Wolfgang Toth liebt die Natur. Gerne verbringt er Zeit im Freien. Er hat drei Hunde, die ihn tagtäglich auf Trab halten. Ohne die Hunde wäre Toths tägliche Arbeit allerdings nicht machbar. Zwar ist er bereits im Ruhestand, zu tun gibt es dennoch reichlich. Dafür sorgen seine 67 Schafe, um die er sich gemeinsam mit den Hunden kümmern muss.
Die Schafe befinden sich bei Gutmadingen und rund um den Gnadentalhof bei Neudingen: „Es gibt steile Flächen rund um den Hof, die sind schwierig zu bewirtschaften. Die Schafe sind dafür wunderbare Landschaftspfleger“, sagt Toth. „Die meiste Zeit sind sie dort oben. Ich genieße es dort. Es ist ein Traum-Gelände.“
Früher seien Pferde gehalten worden, hätten einige Trittschäden verursacht, wodurch viel Unkraut gewachsen sei: „Man sieht, wie es durch die Schafe besser wurde. Ich freue mich, solche Flächen aufzuwerten.“
Neben der Freude über die Arbeit mit den Schafen gesellen sich mittlerweile aber auch bange Gefühle. Spätestens, seit ein Wolf bei Geisingen von einer Wildkamera abgelichtet wurde. Die Sorge ist durchaus begründet, wie der Fall eines toten Rehs zeigt.
Dass er auch Toths Tiere angehen könnte, die Furcht besteht: „Die Schafe sind Lebewesen, zu denen ich eine intensive Verbindung habe. Wenn man Lämmer großzieht, dann entsteht die.“
Toth berichtet von einem befreundeten Schäfer bei Rastatt. Dort habe ein Wolf bereits drei bis vier Schafe gerissen: „Das ist ein Drama und besonders für die Kinder, die sich ja meist um die Lämmer kümmern. Das löst Ängste aus.“
Wölfe kommen über die Zäune
Um seine Tiere vor dem Wolf zu schützen, werden Herdenschutz-Zäune propagiert, sagt Toth: „Auf der Baar bekommen Halter dafür auch finanzielle Unterstützung.“ Allerdings gebe es genügend Beweise, dass Wölfe die Zäune überwinden können.
„Empfohlen wird ein Zaun von 1,60 Meter Höhe. Wenn man sich die Wolfsgehege im Zoo anschaut, dann sieht man allerdings höhere und massive Zäune“, so Toth.
Zudem töte der Wolf auf Vorrat, verletze mehrere Tiere schwer: „Die können dann nur noch erlöst werden. Auf den Kosten bleibt der Tierhalter sitzen.“ Ersetzt werde nur der Totalausfall.
Schäfer sind vernetzt
Wolfgang Toth engagiert sich in der sogenannten Aktionsgruppe Wolf. Darin vernetzen sich Schäfer vom Bodensee bis nach Karlsruhe: „Sobald sich wolfstechnisch etwas tut, bekommen wir eine Mitteilung.“
Das sei bei einem toten Kalb bei St. Märgen der Fall gewesen, ebenso wie bei der Meldung um drei tote Kälber aus Furtwangen. Dass Wölfe in Baden-Württemberg gesehen werde, das nehme zu. Offiziell gebe es vier Wölfe im Land.
Wer tötete die Furtwanger Kälber?
Die drei toten Rinderkälber bei Furtwangen wurden mittlerweile von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) Baden-Württemberg untersucht. Laut Behörde könne hier ein Wolf als Verursacher sicher ausgeschlossen werden. Die Gemeinde Furtwangen liegt im Fördergebiet Wolfsprävention Schwarzwald.
Das Land habe mit dem Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband (BLHV) ein Wolf-Management geschaffen und Eckpunkte definiert, „wann es sich um einen Schadwolf handelt.“ Um diesen zu entnehmen, so der Fachausdruck für die Tötung, müsse er erst einen Wolfsschutz überwunden haben.
