Über 35 000 Unterschriften aus ganz Deutschland zeichnen auf der Plattform openPetition bereits gegen die Pläne der Bundeswehr, einen Übungsplatz unweit der Nachsorgeklinik Tannheim zu bauen. „50 000 Unterschriften sind das Ziel“, so die beiden Klinik-Geschäftsführer Thomas Müller und Roland Wehrle. Mit dieser Zahl möchte man an das Bundesverteidigungsministerium herantreten. Die Nachsorgeklinik Tannheim bittet die Bevölkerung daher in einer Pressemitteilung um Unterstützung bei dem Anliegen, die „Oase der Ruhe, Geborgenheit und Sicherheit“ zu erhalten. Noch bis Ende Januar kann man unter www.openpetition.de die Petition „Kein Übungsplatz der Bundeswehr in der Nähe der Nachsorgeklinik Tannheim“ unterschreiben.
Geplant war eigentlich ein Aktionstag, dieser fällt nun freilich Corona zum Opfer. Dort wollten die Klinik sowie die Bürgermeister und Ortsvorsteher der betroffenen Gemeinden Tannheim, Brigachtal, Wolterdingen, Grüningen und der Stadt Villingen-Schwenningen auf das gemeinsame Anliegen aufmerksam machen. Denn auch auf kommunalpolitischer Ebene stoßen die Planungen der Bundeswehr auf breiten Widerstand. Das Vorhaben wird als unvereinbar mit dem Natur- und Wasserschutz gesehen. Das Gebiet gehört zum Naturschutzgroßprojekt Baar und wird als solches auch seit Jahren mit Bundesmitteln gefördert. Auch als Naherholungsgebiet für die Bürger Tannheims und der umliegenden Ortschaften wäre dieser Landstrich mit einer Bundewehreinrichtung gefährdet.
Vor allem aber würde die Nachsorgeklinik in ihrem Selbstverständnis erschüttert. Schwer kranke Kinder und Jugendliche sowie Familien, die ein Kind verloren haben, sind dort zur Reha. Die umliegende Natur, die Ruhe, der Erholungswert sind dabei wichtige Elemente des Behandlungskonzepts. Anja Keller, Tannheims Ortsvorsteherin findet die Pläne daher unverantwortlich. „Wir sind stolz, dass wir die Klinik hier haben, der Ortschaftsrat steht mit aller Macht gegen den Bundeswehr-Standort und zu 100 Prozent hinter der Klinik.“ Roland Wehrle und Thomas Müller sind sich einig: „Wir, die Mitarbeiter und Patienten in Tannheim haben zwei Weihnachtswünsche: erstens, dass wir Corona bald überwinden und zurück zur Normalität finden und zweitens, dass dieses unsägliche Projekt gestoppt wird. Dafür bitten wir die Bevölkerung um Unterstützung.“
Wer ist der Initiator der Petition?
Rosario Fuca ist zum sechzehnten Mal in Tannheim zur Reha. Die Bundeswehrpläne, in direkter Nachbarschaft einen Übungsplatz zu errichten, „habe ich zuerst für einen Aprilscherz gehalten.“ Schnell war ihm klar, dass er aktiv werden muss. Auf der Bürgerbeteiligungs-Plattform openPetition hat er eine Unterschriftenaktion gestartet. Fuca, von seinen Freunden „Rossi“ genannt, lebt seit seiner Geburt im Stuttgarter Westen, ist leidenschaftlicher VfB-Fan. Hier in Tannheim hat er seine wichtigste Entscheidung gefällt: Die Entscheidung für eine Lungentransplantation, für das Weiterleben. „Zweimal kann ich diesen Winter Geburtstag feiern“, sagt Rossi: 46 Jahre ist er vor kurzem geworden, am 9. Dezember feiert er den achten Jahrestag seiner Transplantation. Rosario Fuca leidet an Mukoviszidose, einer erblichen chronischen Stoffwechselkrankheit. Bei 20 Jahren war die Lebenserwartung bis vor einigen Jahren bei Kindern mit dieser Diagnose. Doch Rossi meint: „Ich hatte wirklich Glück in meinem Leben.“ Dass er vor vielen Jahren nach Tannheim in Reha gekommen ist, bezeichnet er ebenfalls als Glücksfall. „In Tannheim entstehen Freundschaften“, sagt er. Im September hat er ein autobiografisches Buch veröffentlicht, es trägt den Titel „Lieben Leben Tanzen Weinen“. Die Erlöse gehen zu 100 Prozent an die Nachsorgeklinik. „Die Reha in Tannheim tut mir jedes Mal gut“, so der quirlige Stuttgarter. Besonders die Ruhe und die reine Luft sind für ihn als Lungenkranken wichtig. „Tannheim muss das bleiben, was es ausmacht.“
Hier finden Sie die Petition.