Wenn Jennifer Birneis nach der Arbeit eine heiße Dusche nehmen will, dann braucht das etwas Zeit. Sie geht dann ins Bad, dort hat sie einen Wasserkocher und eine Schüssel stehen. Mit dem Kocher macht sie dann etwas Wasser heiß und füllt die Schüssel. Dann setzt sie sich in die Badewanne und übergießt sich mit dem warmen Wasser.

Anders war das für ganze elf Tage nicht möglich. Seit Januar leben Birneis, ihr Lebensgefährte und die elfjährige Tochter in der Breslauer Straße 44. Im September war es bereits das zweite Mal, dass für das Haus die Gasversorgung abgedreht wurde. Das bedeutet: Keine Heizung – und kein heißes Wasser.
Aber woran liegt das? Die Gasversorgung wird abgedreht, wenn die Miete nicht bezahlt wird. Das hat Birneis allerdings getan. Und vor allem: Das komplette Haus hat kein Gas, seit dem 9. September.
Die Rechnungen wurden nicht bezahlt
Ein Schrieb vom Zweckverband Gasfernversorgung Baar (ZVB) bringt etwas Licht ins Dunkel. Er geht an die Hausverwaltung, die ihren Sitz in Berlin hat. Im Schreiben nehme man Bezug auf „diverse Mahnungen, E-Mails und Telefonate, bzw. Anrufversuche.“ Es scheint ein hoher Zahlungsrückstand zu bestehen, im vierstelligen Bereich. Im Schreiben steht auch: „Die Mieter des Wohnobjekts wurden ebenfalls über die bevorstehende Sperrung informiert.“ Wie es scheint, wurden die Rechnungen von der Hausverwaltung nicht bezahlt.

Für Birneis ist die Situation mehr als ungewöhnlich. Zumal sie sowas in diesem Jahr schon einmal erlebt hat, das war im Frühjahr: „Beim ersten Mal haben wir uns noch gewundert.“ Eine ältere Dame aus dem Haus wundert hingegen nichts mehr. Sie möchte aus Angst vor der Hausverwaltung nicht genannt werden. Wie sie sagt, habe es auch 2023 für drei Wochen keine Heizung gegeben: „Das war ein Schock für uns. Wir haben hier Leute mit Kindern, kranke Leute. Bei 32 Wohnungen wurde das Gas abgestellt.“ Seit rund zwei Jahren gebe es von der Verwaltung auch keine Nebenkostenabrechnung mehr. Beim Kontakt mit der Vermieterin werde gedroht, man kündige die Wohnung. Alle Leute in der Anlage seien verärgert.
Der Anwalt weiß auch schon Bescheid
Verärgert ist auch Jennifer Birneis. Sie ist mittlerweile wegen der Sache zu einem Anwalt: „Als ich dort sagte, worum es geht, da wusste er schon Bescheid und kannte das Haus.“ Um die Hausverwaltung zu erreichen, musste Birneis erst kräftig recherchieren. Der Name des Unternehmens ist zwar bekannt, über eine Nummer ist jedoch nie jemand zu erreichen. Über Umwege erhält sie schließlich eine Handynummer: „Wir hören da immer, dass man dran sei, etwas zu machen – und trotzdem geht nichts“, sagt Birneis.
„Ich arbeite in der mobilen Pflege und wurde dort schon von Leuten gefragt, ob ich nicht duschen möchte. Man zahlt und versucht ein ruhiger Mieter zu sein. Ich weiß nicht weiter, es kommen immer wieder Ausreden.“ Besonders für Kinder sei die Situation unmöglich: „Nach der Arbeit ist das unzumutbar. Ich war auch schon im Fitnessstudio, um zu duschen.“
Das sagt der Gasversorger dazu
Über Zahlungen zu einem Kundenkonto kann die ZVB keine Auskünfte geben, sagt deren Pressesprecher Oliver Bauer. Was er allerdings sagen kann: „Im Netzgebiet des ZVB und auch der Stadtwerke Villingen-Schwenningen (SVS) gibt es mehrere Mahnstufen, sollte ein Kunde im Rückstand mit seinen Abschlägen sein.“

Man habe vor einigen Jahren als letzte Instanz ein sogenanntes Mahntelefon eingeführt. „Hier nehmen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den jeweiligen Kunden persönlich Kontakt auf und versuchen eine Lösung zu finden. Scheitert auch dieser Versuch, sind wir leider gezwungen, die Energielieferung einzustellen und zu sperren. Sobald die ausstehenden Beträge bei uns eingegangen sind, wird natürlich umgehend wieder entsperrt. Durch die Einführung unseres Mahntelefons konnte die Anzahl der Sperrungen um rund 50 Prozent gesenkt werden“, erklärt Bauer.
Jeder Kunde habe einen Abschlagsplan – pro Monat ist ein gewisser Betrag fällig. Insgesamt seien elf Abschläge pro Jahr für den Kunden zu entrichten. Am Jahresende gebe es die Jahresverbrauchsabrechnung. „Gezahlte Abschläge und die tatsächlichen Energiekosten werden hier miteinander verrechnet“, so Bauer weiter. Somit könne eine einmalige Nachzahlung fällig sein, oder man erstatte dem Kunden ein eventuelles Guthaben.
„Werden Abschläge nicht rechtzeitig bezahlt, startet das Mahnverfahren. Bis wir sperren, hat der Kunde also immer ausreichend Zeit, die Zahlungen zu leisten. Im konkret angefragten Fall sind wir als ZVB im Austausch mit allen Parteien und sind um eine Lösung bemüht“, so der Pressesprecher.
Was können Mieter hier unternehmen?
Aber was lässt sich für die Mieter im Haus überhaupt unternehmen, bleibt die Heizung über einen längeren Zeitraum aus? „Da kann man natürlich eine Mängel-Anzeige machen“, sagt Birgitta Schäfer, Fachanwältin für Mietrecht und im Deutschen Mieterbund aktiv: „Es ist wichtig, dass der Mangel schriftlich angezeigt wird. Man sollte sich nicht darauf verlassen, dass man ja mit dem Vermieter gesprochen habe“, erklärt Schäfer.

Sie empfiehlt, das per Einschreiben an den Vermieter zu schicken, „und den Mangel schriftlich darstellen, bis wann er beseitigt sein soll – und dass eine Mietminderung erfolgen wird.“ Die Frist dafür orientiere sich immer ab dem förmlichen Schreiben.
Auch möglich sei eine Ersatzvornahme: „Auch hier wieder schriftlich beschreiben, das und das ist der Mangel“, sagt Schäfer. Wenn rechtlich mit der Mängel-Anzeige alles eingehalten wurde, dann könne auch die Miete gemindert werden. Schäfer empfiehlt in solchen Angelegenheiten allerdings, sich anwaltlich vertreten zu lassen.
Blick in den Mietvertrag
Gerade in Bezug auf die Heizung empfehle sich auch ein Blick in den Mietvertrag: „Es gibt meist eine ausgewiesene Heizperiode, üblich ist etwa vom 1. Oktober bis zum 1. April, oder wenn die Temperaturen unter einen bestimmten Bereich gehen. Das könnte im Vertrag vereinbart sein“, erklärt sie.
Trotz mehrerer Kontakt-Versuche, telefonisch wie schriftlich, über einen Zeitraum von zehn Tagen, war es nicht möglich, den Vermieter für eine Stellungnahme zu erreichen.