas dort seit November 46 Bewohner infiziert. Davon sind zwölf Senioren an oder mit Corona verstorben. Auch 32 Mitarbeiter (18 Prozent) waren an Covid-19 erkrankt. Deshalb hat sich der Träger mit aller Kraft darum bemüht, die Impfquote zu erhöhen. Erreicht wurden die 90 Prozent durch eine Nach-Impfaktion des ambulanten Impfteams aus Offenburg vor 14 Tagen „sowie durch Neuaufnahmen ausschließlich von geimpften Bewohnern“, teilt Caritas-Geschäftsführer Michael Stöffelmaier mit. Die Impfquote bei den Mitarbeitenden liege derzeit bei 79 Prozent. Stöffelmaier: „Damit sind die besonders gefährdeten Bewohner der stationären Einrichtungen sehr gut vor einer Ansteckung durch das Corona-Virus geschützt. Es kann in weiteren Bereichen wieder mehr Lebensqualität umgesetzt werden.“

Große Impflücken in Heimen

Andere Einrichtungen sind von solchen Zahlen zum Teil noch weit entfernt. Und sie rechnen auch damit, dass es wohl noch einige Wochen dauern kann, bis sie die 90 Prozent-Quote erreichen können. Grund: Der Landkreis lehnt es ab, seine mobilen Impfteams, die Anfang des Jahres die Erst- und Zweitimpfungen durchgeführt haben, für Nachimpfungen loszuschicken. So kommt es zur seltsamen Situation, dass mobile Teams aus Offenburg und Freiburg anfahren, um Nachimpfungen in den Heimen im Schwarzwald-Baar-Kreis durchzuführen. Das Landratsamt verweist die Bittsteller aus den Heimen seit Ostern konsequent auf die Hausärzte. Doch diese, so berichten Praktiker aus den Heimen, sind ihrerseits oft selbst am Anschlag und haben relativ wenig Impfstoff. Das heißt im Ergebnis, dass es in vielen Heimen noch immer größere Impflücken gibt.

Paul Lubina, der Heimleiter der Seniorenresidenz am Kaiserring berichtet von rund 77 Prozent geimpfter Heimbewohner. Hauptgrund der 23 Prozent Nichtgeimpften: Eine größere Anzahl von Heimbewohnern habe sich Anfang des Jahres infiziert und müssen nun ein halbes Jahr abwarten, bis sie geimpft werden können. Hinzu kommen einige Impfverweigerer. Lubina hofft nun, dass die impfwilligen Bewohner spätestens bis Anfang August weitgehend durchgeimpft sind und weitere Lockerungen im Heim möglich werden. Die Mitarbeiter, die sich noch nachimpfen lassen wollen, müssten sich beim Hausarzt um einen Termin bemühen.

Auch das Seniorenzentrum im Welvert in Villingen hat die 90 Prozent noch nicht geschafft. Viele Bewohner wurden aufgrund eines größeren Ausbruchsgeschehens im Dezember nicht geimpft. Nun ist das halbe Jahr aber vorbei und darum stehen zwei weitere Impftermine fest: Ein externes mobiles Impfteam wird am 14. Juli und am 4. August die Nachimpfungen durchführen, berichtet die Einrichtung. Bis dahin liegt die Quote der Bewohner bei rund 74 Prozent, die der geimpften und genesenen Mitarbeiter im Moment bei 71 Prozent.

Im Schwenninger Bürgerheim liegt die Impfquote der Bewohner nach Angaben der Heimleitung bei über 80 Prozent, im Heilig-Geist-Spital in Villingen bei rund 85 Prozent. Der Villinger Spitalfonds als Träger des Heilig-Geist-Spitals hofft nun, dass es in Abstimmung mit den Hausärzten gelingt, die 90-Prozent-Hürde bald zu überwinden, sagt Geschäftsführer Günter Reichert.

Nicht gut gelaufen im Kreis

Matthias Trautmann, der Heimleiter des Bürgerheims in Schwenningen, ist höchst unzufrieden, wie das Landratsamt mit den Nachimpfungen umgeht. In der „Pflegekonferenz“ der Heimleiter im Schwarzwald-Baar-Kreis seien im Mai von allen anwesenden Verantwortlichen ein weiterer Einsatz der mobilen Impfteams in den Heimen und Einrichtungen gefordert worden, berichtet er. Der Landkreis habe dies abgelehnt und auf die Hausärzte verwiesen. Auch der Vorschlag, einen Impftag für Pflegekräfte und Heimbewohner im Kreisimpfzentrum abzuhalten, sei abgelehnt worden. „Das ist bei uns im Schwarzwald-Baar-Kreis nicht gut gelaufen“, kritisiert er das Impf-Management des Landratsamtes.

