Zehn Brandstiftungen: Dafür stehen Nico B. und Thomas W. vor Gericht. Am zweitletzten Tag des Prozesses am Rottweiler Landgericht standen die Plädoyers an. Erwartungsgemäß liegen hier die Forderungen der Staatsanwaltschaft und der beiden Verteidiger ellenweit auseinander.

Diese Strafen fordert die Staatsanwältin

Nach ihrer ausführlichen Begründung plädierte die Staatsanwältin auf sechs Jahre Haft für Nico B. und siebeneinhalb für Thomas W. Sie sah ihn, den älteren der beiden Angeklagten, als Anstifter der Brände, bei denen Heuschober, Holzstapel und ganze Scheunen samt einem Silo in Flammen aufgingen und einen Gesamtschaden von 1,8 Millionen Euro entstand.

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Zunächst aber war in ihren Augen der Auslöser der Taten ein Förster, der die Männer und die Freundin von Thomas W. beim Grillen im Wald erwischte – das war verboten, die Waldbrandgefahr im trockenen Sommer zu groß.

War der Ältere der Anstifter?

Mit Blick auf die labile Psyche von Nico B., der in W. den Freund sah, den er sein ganzes Leben nicht hatte, betonte sie, der Ältere habe den Jüngeren zu den Taten angefeuert. Und sie wies darauf hin, dass ohne das Auto von Thomas W. die Taten nicht begangen werden konnten – mit dem VW Touareg soll das Trio nächtelang ziellos durch die Gegend und eben auch zu den Tatorten gefahren sein.

W. sei zudem nicht glaubwürdig in seinem Geständnis. Er sei nach den Taten traurig gewesen, habe er gesagt, aber dann wieder „lass ihn doch machen“. Nico B. war in den Augen der Staatsanwältin bei den Taten wegen seines Alkoholkonsums möglicherweise nicht steuerungsfähig. Sie plädierte daher dafür, ihn in einer Entziehungsanstalt unterzubringen.

Erster Verteidiger verweist auf persönliche Umstände

Ein Segen sei die Verhaftung seines Mandanten Nico B. am 15. Dezember 2022 gewesen, sagte dessen Verteidiger Bernhard Mußgnug. Und zwar nicht nur für die verängstigen Landwirte, die zu der Zeit schon Nachtwachen hielten, sondern auch für B. selbst. „Er war eigentlich ganz froh und hat gesehen, dass er jetzt eine Perspektive hat.“

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Mußgnug schilderte die Situation: B.s Frau war samt der zweijährigen Tochter nach Karlsruhe gezogen, dann mit neuem Freund zurückgekommen. Die beiden konnten in B.s Schlafzimmer übernachten, er selbst schlief derweil auf dem Sofa. Zudem war klar, dass er seinen Arbeitsplatz verlieren würde.

Fatale Kombination: Toxische Beziehung und Alkohol

Die Beziehung zwischen den beiden Angeklagten sei, wie der psychiatrische Sachverständige es beschrieben hatte, toxisch gewesen, B. selbst voller Verlustängste und schwer alkoholkrank. Auch dass er sofort gestanden habe, sei ihm zugute zu halten.

Einzig bei der letzten Tat, dem Brand einer Lagerhalle in Tuttlingen, habe Nico B. nicht gezündelt, sondern sei im Auto sitzen geblieben. Ahnungslos, dass W. das Gebäude anzündete. Denn bei der Tat davor, dem Brand des Silos in Mühlheim, habe er angesichts des riesigen Brandes beschlossen, nicht mehr zu zündeln.

Sein Mandant habe zur Aufklärung der Taten beigetragen und sei schon dabei, eine Therapie zu machen. Mußgnug plädierte daher auf viereinhalb Jahre Haft für Nico B.

Zweiter Verteidiger sieht im Mandanten keinen Täter

Das sah Carsten Kühn, Verteidiger von Thomas W., erwartungsgemäß völlig anders. W. sei nur der Fahrer gewesen, lediglich ein Gehilfe der Brandstiftungen. „Er hat kein einziges Mal einen Brand gelegt, er ist kein Täter.“

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Thomas W. habe es in seinem Leben schwer gehabt, eine chronische Lungenerkrankung, der Tod der Mutter, eine Lese-Rechenschwäche. Entsprechend stolz sei er auf seinen Job als Busfahrer, den Beruf, den auch sein Vater ausübte.

Freundin bezeichnet ihn als Schisser

Auf der anderen Seite seine 19-jährige Freundin, die bei den Taten dabei war, sich allerdings inzwischen in die Niederlande abgesetzt hat, weswegen sie nicht als Zeugin gehört werden konnte. „Sie sagte von ihm, er sei ein Schisser.“

Kühn wolle kein Strafmaß für seinen Mandanten nennen, war aber der Ansicht, dass das Strafmaß fünfeinhalb Jahre nicht übersteigen dürfe.

Ein Versprechen und ein Schwur

„Es tut mir leid. Und es wird mich bis an mein Lebensende verfolgen“, betonte Nico B. Er werde alles tun, um die Opfer finanziell zu entschädigen. Auch Thomas W. nutzte die Möglichkeit abschließender Worte: „Es tut mir mega, mega leid. Aber ich schwöre auf das Grab meiner Mutter, dass ich nichts angebrannt habe.“