Das Schicksal der Villinger Rentnerin Birgit Reuner hat viele SÜDKURIER-Leser bewegt: Weil ihr Mietvertrag gekündigt worden war und sie in ihrer Heimatstadt keine günstige neue Wohnung finden konnte, ist die 68-Jährige mit ihrem Dackel Max nach Portugal ausgewandert.

Dort ist sie für die erste Zeit in der Nähe von Ponte de Lima bei der aus Überlingen stammenden Familie Löhle untergekommen. Der Kontakt kam durch die Berichterstattung im SÜDKURIER zustande. Doch ganz so einfach wie gedacht ist das neue Leben im Süden für die Villingerin dann doch nicht – wie sie in ihrem jüngsten Beitrag schreibt:

„Portugal – das war für mich immer der Traum meiner Jugend. Vor mehr als 40 Jahren war ich das letzte Mal dort. Ich konnte nicht wissen, was sich in dieser Zeit alles verändert hat.

Ein wirklich ganz besonderer Platz

Vom Haus der Familie Löhle aus genieße ich jeden Tag von Neuem den unglaublichen Blick ins Tal. Es ist wirklich ein ganz besonderer Platz, den sich die Familie hier ausgesucht hat. Ich war überwältigt, wie herzlich ich aufgenommen wurde.

Üppige Zitronenbäume faszinieren Auswanderin Birgit Reuner aus Villingen.
Üppige Zitronenbäume faszinieren Auswanderin Birgit Reuner aus Villingen. | Bild: Birgit Reuner

Hier gibt es wirklich fast alles, was einem glücklich macht: Orangen-, Mandarinen-, Zitronen- und Kakibäume. Rosmarin, Thymian, Majoran und viele andere Kräuter in voller Pracht und viel größere Pflanzen, als ich es aus Villingen gewohnt bin. Dazu Kakteen und Unmengen von blühenden Blumen – und das mitten in der kalten Jahreszeit.

Hier ist alles ein bisschen größer – auch diese gigantische Zitrone, die Birgit Reuner selbst geerntet hat.
Hier ist alles ein bisschen größer – auch diese gigantische Zitrone, die Birgit Reuner selbst geerntet hat. | Bild: Birgit Reuner

Die Straßen allerdings sind hier in Portugal ein nicht endendes Abenteuer. Auch Straßen, die von Google Maps als ganz normal befahrbare Strecken ausgewiesen sind, erweisen sich am Ende als völlig unpassierbar. Große Felsen mitten auf der ungeteerten Fahrbahn oder tiefe Rinnen, bei denen selbst ein Traktor Schwierigkeiten hätte, sind hier fast schon normal.

Von Google Maps ist diese Strecke als fahrbare Straße gekennzeichnet – und so sieht die holprige Wirklichkeit aus. Zumindest Dackel Max ...
Von Google Maps ist diese Strecke als fahrbare Straße gekennzeichnet – und so sieht die holprige Wirklichkeit aus. Zumindest Dackel Max stört dies aber wenig. | Bild: Birgit Reuner

Ich wollte mit Max einmal woanders Gassi gehen, fuhr los, verließ mich auf Google – und befand mich auf einmal mitten im Wald. Rechts war ein Abhang und links nur Felsen. Ich kam nicht mehr weiter und fuhr schließlich den schmalen, steilen Weg im Schritttempo rückwärts wieder herab.

Mehrfach musste ich dabei aussteigen, um mich zu orientieren, wo die nächsten großen Steine liegen, um die ich herumfahren musste. Die Ölwanne an meinem Auto wollte ich schließlich nicht beschädigen. Ich war schweißgebadet, als ich es endlich geschafft hatte.

Auch im Nachbardorf gibt es mitten im Ort eine kleine Straße, die steil nach unten führt. Natürlich hat auch sie viele Kurven – und plötzlich wird sie so eng, dass man trotz eingeklappter Seitenspiegel nicht mehr weiter kommt.

Auch da muss man dann im Schritttempo langsam den Berg rückwärts wieder hinauffahren. Umdrehen kann man nämlich leider nirgendwo.

Das neue Credo: Erst schauen, dann weiterfahren

Aus all den Erlebnissen habe ich auf jeden Fall eines gelernt: Jetzt halte ich bei Straßen, die ich nicht kenne, auch öfter mal an und laufe um eine Kurve herum, um nachzuschauen, ob es überhaupt weitergeht.

Der wunderschöne Ausblick aus ihrem neuen Zuhause erfreut die Rentnerin jeden Tag aufs Neue.
Der wunderschöne Ausblick aus ihrem neuen Zuhause erfreut die Rentnerin jeden Tag aufs Neue. | Bild: Birgit Reuner

Die nächste Überraschung stand mir dann im portugiesischen Supermarkt bevor. Eine Flasche Wein bekommt man dort schon für 1,45 Euro. Ein Päckchen Schnittkäse dagegen kostet zwischen fünf und sieben Euro.

Fleischwurst oder Wienerle? Fehlanzeige

Es gibt verschiedene Sorten Wurst zu kaufen – wobei die, die einigermaßen günstig wäre, irgendwie für mich ungenießbar ist. Schinken und Salami sind das Einzige, was ich als geschmacklich gut empfinde. Aber den Appetit auf Fleischwurst oder Wienerle muss ich mir hier wohl abgewöhnen.

Hundefutter gibt es leider auch keines, das Max mag. Deshalb habe ich meine Tochter in Bayern gebeten, mir aus Deutschland Futter mit der Post zu schicken. Das hat auch wunderbar geklappt: Das Paket war zwei Wochen unterwegs und kam unbeschädigt an. Das Porto ist natürlich ein Kostenfaktor, den ich in Zukunft mit einberechnen muss.

Reife Orangen überall: Birgit Reuner ist begeistert von der Vegetation in Portugal.
Reife Orangen überall: Birgit Reuner ist begeistert von der Vegetation in Portugal. | Bild: Birgit Reuner

Das Benzin kostet hier genau so viel wie in Deutschland. Max musste ich zudem sofort gegen Leishmaniose impfen lassen. In Portugal gibt es das Risiko, an dieser Infektionskrankheit zu erkranken. Für die Spritze war ich jedoch schon wieder 100 Euro los.

Wenn ich hier die erste Zeit nicht bei Hildegard und Frank Löhle wohnen könnte, wäre ich bald an meine finanziellen Grenzen gekommen.

Die komplizierte Suche nach einem Zuhause

Inzwischen bin ich aber auch schon fleißig auf der Suche nach einer eigenen Wohnung. Das hatte ich mir eigentlich nicht kompliziert vorgestellt. Es ist jedoch leider wesentlich schwieriger, als ich es anfangs gedacht hatte.

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Die meisten Wohnungen in der Nähe des Atlantiks werden nur auf Zeit vermietet, beispielsweise von Oktober bis Mai. Danach muss man sehen, wo man bleibt. Denn wenn die Tourismussaison beginnt, können die Wohnungen für den vierfachen Preis vermietet werden. Als ich das mitbekam, habe ich mir ernsthaft überlegt, ob der Schritt nach Portugal richtig war.

Jetzt sind gute Kontakte wichtig

Jetzt habe ich meine Suche auf Wohnungen im Hinterland ausgedehnt. Aber auch das ist nicht ganz so einfach. Das funktioniert hier nämlich irgendwie nur über gute Kontakte.

Ich gebe aber nicht auf. Was mir bei der Suche noch so alles passiert, werde ich das nächste Mal berichten. Dann habe ich hoffentlich auch gute Nachrichten und endlich eine eigene Wohnung gefunden.“

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