Die Polizei sucht weiter mit Hochdruck nach dem seit dem 23. Dezember vermissten Dirk Brünker. Um den 61-Jährigen sorgen sich viele Bürger. Einer von ihnen ist Rene Wellinger. Er fährt am 29. Dezember den vierten Tag Wiesen und Wälder mit seinem Quad ab.
„Ich fahre bei Sonnenaufgang los“, sagt der 31-Jährige. Mit Sonnenuntergang kehre er wieder nach Hause in Überauchen zurück. Seine Frau unterstütze ihn trotz der Feiertage bei seinem Engagement. Er stimmt zu, es sei „wirklich nicht alltäglich, tagelang in dieser Zeit allein aufzubrechen“ und die Umgebung nach dem Verbleib des Verschollenen abzusuchen.
Flink und akribisch bei der Suche
Auf einer überfrorenen Wiese fährt Wellinger mit seinem dunkel lackierten Quad. Von Weitem sieht es aus, als wäre hier ein Mitarbeiter der Gemeinde zum Rasenmähen unterwegs. Es wirkt akribisch, wie der Fahrer agiert: Er umkreist freistehende Büsche, stellt sich auf, steigt auch immer wieder ab, inspiziert Gehölzgruppen.
An einer Böschung fährt er mit seinem Vierrad-Gefährt vorwärts bergauf und lässt sich dann rückwärts zurückrollen. Das Prozedere wiederholt er einige Sekunden später ein paar Meter weiter rechts. Fast wie ein Scanner nimmt er diesen Bereich unter die Lupe. Hier kann nichts unentdeckt bleiben.
Es wirkt unheimlich flink, wie der Mann ein großes Wiesenstück samt Gebüschzonen absucht. Wellinger betont, er habe sich im Vorfeld seiner Fahrten bei den Behörden erkundigt, ob er motorisiert bei der Suche mithelfen kann und abseits der befestigten Wege fahren darf. Nachdem sein Einsatzwille offenbar freudig begrüßt worden war, gab er sprichwörtlich Gas.
Er ist mit der Familie Brünker verwandt und seit ihn die Nachricht vom plötzlichen Verschwinden des langjährigen Villinger Fußballers erreicht hat, war es auch bei ihm, wie bei vielen anderen Menschen auch, aus und vorbei mit der Weihnachtsruhe.
Vorteil dank Heimatkenntnis
Wellinger ist von Beruf Straßenbauer. Das Verkehrsnetz der Region kenne er schon deshalb bestens. Und: „Ich gehe auch immer mit meinem Labrador spazieren Richtung Rietheim und Villingen.“ Seine Kenntnisse kommen ihm nun gerade recht und er versucht, sich in mögliche Bereiche hineinzudenken, wo jemand verschwinden könnte, wenn er, wie offenbar Dirk Brünker, abends von der Färberstraße stadtauswärts nach Hause marschiert.
Als die Polizei am 28. Dezember mit der Hundertschaft den südlichen Villinger Stadtrand durchkämmt, freut sich auch der Überauchener über den geballten Einsatz. Er sagt dazu allerdings auch: „Ich habe da schon überall selbst gesucht, wo ich heute die Polizei sehe.“
Was geht einem Mann durch den Kopf, der mit einem vierrädrigen Motorrad tagelang seit Weihnachten die Heimatregion nach einem ihm bestens bekannten Vermissten absucht? „Eigentlich ist es so, dass ich einfach fokussiert bin. Man schaut jetzt plötzlich ganz anders auf Sträucher oder auch auf den Bach da hinten“, sagt er und deutet Richtung Brigach.
Sein Suchgebiet wird größer
Mittlerweile glaubt er, in Villingen und bei Marbach und Rietheim alle in Frage kommenden Bereiche genaustens inspiziert zu haben. „Deshalb fahre ich jetzt auch Marbach hinten raus Richtung Bad Dürrheim. Ich habe auch den Steinbruch dort untersucht“, erklärt er.
Es ist nach der Frostnacht empfindlich kalt. Zudem weht ein stetiger Winterwind. Wellinger ist einigermaßen geschützt: Er trägt eine Motorradkombi und einen großen Sturzhelm passt. Eine wärmende Zusatzmaßnahme gibt es außerdem: „Ich trage noch einen beheizten Nierengurt.“
Nach dem Interview am Wegesrand zischt er wieder los. Das Automatikgetriebe schaltet fast geräuschlos, als er davonfährt. Die breiten, kleinen Räder haben in den Wiesen keine sichtbaren Spuren hinterlassen. Wellinger schaut, dass er achtsam vorgeht. „Mein Ziel ist einfach wie bei allen anderen, die jetzt suchen: Ich will Dirk Brünker lebendig finden.“
Auch er weiß, dass dies nach fünf Tagen immer ein wenig unwahrscheinlicher wird, so dem Gesuchten etwas zugestoßen ist. Die Hoffnung aufgeben? „Nein, es geht jetzt darum, positiv zu denken.“