Das dürfte auch für Ingo Zamperoni ein besonderer Abend gewesen sein: Statt in seinem Hamburger Fernsehstudio steht der „Tagesthemen“-Moderator beim Sparkassenforum in der Neuen Tonhalle in Villingen-Schwenningen. Und gibt spannende, unterhaltsame Einblicke in den laufenden Präsidentschaftswahlkampf in den USA.
Die Neugier auf den prominenten Fernsehjournalisten ist auf alle Fälle enorm. Die Tonhalle – immerhin mit 900 Plätzen gestuhlt – reicht nicht aus. Die Sparkasse überträgt die Veranstaltung in ihre Hauptstelle, wo weitere 80 Zuhörer Zamperonis Vortrag lauschen. So viele Menschen und sogar noch ein „Public-Viewing“ – da staunt auch Zamperoni, spricht er sonst doch meist ohne Publikum in zahlreiche Kameras.

Die Frage des Abends: Gewinnt Trump nochmals den Wahlkampf? Ein Thema, das nicht nur die vielen Gäste in der Tonhalle brennend interessiert, sondern auch den Sparkassen-Chef Arendt Gruben, der zu diesem Abend eingeladen hat: „Viele in Deutschland interessieren und fürchten sich vor der US-Wahl und wünschen sich die Message heute Abend: Trumps wird‘s nicht.“
Doch was sagt Zamperoni dazu? Mit viel Humor, Hintergründen und Anekdoten gibt Zamperoni einen Einblick in die US-Politik – Langeweile kommt da nicht auf. Zamperoni weiß, wovon er spricht.
Der Moderator kennt die USA gut
Zamperoni hat einige Zeit in Boston studiert und war später bis 2016 als Korrespondent in Washington für die ARD tätig.
Er selbst ist mit einer US-Amerikanerin verheiratet und erlebt den politischen und gesellschaftlichen Riss in den USA auch in seiner Familie. Er hat darüber bereits Dokumentationen gedreht. „Mir liegt persönlich am Herzen, was da in den USA passiert.“
Für den 50-Jährigen war sein Auftritt auch mit einem persönlichen Anliegen verbunden. Er will die Innenperspektive auf den Wahlkampf für Außenstehende verständlich machen. „Das ist der Sinn meines Wirkens. Dass Menschen verstehen, warum etwas passiert, auch ohne ein Verständnis zu haben“, erklärte Zamperoni.
Zamperoni wird zum Interviewgast
Nach seinem Vortrag über die politisch bewegten Zeiten in den USA wechselte Ingo Zamperoni, der sonst selbst viele Interviews führt, nun auf die andere Seite. Er stellte sich den Fragen von SÜDKURIER-Chefredakteur Stefan Lutz und Sparkassen-Chef Arendt Gruben sowie von Zuhörern.

Auf Lutz‘ Frage, welchen der beiden amerikanischen Präsidentschaftskandidaten der Tagesthemen-Moderator lieber interviewen würde – Biden oder Trump? – zögert Zamperoni nicht lange: „Trump“, lautet die Antwort.
„Ich hatte einmal kurz die Möglichkeit, ihm das Mikrofon hinzuhalten nach einem TV-Duell“, berichtet Zamperoni. Allerdings habe Trump seine Antworten einfach immer wieder wiederholt. Er hätte ihn auch nach dem Wetter fragen können, die Antwort wäre trotzdem gewesen, dass er der Gewinner des TV-Duells sei.
Dennoch sei es eine spannende Herausforderung, Populisten zu interviewen. Dabei befinde sich der Journalismus jedoch oft auch in einem Dilemma, da er den Populisten keinen „Wind in ihr Windrad“ geben wolle, aber auch Themen behandelt werden müssten, die die Menschen bewegten.

Was beim Villinger Publikum richtig gut ankommt: Zamperoni antwortet im Gespräch mit Lutz und Gruben auf eine lockere, unterhaltsame Art, und das sorgt auch für so manchen Lacher.

Ganz der Zahlenmensch, will Gruben wissen, was denn so ein US-Wahlkampf kostet. „Wollen Sie kandidieren?“, fragt Zamperoni und ist sich unsicher, ob das Geld der Sparkasse dazu reicht.
Doch dann fällt ihm die Freude Grubens ein, dass die Sparkasse im vergangenen Jahr doch mehr als 3000 Neukunden gewonnen hat. „Wobei, mit den ganzen Neukunden geht das wahrscheinlich“, witzelt Zamperoni.
Am Ende gibt aber doch noch eine Antwort: So koste ein Wahlkampf umgerechnet wohl rund eine Milliarde Euro insgesamt. Mit Grubens Kandidatur wird‘s allerdings nichts, denn es braucht nicht viel, um US-Präsident zu werden – aber ein Kandidat muss in den USA geboren sein.

Anlass zur Zuversicht
Arendt Gruben spielt zum Schluss noch auf den traditionellen Abschiedssatz von Zamperoni in den „Tagesthemen“ an. Für den Moderator spielt der Satz eine wichtige Rolle in diesen Zeiten. Ebenso wie in der Corona-Pandemie, die auch für viele Journalisten einen Perspektivwechsel darstellte.
Soll heißen: Auch wenn die Herausforderungen groß seien, gebe es Anlass zur Zuversicht. Gibt es also auch Zuversicht, dass Trump nicht noch einmal Präsident wird? Zamperoni gibt keine Wetten ab – obwohl Gruben bekannt für seine Wetten ist. „Es wird vermutlich ein enges Rennen.“ Sorgen und Befürchtungen räumt er an diesem Abend also nicht aus. Aber wie sagt Zamperoni stets? „Bleiben Sie zuversichtlich.“
Bald ein erneuter Besuch in VS
Für Ingo Zamperoni ist es übrigens nicht der erste Besuch in Villingen-Schwenningen. Er erinnert sich noch gut, auch wenn es lange her ist. In seiner Zeit als Student an der Universität Konstanz war der Journalist von einer Freundin aus Schwenningen zu einem Spiel der Schwenninger Wild Wings mitgenommen worden. Er spielte damals Feldhockey und die Freundin, die jetzt ebenfalls zu Gast in der Halle war, wollte ihm einmal „richtiges Hockey“ zeigen.
Auch für einen erneuten Besuch bei den Schwenninger Wild Wings zeigt sich Zamperoni bereit. In seiner Zeit in Hamburg hat der gebürtige Hesse eine Liebe für den Hamburger Sportverein entwickelt, er könne daher den Schmerz eines Abstiegs nachempfinden.
Für OB Jürgen Roth, der unter den Gästen war, eine Steilvorlage, um sich im Nachgang zu überlegen, wie er Zamperoni mit Eishockey-Karten bald wieder nach VS locken könne. Vielleicht sieht man den „Tagesthemen“-Moderator ja bald mal wieder.