„Wir sind voll ausgelastet und führen eine Warteliste von zehn bis 15 Anfragen.“ Da schenken sich David Liehner und Markus Komp nichts. Liehner, 43 Jahre alt, ist Heimleiter für sein Seniorenzentrum mit 33 Bewohnern in Bräunlingen und der 60-jährige Komp ist Geschäftsführer des Fürstlich-Fürstenbergischen Altenheims in Hüfingen, mit 110 Bewohnern eines der größten im Kreis.
Immer mehr vereinsamte Senioren
Verändert habe sich in den vergangenen Jahren einerseits die steigende Nachfrage und andererseits der rasch zunehmende Fachkräftemangel. Zusätzlich belastend sei auch der starke Anstieg von gerontopsychiatrischen Fällen, also Menschen, die im Alter psychische Erkrankungen entwickeln. Häufige Krankheitsbilder sind hier depressive Störungen und Demenzerkrankungen.

„Dazu sind wieder zusätzliche fachliche Kompetenzen erforderlich, um diese Bewohner bestmöglich bis zu ihrem Ende versorgen zu können“, sagt Komp. Derzeit habe man alle Stellen besetzt, wie beide berichten.
Nachwuchsmangel bereitet Sorgen
Allerdings sei die Sorge, um genügend Nachwuchs zu finden, immer größer. In Bräunlingen habe sich nur ein inländischer Bewerber um einen Ausbildungsplatz beworben, hält David Liehner fest. Markus Komp hat aktuell 26 Auszubildende in Kooperation mit den Pflegeschulen in Donaueschingen, Geisingen und Villingen beschäftigt.
Davon seien über 80 Prozent aus anderen Ländern, viele aus Asien. Der Anteil von Personal mit Migrationshintergrund läge in beiden Häusern bei um die 35 bis 40 Prozent. Tendenz steigend.
Ohne Zugewanderte würde es nicht laufen
Das beziehe sich sowohl auf den pflegerischen als auch den hauswirtschaftlichen Bereich. „Ohne diese Mitarbeiter könnten wir die Häuser nicht mehr auf diesem Niveau führen und auch nicht alle Betten belegen“, sind sich beide sicher.
Zugenommen habe auch die Anzahl von Bewohnern im stationären Bereich, die heutzutage mit hohem Pflegebedarf betreut werden müssten, da sie länger im familiären oder ambulanten Bereich versorgt wurden. Das seien Bewohner, die heute mit dem Pflegegrad 4 oder 5 aufgenommen werden, also mehr Betreuung und Pflege benötigten, was sich dann vor allem auf die Betreuungskosten stark auswirke.
Drei bis vier Monate bis zum Tod
Aktuell liege man bei Bewohnern mit Pflegegrad 1 bei Kosten von circa 3700 Euro im Monat, bei Pflegegrad 5 liege man um etwa 5600 Euro Kosten im Monat. Einen anderen Effekt stellt Markus Komp fest: „Dadurch, dass Bewohner erst mit Pflegegrad 4/5 stationär sind, also in einem signifikant schlechteren Allgemeinzustand kommen, verkürze sich die durchschnittliche Verweildauer auf nur noch drei bis vier Monate.“
Die stationären Einrichtungen stehen am Ende des Prozesses der pflegerischen Versorgung im Alter. Davor laufen verschiedene Maßnahmen und Angebote ab, um die alten Menschen so lange wie möglich im häuslichen und vorstationären Umfeld zu betreuen.
Markus Bonserio, Geschäftsführer/Heimleiter des Altenheims St. Michael in Donaueschingen, wollte sich gegenüber dem SÜDKURIER nicht äußern.
Nach Aussage von Heike Frank, Sprecherin des Landratsamtes, habe die Kreisverwaltung schon 2013 eine Demografie-Studie erstellt, die kontinuierlich angepasst werde, um die Herausforderungen mit entsprechenden Maßnahmen zu bewältigen.
Ausgangslage überall anders
Die Ausgangslage und die Bedarfsentwicklung gestalte sich in jeder Kreisgemeinde beziehungsweise in jedem Sozialraum anders. Mit dem Instrument der integrierten und sozialräumlichen Sozialplanung biete die Sozialplanung des Landratsamtes jeder Kreisgemeinde eine individuelle Bedarfsplanung an. Gemeinsam mit allen Akteuren vor Ort und möglichst mit den Bürgerinnen und Bürgern selbst würden der Bedarf und notwendigen Unterstützungsleistungen geplant und umgesetzt.
Mit einem Mix aus stationären, teilstationären und ambulanten Pflegeangeboten, niederschwelligen und ehrenamtlichen Nachbarschaftshilfen, offenen Seniorentreffs von Vereinen, Kirchen und Wohlfahrtsverbänden, Haus- und Fachärzten, Beratungsstellen und kulturellen Angeboten wie Bibliothek, Mehrgenerationenhäuser, Kur- und Gästehäuser sei jeder Sozialraum anders aufgestellt.
So lange wie möglich zu Hause
Das Ziel sei, so lange wie möglich zu Hause zu leben. Die Unterstützung und Beratung der Angehörigen werde zunehmend wichtiger. „Hier leisten die Pflegestützpunkte, für uns ist Donaueschingen zuständig, als erste Anlaufstellen für die Angehörigen eine herausragende Arbeit“, wie David Liehner heraushebt.
Angehörige haben meist viele Fragen
Dort werden die Angehörigen zu allen Fragen der Versorgung beraten. Neben den Informationen zu den Möglichkeiten der Pflege zu Hause, mit Unterstützung durch Sozialstationen oder Tages-Kurzzeitpflege sei besonders die Beratung der Kostenaufteilung /-übernahme das große Thema für die Angehörigen.
„Generell kann aber festgestellt werden, dass eine angemessene und menschenwürdige Begleitung, Versorgung und Pflege älterer Menschen in Zukunft nur dann gelingen kann, wenn neben allen notwendigen professionellen Angeboten auch alle familiären, nachbarschaftlichen und ehrenamtlichen Ressourcen einbezogen werden“, stellt Heike Frank fest. Der Schwarzwald-Baar-Kreis verfügt derzeit 2397 vollstationäre Pflegeplätze, die Kurzzeitpflegeplätze eingerechnet.