Mit voller Wucht trifft eine gefährliche Atemwegserkrankung die Kinderklinik in Villingen-Schwenningen: Das RS-Virus macht Säuglingen und Kleinkindern zu schaffen. Inzwischen ist die Intensivstation mit fünf Kindern voll belegt. In der vergangenen Woche musste der Leiter der Kinderklinik, Matthias Henschen, deswegen drei Kinder nach Tübingen und Freiburg verlegen.
Die Zahl der Patienten „zog noch einmal deutlich an, die Lage hat sich verschärft.“ Sein Dank geht an die Ärzte und vor allem an das Pflegepersonal, das in dieser äußerst angespannten Lage ein „immenses Engagement“ zeigt und Großartiges leiste.
Was wenige Wochen ausmachen: Mitte Oktober grassierte das RS-Virus bereits, wir berichteten darüber. Schon zu dieser Zeit war die Kinderklinik gut voll, nun „ächzen wir aber“, räumt Henschen jetzt in einem Gespräch ein. Die Zahl der kleinen Patienten hat sich inzwischen auf über 20 beinahe verdoppelt, die dafür vorgesehene, eigene Intensivstation im Schwarzwald-Baar-Klinikum ist komplett belegt.
„Hier leisten Ärzte und vor allem das Pflegepersonal Großartiges.“Matthias Henschen, Leiter des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin
Die gespannte Situation trifft die Kinderklinik zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Die kalte Jahreszeit und die damit einhergehende Zunahme an Erkältungskrankheiten macht auch vor dem Personal nicht halt, Ausfälle müssen schnell kompensiert werden.
Die Arbeitsbelastung sei ohnehin hoch, berichtet Henschen. Rund 100 Pflegekräfte arbeiten allein in der Kinderklinik, etwas weniger als 50 Prozent sind im Intensivbereich eingesetzt. Hinzukomme die Station für die Frühchen, von deren zehn intensivmedizinische Plätzen derzeit sieben belegt sind. Das Pflegepersonal kümmere sich die meiste Zeit um die Patienten, betont er. Das verlagere sich erst dann zu den Ärzten, wenn mehr intensivmedizinische Betreuung notwendig ist.

Das respiratorische Syncytial-Virus (RSV), so der Fachausdruck für den Erreger, der die Atemwegserkrankung hervorruft, schlägt dieses Jahr besonders hart zu. Inzwischen gehen Fachleute davon aus, dass einer der Gründe für die oft schweren Verläufe der Lockdown im vergangenen Jahr gewesen war, der dafür sorgte, dass das Immunsystem der Kleinkinder nicht ausreichend trainiert ist.
Oft beginnt es relativ harmlos mit leichtem Husten, dann steigt das Fieber schnell an, schwere Lungenentzündungen sind möglicherweise die Folge. Alle Kinder, die wegen des RS-Virus behandelt würden, kämen von außen, berichtet Henschen. Wenn wie jetzt die Kinderklinik an Kapazitätsgrenzen stoße, was in Henschens 16-jähriger Tätigkeit in Villingen-Schwenningen zum ersten Mal geschehen sei, und kranke Kinder in andere Kliniken verlegt werden, sei dies eine schwere Entscheidung.
Eine wichtige Rolle spiele dabei, welche der kleinen Patienten überhaupt so stabil seien, dass sie transportiert werden können. Für die betroffenen Eltern sei dies immer auch eine schwierige Situation, erläutert der Leiter der Kinderklinik. Zweimal sei die Entscheidung der Ärzte auf Verständnis gestoßen, in einem weiteren Fall sei aber viel Überzeugungsarbeit notwendig gewesen. Für die Eltern stellen die langen Anfahrtswege eine zusätzliche emotionale Belastung dar.
Derzeit bewege sich die Zahl der Atemwegserkrankungen auf einem „hohen Plateau“, erläutert Henschen. Eine Entwarnung könne also nicht gegeben werden. Damit zieht sich die frühe Saison nun ungewöhnlich lange hin. Mit Covid habe diese Erkrankung übrigens „nichts zu tun“.