Alle und alles ist startklar für den Impfstart der Landkreisbürger. Doch die übergeordneten Behörden weisen der Region noch immer keinen Impfstoff gegen das Corona-Virus zu. Landrat Hinterseh (CDU) hat das Thema nun an sich gezogen. Chefsache. So will er das nicht stehen lassen. Tatsächlich ist nun ein Auftakt mit ersten Impfungen kommenden Donnerstag so gut wie gesichert.

Sven Hinterseh spricht von „Kommunikationsmängeln“ beim Thema Impfen gegen Corona. Es sei, so der Landrat am Freitag weiter in einem Gespräch mit dem SÜDKURIER, „nicht klar geschildert worden“, dass „anfangs nur geringe Mengen geliefert werden können“. Hinterseh weiter: „Und wir haben im Dezember groß geplant.“

Aufbegehren für die Bürger

Am Freitag, 15. Januar, sollte das Kreisimpfzentrum in der Schwenninger Tennishalle loslegen können. Hinterseh lässt erkennen, dass es bei uns in der Region auch gut und gerne schon nach Weihnachten hätte losgehen können mit den ersten Spritzen mit dem Schutz-Wirkstoff. Stattdessen sei am Donnerstag aus dem baden-württembergischen Sozialministerium die Nachricht im Landratsamt auf dem Villinger Hoptbühl eingetroffen, dass sich der Impfauftakt im Schwarzwald-Baar-Kreis noch einmal um eine Woche verzögere. 22. Januar wurde als neues Datum genannt, „wie für alle anderen Kreisimpfzentren des Landes auch“, fügt Hinterseh hinzu.

Schwarzwald-Baar-Landrat Sven Hinterseh.
Schwarzwald-Baar-Landrat Sven Hinterseh. | Bild: Fröhlich, Jens

Groß geplant heißt für den Fall der Schwenninger Tennishalle im Detail dies: „Wir haben hier eine sechsspurige Impfstraße eingerichtet, eine Art Ablaufstrecke also, auf der es möglich ist, gleichzeitig sechs Personen mit dem Vakzin zu versorgen. 800 Impfungen pro Tag seien so geplant gewesen. Der Landkreis hat aktuell rund 220 000 Bürger. Wie überall lassen sich auch in der Region Schwarzwald-Baar nicht alle Menschen impfen. Die Quote ist derzeit noch unbekannt.

Anruf bei Bärbel Schäfer

Nach der großen Enttäuschung vom vergangenen Donnerstag handelte Sven Hinterseh. Bei Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer sei er „noch am selben Tag telefonisch vorstellig geworden“, schildert er und bemüht sich, sein Drängen möglichst zurückhaltend zu formulieren. Dass die Entwicklungen für ihn „enttäuschend“ sind, das sagt er allerdings auch. Bei Bärbel Schäfer hat Sven Hinterseh offenkundig für die Region etwas herausholen können. Für kommenden Donnerstag, 14. Januar, sei nun eine erste Lieferung in Aussicht gestellt. Ein mobiles Impfteam stehe auch parat. Hinterseh will diese Dosen in Pflegeheimen spritzen lassen. Auch die Pflegehäuser sind in Wartestellung. Heimbewohner und Angehörige haben viele Formblätter zur Einverständniserklärung ausgefüllt, die frage beantwortet, ob ein ärztliches Aufklärungsgespräch gewünscht ist, eigene Allergien angezeigt und vieles mehr. Und dann geschieht erst einmal: Nichts.

Sven Hinterseh und Gesundheitsamtsleiter Jochen Früh haben für Senioren in den Heimen diesen Plan: „Es findet für die Pflegeheime eine Priorisierung statt – wer kommt zu erst dran“, erklärt der Landrat. Jochen Früh habe dazu diese Empfehlung ausgesprochen: Start solle in den Heimen sein, in denen noch keine Coronafälle verzeichnet worden sind“. Sie gälten als noch mehr anfällig, betont Hinterseh im Gegensatz zu Häusern, die bereits Ansteckungen bewältigen mussten. Er erklärt: „Wer schon einmal Corona hatte, der gilt erst einmal als immun.“

Das ist ein mobiles Impfteam

Der Start in den Pflegeheimen soll von den so genannten mobilen Impfteams geleistet werden. Fünf Köpfe stark ist eine solche Gruppe. Hinterseh erklärt: „Ein Arzt und zwei medizinische Fachkräfte, dazu eine Verwaltungskraft und ein Fahrer, der die Verwaltungskraft unterstützen können soll.“ Die Verwaltungskraft, so erläutert der Landrat weiter, solle gewährleisten, dass die medizinisch ausgebildeten Gruppenmitglieder sich nicht mit sonstigen Aufgaben aufhalten müssen. „Datenerfassung vor Ort, Druckerbedienung und Dokumentation macht deshalb eine Person, die wir aus dem Landratsamt stellen“, legt er weiter dar. Die Zielgruppe für die mobilen Teams sieht zunächst so aus: 30 Alten- und Pflegeheime, drei Einrichtungen der Eingliederungshilfe und ein Hospiz mit insgesamt 2516 Heimplätzen gibt es im Landkreis aktuell. Noch ist der Schwarzwald-Baar-Kreis blank, was die Versorgung mit dem Impfstoff anbelangt. Für die speziellen Herausforderungen damit ist aber alles geklärt. Bei minus 70 Grad muss das Vakzin gelagert werden. „Nein“, lacht Sven Hinterseh, „auch im nahe der Tennishalle gelegenen Eisstadion ist es dafür nicht kalt genug. Spezielle Lagerschränke mit den enorm tiefen Temperaturen stellt eine Tuttlinger Firma her. Nach Informationen des SÜDKURIER werden die Impfstoffe im Schwarzwald-Baar-Kreis in einem solchen Schrank gelagert. Wo dieser steht, müsse geheim gehalten werden, sagt Sven Hinterseh. Der Landrat macht aber klar, dass das Impfstofflager „rund um die Uhr von speziell geschulten Kräften bewacht sein wird“. Im Kreisimpfzentrum steht ein weiterer Kühlschrank, in dem die Dosen zwischengelagert werden.

Die Ärmeren nicht vergessen

Sven Hinterseh bleibt am Drücker beim so wichtigen Thema Impfen. Auch er rechne damit, dass „die ersten Monate dieses Jahres noch einmal sehr herausfordernd werden“ sagte er am Freitag angesichts der Lage. Auch deshalb betont er unüberhörbar in Richtung Stuttgart und auch Berlin: „Jede Woche, die verstreicht, ist für uns und die Bürger extrem unbefriedigend.“ Wie viele andere Verantwortungsträger in Deutschland auch, will Hinterseh aber nicht den Stab über den überregionalen Organisatoren brechen. „Ich denke, es steht uns gerade in Deutschland gut zu Gesicht, dass es eine europäische Impfallianz gibt. Wir alle unterstützen damit die kleineren Ländern“, unterstreicht er.

Hinterseh räumt auch ein, dass im Schwarzwald-Baar-Kreis „vielleicht alle etwas zu euphorisch im Dezember an den Start gegangen seien, als es hieß, wir sollen schnell Impfzentren aufbauen“. Der Landrat weiter: „Es war und ist ja eine enorme Errungenschaft, dass so schnell Impfstoffe entwickelt und zugelassen werden konnten.“

Ein Rundgang durch das neue Kreisimpfzentrum gefällig?

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