Ein 50-Jähriger hat einen Mann in Villingen-Schwenningen mit zwei Messerschnitten in den Hals beinahe getötet. Jetzt wurde er vor dem Landgericht Konstanz zu sechs Jahren Haft wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Angeklagt war er unter anderem wegen versuchten Mordes.

Es war viel Alkohol im Spiel

Im März dieses Jahres saßen drei Männer in einer Wohnung in Villingen-Schwenningen zusammen. Sie trafen sich, um Alkohol zu trinken und TV zu schauen. Alle drei Männer waren betrunken. Der Angeklagte hatte 2,3 Promille. Plötzlich stach der 50-Jährige zweimal auf einen 39-Jährigen ein und verletzte ihn schwer am Hals. Dieser musste im Schwarzwald-Baar-Klinikum operiert werden. Ein 51-Jähriger wurde durch das Messer leicht verletzt. Das Motiv habe die Kammer nicht klären können, stellte die Vorsitzende Richterin Sabine Jann fest.

Opfer sei arg- und wehrlos gewesen

Sie sagte bei der Verkündung des Urteils: Das schwer verletzte Opfer sei zwar arg- und wehrlos gewesen, es gebe aber erhebliche Zweifel daran, ob der Messerstecher dies ausgenutzt habe. Damit sei fraglich, ob Heimtücke vorliege, eines der Zeichen wegen denen jemand wegen versuchten Mordes verurteilt werden kann.

Sie betonte aber auch, dass die Kammer keinen minder schweren Fall annimmt. Es sei „pures Glück“ gewesen, dass die Halsschlagader nicht verletzt wurde. „Die Tat war nahe an der Vollendung“, also der Tötung des Mannes.

Der Angeklagte im blauen Hemd wird in den Gerichtssaal geführt. Er trägt eine Papiertüte mit sich.
Der Angeklagte im blauen Hemd wird in den Gerichtssaal geführt. Er trägt eine Papiertüte mit sich. | Bild: Rindt Claudia

Die Narben bleiben

Durch die Attacke sei beim Geschädigten unter anderem ein Muskel so schwer verletzt worden, dass dieser noch heute seinen Arm nicht vollständig anheben könne. Dauerhaft blieben die Narben am Hals. Durch die Alkoholisierung sei nicht ausgeschlossen, dass beim Täter eine Verwechslung vorlag, als er den 39-Jährigen mit dem Messer attackierte.

Hat der Täter das Opfer verwechselt?

Denn der Messerstecher hatte etwa eine halbe Stunde vor der Bluttat mit dem 51-Jährigen in der Runde eine Auseinandersetzung. In dem Streit ging es um die Lautstärke beim Sprechen und eine mögliche Beleidigung der Mutter der 51-Jährigen. Dieser hatte dem Angeklagten jedenfalls ein Mittelding aus Faustschlag und Ohrfeige verpasst.

Doch wenig später saßen die drei Männer wieder zusammen. Bis der Angeklagte aufstand, und dem 39-Jährigen die beiden Messerschnitte verpasste, wobei der zweite nur um einen halben Zentimeter die Halsschlagader verfehlte.

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Bei diesem zweiten Schnitt sei ein bedingter Tötungsvorsatz anzunehmen, dass der 50-Jährige also den Tod des Opfers in Kauf nahm, stellte die Vorsitzende Richterin Jann fest. Darauf weise auch die Frage gegenüber der Polizei hin. Der Angeklagte habe nämlich wissen wollen, ob sein Opfer noch lebe. Er habe erleichtert reagiert, als er vom Überleben hörte. Dies wertete die Kammer zu Gunsten des Beschuldigten.

Angeklagte hatte Notwehr geltend gemacht

Der Angeklagte selbst, nach eigenen Angaben ein früherer Angehöriger der russischen Miliz, hatte Notwehr geltend gemacht. Er sagte: Der 39-Jährige habe ihn angegriffen. Er habe sich zunächst nicht gewehrt, weil dies gegen ihn hätte ausgelegt werden können.

Als er aber sein Leben bedroht sah, habe er kontrolliert das Messer eingesetzt. Er habe es so gehalten, dass keine schwerwiegende Verletzung entstehen könne. An den zweiten Stich könne er sich nicht mehr erinnern.

Angaben lassen sich nicht durch Spuren belegen

Die Vorsitzende Richterin sagte dazu: Es sei völlig unplausibel, dass sich der 50-Jährige nicht gegen die Schläge gewehrt habe, gerade, wenn er wegen einer vorhergehenden Verletzung Angst um seinen Kopf hatte.

Zudem deckten sich seine Angaben nicht mit den Spuren, die in der Tatwohnung sicher gestellten wurden, und auch nicht mit den Aussagen der beiden anderen Männer, mit denen er sich getroffen hatte. Diese hätten nicht die Möglichkeit gehabt, sich abzusprechen. Zudem seien Schnitte mit dem Messer nicht kontrollierbar.

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Auch ein hinzu gezogener Sachverständiger hatte gesagt, sobald sich das Opfer bewege, sei, selbst beim Versuch, die Klinge durch einen entsprechenden Handgriff klein zu halten, ein tiefer Schnitt nicht ausgeschlossen. Auch die fünf Vorstrafen des Angeklagten seit 2013, allesamt Geldstrafen, wegen Sachbeschädigung, Bedrohung, Beleidigung und Hantierens mit einer Schreckschusspistole, fielen zu seinen Ungunsten ins Gewicht.

50-Jähriger besitzt verschiedene Messer

Bei der Tat hatte der 50-Jährige drei Messer bei sich: eines, das er auf dem Flohmarkt erworben hatte, ein Rasiermesser und eines an einem Halfter an der Hüfte, mit dem er zustach.

Bei der Durchsuchung seiner Wohnung durch die Polizei wurden weitere Messer, unter anderem ein Butterflymesser und Springmesser, eine Schreckschusswaffe und eine Softair-Pistole in Form eines Maschinengewehrs sicher gestellt. Der Angeklagte verzichtete nach Rücksprache mit dem Anwalt, auf die Rückgabe. Dies wurde zu seinen Gunsten berücksichtigt.

Keine Unterbringung und keine Therapie verfügt

Die Kammer verfügte keine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und damit auch keine Therapie. Denn es gebe keine Anhaltspunkte für einen erfolgreichen Verlauf, sagte die Vorsitzende Richterin Jann. Der Angeklagte habe keinerlei Motivation zu einer Therapie gezeigt. „Er sieht an sich kein Alkoholproblem.“

Dabei sei klar, dass der 50-Jährige Alkohol und Cannabis missbrauche, und wahrscheinlich auch von den Stoffen abhängig sei. Auch habe er die Tat unter den Einfluss von Alkohol und Cannabis begangen. Gegen die Entscheidung kann der Mann Revision einlegen.