„Kann ich bitte eine Cola kaufen?“ Sibylle Steinert reicht dem Jungen eine Flasche, kassiert, lässt ihren Blick zufrieden über das Gelände am Spittelbronner Weg schweifen. „Heute ist ordentlich was los.“

Brückentag, bestes Wetter – auf dem Gelände des Internationalen Luftfahrtmuseums in Schwenningen sind an diesem Vormittag viele Besucher unterwegs, darunter eine Schulklasse der Schwenninger Georg-Müller-Schule. An Tischen unter der Tragfläche des Bombers Canberra Orange haben es sich ein paar Schüler im Schatten gemütlich gemacht, andere erkunden den Ausstellungshangar.
An jeder Ecke etwas zu tun
Sibylle Steinert, Tochter des 2017 verstorbenen Gründers Manfred Pflumm, hat alle Hände voll zu tun. Hier ein Getränkewunsch, dort eine Frage zu einem Flugzeug. Gut gelaunt wirbelt sie von einer Ecke in die nächste. Aber: „Auf Dauer wird es uns einfach zu viel.“
Uns, das sind Sibylle Steinert und ihre Mutter Margot Pflumm. Seit dem Tod des Museumsgründers Manfred Pflumm im Dezember 2017 managen Mutter und Tochter das ganzjährig geöffnete Museum zu zweit. Jetzt wird es auf einem Immobilienportal angeboten. 10.559 Quadratmeter Nutzfläche, 2259 Quadratmeter Hauptfläche. „Objektart: Spezialobjekt“ steht dabei.

Es gebe schon ein paar Interessenten, einen Käufer aber noch nicht. „Das ist aber auch nicht schlimm, denn wir verkaufen ja nicht aus der Not heraus“, sagt Sibylle Steinert. Einen Wunsch haben sie und ihre Mutter allerdings: Sie würden sich freuen, wenn das Museum als solches mit frischen Ideen bestehen bleiben kann.
Vereinsgründung geplant
Jetzt sei aber der Zeitpunkt gekommen, um die Weichen für die Zukunft zu stellen, da sei man sich in der Familie – Sibylle Steinert hat noch zwei Geschwister – einig. Womöglich gründet sich in nächster Zeit ein Verein, bestehend aus Flugzeug-Enthusiasten, die sich bei der Restaurierung der Flugzeuge einbringen. „Nach 37 Jahren stehen natürlich Arbeiten an“, sagt Sibylle Steinert. Sie packt mit an, wo sie kann – aber alles geht eben nicht.

Ihre Mutter Margot wird im November 90 Jahre alt. Sibylle Steinert wünscht sich gegen Ende ihres eigenen Berufslebens auch ein bisschen mehr Freizeit, möchte öfters ihre Tochter in Freiburg besuchen. Bislang investiert sie ihre freie Zeit zu einem guten Teil ins Museum.
Verkauf als Gesamtpaket
Verkauft werden soll das Museum als Gesamtpaket: Direkt neben dem Museum am Schwenninger Flugplatz befindet sich das Wohnhaus von Margot Pflumm, an das Sibylle Steinert nach dem Tod ihres Mannes Roland angebaut hat. Die beiden Bungalows stehen daher ebenso zum Verkauf wie das Museum.

Nach fast vier Jahrzehnten keine leichte Entscheidung für die Familie. Mit der Eröffnung des Museums 1988 waren die Pflumms nach mehreren Jahren in Stuttgart und in der Pfalz zurück in die Heimat gekehrt. Margot Pflumm, in Königsberg geboren, kam als Zehnjährige nach Schramberg, ihr Mann stammte aus Dunningen.
Erfüllung eines Lebenstraums
Schon in der Pfalz hatte Manfred Pflumm, gelernter Raumausstatter, Hobby-Segelflieger und leidenschaftlicher Modellbauer, sich seinen Traum erfüllt und sich als Flugzeugbauer selbstständig gemacht. Zahllose Luftfahrzeuge baute er detailgetreu für Museen, aber auch für Film- und Fernsehproduktionen nach. Außerdem restaurierte er zahlreiche Flugzeuge.

Margot Pflumm betrieb in der Pfalz mit der Bauerntruhe ein eigenes kleines Geschäft, in dem sie – zum Teil selbst gebaute – Bauernmöbel und Dekorationsartikel verkaufte. Von der Idee ihres Mannes, ein Flugzeugmuseum zu eröffnen, ließ sie sich dennoch schnell begeistern.
Mit 15 Flugzeugen fing es an
Mehrere Gelände in ganz Deutschland wurden ihnen angeboten, die Wahl fiel schließlich auf die Fläche neben dem Schwenninger Flugplatz, wo die Pflumms mit 15 Flugzeugen anfingen. Heute sind 40 Flugzeuge zu sehen – zu besten Zeiten waren es 70 – die sich auf den Museumshangar und das Ausstellungsgelände verteilen.

Viele geschichtsträchtige Stücke sind dabei: Die knallblaue russische Antonov AN2 etwa, der größte einmotorige Doppeldecker der Welt mit 18 Meter Spannweite oder der deutsche Dreidecker Fokker DR1.
Viele Feste und Events
Durch Manfred Pflumms vielfältige Kontakte in der Fliegerszene war auf dem Museumsgelände von Beginn an immer viel los – Feste, Oldtimertreffen, fanden hier statt, Geburtstage und Firmenevents.

„Mein Vater hatte viele Freunde mit Oldtimerflugzeugen, die am Wochenende oft hierherkamen“, erinnert sich Sibylle Steinert. Sehr zur Freude der Besucher, die mit etwas Glück sogar noch Start oder Landung des Oldies beobachten konnten.

Durch die direkte Nachbarschaft zum Schwenninger Flugplatz gibt es ohnehin immer viel Rahmenprogramm durch Flugbetrieb und Fallschirmspringer.
Flugzeuge, zum Greifen nah
Auch den Viertklässlern der Georg-Müller-Schule hat der Morgen im Museum gut gefallen, sagt Lehrerin Elvira Hartfeld. So nah komme man echten Flugzeugen schließlich nicht so leicht. Außer eben im Spittelbronner Weg in Schwenningen.