Maria Noce, die einen Pflegedienst in Schwenningen betreibt, fordert eine zügige Nachimpfung in den Heimen.
Maria Noce, die einen Pflegedienst in Schwenningen betreibt, fordert eine zügige Nachimpfung in den Heimen. | Bild: SK

Kreisrätin Maria Noce (CDU), die selbst eine Pflegeeinrichtung und ein Hospiz in Schwenningen betreibt, hat am Montag im Kreistag den Finger deutlich in die Wunde gelegt. In den Pflegeeinrichtungen gebe es bei Mitarbeitern und Bewohnern noch immer großen Impfbedarf. Doch der Landkreis, so bedauerte sie, habe eine Priorisierung der Pflegekräfte abgelehnt.

Sonderfall St. Michael

Im Gespräch mit dem SÜDKURIER wies Noce darauf hin, dass sich allein im Altenheim St. Michael in Donaueschingen aktuell noch 120 Personen nachimpfen lassen wollen. Denn dort hat es Anfang des Jahres ebenfalls einen größeren Corona-Ausbruch gegeben, viele Genesene warten jetzt noch auf ihre Impfung. Es gebe aber noch weitere Einrichtungen, die ebenfalls größeren Bedarf hätten, berichtet Noce, beispielsweise das Haus Curanum in Bad Dürrheim. Auch in ihrem eigenen Hause wollen rund 30 Personen, 20 Mitarbeiter und rund zehn Pflegebedürftige, nachgeimpft werden. Sie habe zwei Monate kämpfen müssen, das mobile Impfteam des Zentralen Impfzentrums Offenburg in ihr Haus zu bekommen. Am 25. Juni soll dort nun ein Impftermin stattfinden.

Vierte Welle im Herbst?

Wie Noce weiter berichtet, habe Landrat Sven Hinterseh zugesagt, zu prüfen, ob bei einer möglichen Nachimpfaktion durch das Kreis-Impfteam im Altenheim St. Michael auch Pflegekräfte anderer Einrichtungen mitgeimpft werden können. Für pflegebedürftige Heimbewohner käme diese Lösung aber nicht in Betracht. Sie seien oft nicht transportfähig. Hier müsse man noch mal über Lösungen nachdenken und eventuell die Hausärzte für das Problem sensibilisieren. „Es kann sein, dass uns im Herbst die vierte Coronawelle droht“, warnt die Pflegexpertin.

Landrat Sven Hinterseh verteidigt die restriktive Haltung des Landratsamtes bei den Nachimpfungen in den Altenheimen.
Landrat Sven Hinterseh verteidigt die restriktive Haltung des Landratsamtes bei den Nachimpfungen in den Altenheimen. | Bild: Fröhlich, Jens

Landrat Sven Hinterseh bekräftigte gegenüber dem SÜDKURIER seine Ansicht, dass bei Nachimpfungen „die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden muss“. Der Landkreis habe zu Jahresbeginn in nicht weniger als rund 70 Heimen der Pflege, der Eingliederung sowie Einrichtungen der Tagespflege und des ambulanten Wohnens die Erst- und Zweitimpfungen durchgeführt. „Das war sehr aufwändig.“ In der Folge habe es immer wieder Forderungen nach Nachimpfungen gegeben. „Das haben wir immer abgelehnt“, sagt Hinterseh. „Nach Ostern, als die Hausärzte impften, mussten wir kritisch unseren Ressourceneinsatz hinterfragen.“ Der Einsatz eines mobilen Impfteams sei nur bei größeren Personenzahlen vertretbar. Die Heime seien auf die Hausärzte verwiesen worden. „Denn jeder Heimbewohner hat einen Hausarzt. „

„In der Tat sehr restriktiv“

Auch die Forderung nach Sonder-Impfterminen für Pflegekräfte sei aus organisatorischen Gründen abgelehnt worden, bestätigt Hinterseh. „Da waren wir in der Tat sehr restriktiv.“ Denn es habe viele Anfragen verschiedener Berufsgruppen gegeben. Angesichts der Priorisierung und Impfstoffknappheit „kann ich nicht permanent Sondertermine vergeben“, so die Auffassung des Landrats.