In den vergangenen Wochen haben unbekannte Täter an mehreren Fahrzeugen, die an unterschiedlichen Orten im Stadtgebiet St. Georgen abgestellt waren, Reifen zerstochen. Die Sorge bei Autofahrern ist inzwischen groß.
Die Taten verunsichern auf ganz unterschiedlichen Ebenen: Könnte mein Fahrzeug das nächste sein, an dem die Reifen zerstochen werden? Was tut die Polizei, um den oder die Täter ausfindig zu machen? Wie viel Aufwand ist eigentlich damit verbunden, sein Fahrzeug wieder fahrtüchtig zu bekommen, wenn man plötzlich einen „Platten“ hat? Und zahlt eigentlich die Versicherung einen solchen Schaden, der schnell mehrere hundert Euro kostet?
In St. Georgen geht ein Reifenstecher um. Seit Anfang des Jahres häufen sich Vorkommnisse bei der Polizei, wonach bei in der Bergstadt geparkten Fahrzeugen jeweils gleich mehrere Reifen mutwillig zerstochen wurden.
Unterschiedliche Zielobjekte
Der jüngste Fall ereignete sich am Donnerstag, 23. Januar 2025, als bei einem Fiat Panda in der Gerwigstraße alle vier Reifen zerstochen wurden. Rund zwei Wochen davor, in der Nacht vom 11. auf den 12. Januar, wurden an vier Fahrzeugen, davon drei Taxen, jeweils die rechten Reifen zerstochen.

Ärgerlich für die Fahrzeugbesitzer, die den Schaden nicht selten erst dann bemerken, wenn sie ihr Auto das nächste Mal nutzen wollen. Und somit zu spät zur Arbeit oder einem Termin kommen, wenn sie erst Reifen wechseln müssen – sofern sie überhaupt ein Ersatzrad dabeihaben.
Außerdem: Die Straftaten geschehen nicht nur über Nacht, sondern mitunter auch am hellichten Tag.
Anita Simon aus Gütenbach zum Beispiel hatte noch Glück im Unglück. Sie ist ebenfalls Geschädigte eines Reifenstechers. Am Sonntag, 5. Januar, stellte sie ihren Opel Meriva in der Bahnhofstraße in St. Georgen ab, um mit ihrem Mann zum Brunchen ins Hotel Federwerk zu gehen.
„Als wir mittags zurück nach Hause fuhren, haben wir gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Aber wir sind weitergefahren“, erzählt sie im Gespräch mit dem SÜDKURIER.
Erst am nächsten Morgen haben sie festgestellt, dass der Reifen platt gewesen sei. „In der Reifenwerkstatt hat der Mechaniker festgestellt, dass der Reifen mutwillig zerstochen wurde, mit einem spitzen Gegenstand, der in die Seite gerammt wurde“, so Simon.
St. Georgen mittlerweile schon bekannt für Reifenstecher-Fälle
Und: Der Mechaniker fragte dann bei ihr nach, ob das Fahrzeug zufällig in St. Georgen abgestellt worden sei, da er in der jüngeren Vergangenheit schon mehrere Fälle von zerstochenen Reifen hatte, was Anita Simon bejahte.
Daraufhin empfahl der Mechaniker, Anzeige bei der Polizei zu erstatten. So gelangte sie zum Polizeiposten in Furtwangen.

„Das Ärgerliche ist, dass es ein fast neuer Winterreifen war“, wie die Geschädigte sagt. Sie sei trotz all ihres Zornes auch froh gewesen: Die Kosten für einen Ersatz seien bei ihrem Opel überschaubar gewesen.
Polizei auf Zeugenbeobachtungen angewiesen
Die Polizei fahndet zwar nach dem oder den Verursachern, jedoch sind die Erfolgsaussichten eher gering. Wie Tatjana Deggelmann, Pressesprecherin beim Polizeipräsidium, auf Nachfrage mitteilt, „können Sachbeschädigungen im öffentlichen Raum fast ausschließlich bei Antreffen auf frischer Tat oder durch Zeugen ermittelt werden.“
Ob es sich in St. Georgen um jeweils den gleichen oder um unterschiedliche Täter handele, kann Deggelmann nicht sagen. „Derzeit haben wir keine Hinweise auf einen Tatzusammenhang.“
Trotz geringer Aussichten, den oder die Täter zu schnappen, ist die Polizei vor Ort nicht untätig. „Die näheren Umgebungen der Tatörtlichkeiten werden verstärkt in die Streifentätigkeit einbezogen.“
Worauf es für Versicherte ankommt
Eine Frage, die sich Autofahrer stellen, wenn ihr Reifen vorsätzlich zerstochen wurde, ist: Wer bezahlt das eigentlich? Die Versicherung? Und wenn ja, welche? Haftpflicht, Voll- oder Teilkasko?
Die Antwort darauf weiß Sven de Vries. Er ist selbstständiger Versicherungsmakler bei der Deutschen Vermögensberatung DVAG. Und erklärt, in welchem Fall die Versicherung den Schaden übernimmt.
Beitragserhöhung droht
„Bei Vandalismus am Auto ist man nur mit einer Vollkaskoversicherung umfassend abgesichert“, sagt de Vries. Hört sich zwar zunächst gut an, aber die Sache hat einen Haken.
„Ärgerlich für die Kunden ist, wenn sie neben dem Selbstbehalt auch noch eine Beitragserhöhung durch Hochstufung in der nächsten Versicherungsperiode erhalten.“ Hiervor schütze zwar der Rabattschutz, „den viele Fahrzeughalter aber aufgrund des Mehrbetrags nicht versichert haben.“
Oftmals sei es bei reinen Reifenschäden auch so, dass viele Versicherer gar nicht bezahlen, wenn die Felge nicht beschädigt sei. „Diese berufen sich dann auf die Nichtversicherung von Verschleißteilen“, kennt der Versicherungsexperte die Ausschlussklauseln vieler Versicherer.
Falls die Felge durch die zerstörerische Tat dagegen auch in Mitleidenschaft gezogen wurde, zähle der Reifen wiederum zum Komplettschaden und sei somit wieder mitversichert.
Manche Autos von vorne bis hinten zerkratzt
Wie de Vries sagt, seien ihm in den vergangenen Wochen etliche solcher Vandalismusschäden, zu denen neben zerstochenen Reifen auch Lackkratzer gehören, die teils das ganze Fahrzeug von vorne bis hinten betreffen, gemeldet worden.
Dies und die niedrige Aufklärungsrate solcher Delikte würde mit dazu beitragen, dass Versicherungsprämien massiv ansteigen. Eines der Probleme sei bei der Aufklärung, eine Konsequenz strenger Datenschutzregelungen, die eine Überwachung öffentlicher Plätze und Straßen sehr erschwerten.