Sie sollen junge Frauen zur Zwangsprostitution gezwungen haben: Nicht nur in Villingen-Schwenningen, sondern im ganzen süddeutschen Raum und in der angrenzenden Schweiz. Demnächst müssen sich vier Angeklagte, darunter eine Frau, wegen dieser Vorwürfe vor dem Schöffengericht Villingen-Schwenningen verantworten.

Den Angeklagten wirft die Staatsanwaltschaft Konstanz unter anderem gewerbsmäßige und bandenmäßige Zwangsprostitution und Menschenhandel, ausbeuterische Zuhälterei, Besitz und Abgabe von Betäubungsmitteln sowie einen Verstoß gegen das Waffengesetz vor. Dies teilte der Leitende Oberstaatsanwalt Johannes-Georg Roth auf Nachfrage mit.

Spezialkräfte stürmen mehrere Wohnungen

Dingfest gemacht wurde die mutmaßliche Bande bereits im Mai vergangenen Jahres. Damals stürmten Spezialkräfte der Polizei mehrere Wohnungen, unter anderem in der Rottweiler Straße in Schwenningen. Auch in Blumberg und im Raum Tuttlingen wurden Wohnungen und Gebäude durchsucht.

Vorausgegangen waren umfangreiche Ermittlungen der Kriminalpolizei in Rottweil. Diese geht davon aus, dass die sehr jungen Frauen von der vierköpfigen Gruppe gezielt der „Prostitution zugeführt“ worden seien. Zum einen mit der „Loverboy-Methode“, mit der den Opfern zunächst eine Liebesbeziehung vorgespielt wird, später dann auch mit Drohungen und Gewalt.

Straftaten zwischen Stuttgart und Zürich

Die Taten, die Gegenstand der Anklage sind, sollen nach Aussage der Staatsanwaltschaft unter anderem in Villingen-Schwenningen, Triberg, Vöhrenbach, Konstanz, Radolfzell, Stuttgart und Freiburg, aber auch nahen Schweiz in Kreuzlingen, im Raum St. Gallen und im Bereich Zürich begangen worden sein. „Es handelt sich um sechs Geschädigte, die aus Baden-Württemberg stammen“, erklärte Oberstaatsanwalt Roth.

Die Angeklagten kommen aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis. Sie sind laut Staatsanwaltschaft um deutsche und türkische Staatsangehörige. Es soll sich um drei Männer im Alter von 26, 27 und 28 Jahren sowie eine 50-jährige Frau handeln.

Die Staatsanwaltschaft Konstanz schließt eine Querverbindung der vier Angeklagten zum Culum-Clan des Rotlichtkönigs Boki alias Armin Culum nicht aus. Dieser hatte vor rund 25 Jahren seinen Aufstieg im Rotlichtmilieu in Villingen-Schwenningen gestartet und die rockerähnliche kriminelle und inzwischen verbotene Vereinigung der „United Tribuns“ aufgebaut. Er wurde nach Mitteilung der Behörden am 9. Oktober in seiner Heimat Bosnien-Herzegowina, wohin er vor 15 Jahren vor den Strafverfolgern geflohen war, gemeinsam mit einem Sohn Alen Culum festgenommen und soll mittlerweile der örtlichen Strafverfolgungsbehörde überstellt worden sein.

War auch der Culum-Clan beteiligt?

Eine der geschädigten Frauen in dem bevorstehenden Prozess vor dem Schöffengericht Villingen-Schwenningen soll von Alen Culum der Prostitution zugeführt worden sein soll. So jedenfalls lautet der Vorwurf der Anklage. Oberstaatsanwalt Johannes-Georg Roth weist aber ausdrücklich darauf hin, „dass bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung für alle Angeklagten die Unschuldsvermutung gilt.“

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Verhandlung findet in Freiburg statt

Das Strafverfahren gegen die vier Angeklagte wurde auf Mittwoch, 20. November, terminiert. Der Prozess vor dem Schöffengericht unter Vorsitz von Amtsrichter Christian Bäumler findet allerdings nicht im Gebäude des Amtsgerichts in Villingen statt. Die Verhandlung wurde nach Freiburg verlegt.

Ein Saal für die großen Prozesse

Dies ist laut Staatsanwaltschaft dem Umstand geschuldet, dass vier Angeklagte und deren Verteidiger im Villinger Gerichtssaal keinen ausreichenden Platz finden würden und der größere Sitzungssaal beim Landgericht Konstanz am Termintag durch das Landgericht selbst belegt ist. Wie Oberstaatsanwalt Roth ausführte, wurde der neue Sitzungssaal im Landgericht Freiburg eigens für solche größeren Prozesse als „zentrale Einrichtung“ geschaffen. Der neue Saal bietet Platz für rund 200 Personen.