Werde ein Tier gerissen, werden Wildtierbiologen in Freiburg informiert: „Sie schauen sich das genau an, nehmen Proben, untersuchen.“ Und wie Toth sagt, werde eigentlich immer ein Grund gefunden, warum der Landwirt die Schuld selbst trage: „Da war dann an der Stelle am Zaun was nicht in Ordnung. Wer sucht, der findet.“
Die Risiken werden unterschätzt
In der Gruppe sei auch ein Landwirt vom Feldberg. Dort habe er acht Rinder an den Wolf verloren. „Das ist ein qualvoller Tod“, sagt Toth. Für ihn problematisch: „Wenn der Wolf Schafe auf die Straße jagt, hafte trotzdem ich als Schäfer.“
In Nordrhein-Westfalen sei eine Schafherde auch mal auf den ICE-Gleisen gestanden. „Die Risiken werden hier von der Politik unterschätzt.“ Mehr Maßnahmen gebe es erst, wenn viel passiert sei.
Nimmt die Population zu?
Aber werden es auch wirklich mehr Wölfe im Land? „Derzeit gibt es keine Wolfspaare und keine Rudel in Baden-Württemberg, das heißt, mit Nachwuchs ist aktuell nicht zu rechen“, sagt Friederike Lanfermann von der Pressestelle des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft. Jedoch könne es immer dazu kommen, dass Wölfe aus anderen Regionen nach Baden-Württemberg einwandern.

Aktuell gebe es im Schwarzwald drei sesshafte, sogenannte residente Wolfsrüden: „Schluchsee, Hornisgrinde, Enz“, sagt Lanfermann. Es gebe derzeit keine Wolfspaare und keine Rudel in Baden-Württemberg.
Schutz vor dem Wolf
Und wie können Schäfer ihre Tiere vor dem Wolf schützen? „Damit Wölfe Nutztiere nicht als einfach zu erreichende Beute kennenlernen, ist es unabdingbar, Schutzmaßnahmen frühzeitig und konsequent umzusetzen“, sagt Lanfermann. Erfahrungen aus dem In- und Ausland zeigen laut Pressestelle, dass Nutztierrisse durch die Umsetzung wolfsabweisender Herdenschutzmaßnahmen langfristig und effektiv reduziert werden können.
„Maßnahmen wie Zäune oder Herdenschutzhunde zum Schutz von Weidetieren werden durch das Umweltministerium Baden-Württemberg finanziell gefördert, um Weidetierhaltende zu unterstützen“, so Lanfermann weiter.
Wie sie sagt, zeigen Forschungsergebnisse, dass Wölfe in der Regel ungern Hindernisse durch Überspringen überwinden. „In den allermeisten Fällen versuchen Wölfe, unter Hindernisse durchzuschlüpfen oder diese zu untergraben. Wolfsabweisende Zäune zielen daher vor allem auf einen durchgehenden Bodenabschluss hin, um so das Eindringen von Wölfen zu verhindern.“
Überspringen kann gelernt werden
Die Erfahrungen zeigen aber auch, dass einzelnen Wölfe das Überspringen oder Überklettern von Zäunen lernen können. „Gerade bei nicht elektrifizierten Zäunen kann auch eine Höhe von 1,60 Meter überklettert werden. Das Überspringen von diesen Höhen ist uns bisher nicht bekannt“, sagt Lanfermann.
Für Toth führt indes kein Weg daran vorbei, die Population der Wölfe zu begrenzen: „Es ist jetzt schon ein Thema. Ich habe die Befürchtung, dass es das noch mehr werden wird.“ Bei auffälligen Wölfen müsse zügig gehandelt werden
„Der Schutzstatus des Wolfes muss heruntergesetzt werden. Das muss passieren.“ Toth kennt einen Schäfer, der seine Tiere auch bei Geisingen weiden lässt: „Er hat den Wolf schon bei der Herde umherstreifen sehen“, sagt Toth.