Das St. Georgener Rathaus wird nicht abgerissen, sondern umfassend saniert. Der Gemeinderat gab am Mittwoch grünes Licht für die etwa 17 Millionen Euro teure Maßnahme inklusive Tiefgaragensanierung. Dank umfangreicher Fördermittel des Landes muss aus dem Stadtsäckel davon allerdings nur ein Teil finanziert werden.

Meinung geändert

Noch 2017 sprach sich der Gemeinderat nahezu geschlossen dafür aus, das alte Rathaus abzureißen und neu aufzubauen. Durch eine umfassende Gebäudebewertung und Konzeptstudie, die das Planungsbüro Sutter³ erarbeitete, wurde das Gremium von dem Potenzial, das in dem 1970 erbauten Gebäude steckt, überzeugt.

Stichwort: Ökologischer Fußabdruck

Willi Sutter vom Planungsbüro Sutter³ bilanzierte den ökologischen Fußabdruck, den ein Abriss und Neubau oder ein Teilabriss des Gebäudes gegenüber einer Vollsanierung stehe. Das Ergebnis; „Bei einem Abriss würde so viel Energie, die beim Bau aufgewendet wurde, verloren gehen, dass man damit das Gebäude 34 Jahre beheizen könnte.“

Höhere Förderung bis 85 Prozent

Zudem gäbe es bei einem Abriss oder Teilabriss eine weit geringere Landesförderung als bei einer Vollsanierung. Da das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen das St. Georgener Rathaus bei einem Besuch vor Ort zwar nicht als denkmalgeschützt, aber zumindest als „erhaltenswertes Gebäude“ einstufte, winkt eine städtebauliche Förderquote von 85 Prozent.

Das könnte Sie auch interessieren

Um den Kostenrahmen so niedrig wie möglich zu halten, sollen möglichst viele Bauteile erhalten bleiben. Sutter bescheinigte, dass das Gebäude weitgehend schadstofffrei ist. Was bedeutet, dass Decken und Estrich erhalten bleiben können. „Warum sollen wir etwas erneuern, was noch gut ist.“

Fassade bekommt Holzoptik

Celine Würtz vom Planungsbüro zeigte das erhaltenswerte Potenzial des Rathauses auf. Demnach werde der große Sitzungssaal auf jeden Fall unverändert erhalten bleiben. „Dieser Saal zeigt das Grundverständnis von Demokratie“, so die Begründung über die runde Anordnung der Ratssitze. Ebenso sei das Treppenhaus als kommunikativer Ort erhaltenswert.

Auch das Trauzimmer bleibt unverändert. Erhalten bleiben sollen beispielsweise auch die hölzernen Handläufe, der Steinboden im Eingangsbereich, Türen, Beleuchtung und ein Teil des Mobiliars.

Dieses Bild, aufgenommen mit einer Wärmebildkamera in einer kalten Winternacht, zeigt anhand der magentafarbenen Stellen, wo aus dem St. ...
Dieses Bild, aufgenommen mit einer Wärmebildkamera in einer kalten Winternacht, zeigt anhand der magentafarbenen Stellen, wo aus dem St. Georgener Rathaus Wärme entweicht. Die Aufnahme wurde in der Gemeinderatssitzung gezeigt. | Bild: Sprich, Roland

Neben einer neuen Anordnung der Räumlichkeiten, um das Rathaus nach der Sanierung bürgerfreundlicher und durch den Einbau eines weiteren Aufzugs barrierefrei zu machen, wird die Sanierung der Gebäudehülle optisch und energetisch die größte Veränderung mit sich bringen.

Demnach soll das Gebäude einen Holzrahmenbau mit zertifiziertem Holz aus dem heimischen Stadtwald erhalten. Holzrahmenfenster und eine Fassade aus hellgrauen Photovoltaikparzellen sollen das Gebäude optisch verschönern.

Menschen in Innenstadt holen

„Wir wollen aus dem Rathaus das Maximale mit Blick auf sinnvolle Gestaltung, finanzielle Machbarkeit und ökologischen Nutzen herausholen“, sagte Bürgermeister Michael Rieger angesichts des umfassenden Sanierungsvorhabens.

Das könnte Sie auch interessieren

Mit der Sanierung werde man dem Trend der Verödung von Innenstädten gegensteuern. „Das Rathaus wird nach der Sanierung noch mehr an Bedeutung für die Bürger gewinnen.“ So soll beispielsweise die Stadtbibliothek im Rathaus untergebracht werden. „Wir wollen die Menschen in die Innenstadt holen“, so das klar formulierte Ziel.

Lösung auf St. Georgener Art

Die Fraktionen sprachen sich einstimmig für die Konzeptvorstellung aus. „2017 waren wir die Abrissfraktion. Aber wir haben in den vergangenen Jahren unglaublich viel dazugelernt und sind jetzt zu 100 Prozent überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Das wird super“, so Karola Erchinger (Freie Wähler).

Oliver Freischlader (SPD) sagte, „wir haben das Problem auf St. Georgener Art gelöst“. Das Rathaus habe er zwar schon 1999 als hässlich empfunden, als er nach St. Georgen kam. „Über die Architektur außen kann man streiten, aber innen war es immer schön.“

Viele Bauteile sollen bei der Vollsanierung des Rathauses erhalten bleiben. So wurden die hölzernden Handläufe und das kommunikative ...
Viele Bauteile sollen bei der Vollsanierung des Rathauses erhalten bleiben. So wurden die hölzernden Handläufe und das kommunikative Treppenhaus als unbedingt erhaltenswert eingestuft. | Bild: Sprich, Roland

Constantin Papst (CDU) schreibt der Rathausoptik eine klare Aussagekraft zu. „Vor 50 Jahren hat sich St. Georgen viel seiner Historie entledigt und alles neu gebaut. Jetzt ist die Zeit, die vergangenen 50 Jahre zu bewahren“, plädierte auch er für den Erhalt. „Alle anderen Varianten wären ökologisch und wirtschaftlich nicht vertretbar.“

Jochen Bäsch (FDP) zeigte sich positiv erstaunt darüber, was aus dem Gebäude herauszuholen ist. „Im Innern ist das Rathaus immer noch repräsentativ.“ Die Sanierung könne auch ein modellhaftes Beispiel für andere Kommunen sein.

Auch die grüne Liste unterstützt das Ansinnen „Erhalt vor Abriss“, sieht aber in Bezug auf das Wärmekonzept noch Verbesserungspotenzial. Sprecher Dirk Schmider regte zu der Überlegung an, für die im Rathaus installierte Kraft-Wärmekopplungsanlage eines regionalen Energieversorgers zur Versorgung eines innerstädtischen Nahwärmenetzes, die derzeit mit Gas betrieben wird, eine gemeinschaftliche Lösung zu finden, um zukünftig eine nachhaltige Energiequelle gemeinsam zu nutzen. Durch Synergieeffekte könnten so Installationskosten eingespart werden.