Drei Jahre Gefängnis oder eine Bewährungsstrafe: Die Forderungen des Staatsanwalts und des Verteidigers im Prozess um den Schuss auf einen Buspassagier im Kreis Freudenstadt gehen stark auseinander.

Bevor die Parteien jedoch ihre Plädoyers am Montag verlasen, stellte Gutachter Ralf-Michael Schulte seinen Bericht vor. Der angeklagte 68-Jährige war demnach höchstens eingeschränkt schuldfähig, als er aus seiner Pistole in Richtung des Busses schoss.

Tat geschah laut Gutachter nicht im Rausch

Mit dem Schuss verfehlte er den Kopf des Mannes, der gerade versuchte, den festgefahrenen Bus aus der nassen Wiese zu schieben, etwa um zehn Zentimeter. Einen Hinweis darauf, dass die Tat im Rausch geschah, sah der Gutachter nicht, trotz der starken Alkoholisierung des Mannes – etwa 1,5 Promille soll er an dem Dezembertag gehabt haben.

Günstige Sozialprognose – auch ohne Schützenverein

Schulte stellte dem Empfinger eine sehr günstige Sozialprognose, auch wenn dieser sein Freizeitverhalten komplett neu aufstellen müsse. Denn bisher sei er nur in zwei Schützenvereinen und dazugehörigen Dachverbänden aktiv.

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Die Wahrscheinlichkeit, dass er jemals wieder eine Waffe in die Hand nehmen dürfe, geht gegen Null. Aus den Vereinen werde er voraussichtlich wegen der Tat ausgeschlossen werden, da er damit gegen deren Statuten verstoßen habe, so der Gutachter.

Arzt glaubt dem Angeklagten

Der Angeklagte habe eine unterdurchschnittliche Aggressionsbereitschaft, aber an diesem Tag rot gesehen, nachdem mehrere Autos und dann auch noch der Bus in seinen geliebten und gepflegten Rasen gefahren waren, sagte der Arzt. „Ich halte es für glaubwürdig, dass er über das Dach des Busses schießen wollte.“

Passagiere kämpfen mit den Folgen der Tat

Welche Folgen die Tat für manche Beteiligten hatte, wurde am Montag deutlich: Die Mutter, die mit ihrem kleinen Kind im Bus saß, habe einen anderen Kindergarten gesucht. Sie könne nicht mehr durch diese Straße fahren, verlas der Staatsanwalt im Rahmen seines Plädoyers.

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Und der Mann, den die Kugel beinahe traf, sei in eine andere Wohnung gezogen, auch er wolle nicht mehr an dem Haus vorbeikommen.

Staatsanwalt fordert drei Jahre Haft

Für den Staatsanwalt war die Tat ein versuchter Mord, ganz gezielt habe der 68-Jährige auf den Mann hinten am Bus geschossen, den er für den Busfahrer hielt. Als hocherfahrener Sportschütze sei ihm klar gewesen, was er tue, als er den Schuss ganz gezielt abgab, so der Staatsanwalt. Allerdings sei der Mann zuvor nie straffällig geworden. Er forderte daher drei Jahre Haft.

Eine Todesdrohung habe es nicht gegeben, so der Verteidiger

Hätte er töten wollen, hätte er weiter geschossen, das betonte hingegen der Verteidiger in seinem Plädoyer. Schließlich befanden sich weitere Patronen in der Pistole. Die Todesdrohung, von der der Busfahrer sprach, habe es nicht gegeben, keiner habe sie gehört.

„Geben Sie Herrn G. eine Chance!“

Und auch die Schilderung, dass der schmächtige Angeklagte den Busfahrer, einen Ringer, aus dem Bus ziehen wollte, um ihn zu schlagen, sei unglaubwürdig. „Geben Sie Herrn G. eine Chance!“, appellierte dessen Anwalt ans Gericht. „Er hatte einen einzigen schwachen Moment.“

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Das Urteil fällt am Donnerstag

Das letzte Wort gehörte dem Angeklagten: Das nutzte dieser, um sich unter Tränen erneut für die Tat zu entschuldigen. „Es tut mir leid. Es war nie meine Absicht, jemanden zu verletzten oder zu töten. Ich bin froh, dass nichts Schlimmeres passiert ist.“

Am Donnerstag um 10.30 Uhr wird das Urteil verkündet.