Wie sieht die Beschäftigungslage in den Produktionsbetrieben der Stadt aktuell aus? Dass die Mitarbeiter im größten Industriebetrieb in VS, dem Automobilzulieferer Continental, seit vergangener Woche in Kurzarbeit geschickt werden, haben der SÜDKURIER berichtet. Bei den anderen Mittelständlern sieht es unterschiedlich aus, es wird noch erstaunlich viel produziert. Doch die Kurzarbeit und Unsicherheit wächst.
- Kurios stellt sich die Situation bei den Wieland-Werken in der Villinger Lantwattenstraße dar. In dem Walzwerk wurde seit September aufgrund rückläufiger Nachfrage ein halbes Jahr kurzgearbeitet. „Im April gehen wir aus der Kurzarbeit heraus“, berichtet Konzersprecherin Christine Schossig aus der Zentrale in Ulm. „Die Auftragslage war zuletzt gar nicht so schlecht“, betont Schossig. Daher soll im April wieder regulär gearbeitet werden, zumal hier auch die Osterfeiertage für kurze Arbeitswochen sorgen werden. Wie es weitergeht, lässt sich nicht absehen. Schossig vermutet, dass sich die Corona-Krise bald in den Auftragsbüchern niederschlagen wird. Durchaus denkbar, dass für die Belegschaft mit ihren 250 Mitarbeitern ab Mai wieder Kurzarbeit beantragt wird.
- Die Aluminium Werke (AGVS) in Villingen steigen jetzt sanft in Kurzarbeit ein. Beantragt wurden bisher drei Schließtage im April, am Ende werden es vielleicht fünf oder sechs werden, vermutet Geschäftsführer Uwe Klier. „Wir hängen stark an der Nutzfahrzeugindustrie“, berichtet er. Dort seien die Aufträge stark rückläufig. Von den Kunden aus anderen Branchen gebe es aber noch ordentlich Aufträge. Wie es nach April aussehen wird, lässt sich laut Klier noch nicht beurteilen. Zum Schutz vor der Ausbreitung des Corona-Virus „haben wir die Schichten um eine halbe Stunde getrennt“, so dass die rund 180 Mitarbeiter nicht beim Schichtwechsel kollektiv aufeinandertreffen.
- Kurzarbeit in größerem Ausmaß hat die Firma Eisenmann Druckguss beantragt. In den drei Werken in Villingen sind davon rund 150 der insgesamt 220 Mitarbeiter betroffen. Diese Woche sind zwei Tage geschlossen, die Karwoche ist komplett geschlossen, bis Ende April soll dann ebenfalls nur drei Tage pro Woche gearbeitet werden, berichtet Harry Steinhauer, der Vertriebschef und Technische Leiter. Zuletzt seien viele Aufträge storniert worden und „täglich neue Hiobsbotschaften eingeschlagen“, berichtet er. Ursachen seien die Krise der Automobilindustrie, von der Villingens einzige Zink- und Alugießerei in hohem Maße abhängig ist, sowie die Corona-Pandemie. „Es trifft uns außerordentlich hart“, sagt Steinhauer. Die Liquidität sei extrem angespannt. Das Unternehmen sei auf jeden Fall auf staatliche Förderung angewiesen, und zwar „so schnell wie möglich“.
- Voll gearbeitet wird dagegen noch im Minebea Mitsumi Technology Center Europe (MTCE), das bis vor kurzem noch PMDM hieß. Das Unternehmen im Industriegebiet auf Herdenen ist das größte Motorenentwicklungszentrum im internationalen Verbund der japanischen Minebea Mitsumi Gruppe, in dem Elektromotoren, innovative Antriebstechnologien, LED-Hintergrundbeleuchtungen und Sensorsysteme entwickelt werden. Weil hier vor allem Entwicklungsarbeit geleistet wird und keine Massenfertigung, ist der Kelch der Kurzarbeit bisher an dem 400-Mitarbeiter-Betrieb vorbeigegangen. „Das kann sich aber wöchentlich ändern“, sagt Roman Klein, der Chef der Unternehmenskommunikation. Einige längerfristig laufende Enwicklungsaufträge seien aufgrund der aktuellen Krise bereits zurückgestellt worden. Vorbildlich indes erscheinen die Schutzmaßnahmen in der aktuellen Virus-Pandemie. Alle Mitarbeiter im Hause tragen Mundschutz, an den Eingängen werden bei allen täglich Fieber gemessen, fast die Hälfte der Mitarbeiter in den Büros arbeitet von zuhause, der Sicherheitsabstand von zwei Metern werde penibel eingehalten. Die japanische Firmenkultur sei im Umgang mit Infektionskrankheiten vorbildlich, sagt Roman Klein.
- Beim Automobilzulieferer Günthert Präzisionstechnik hält sich die Kurzarbeit noch in engen Grenzen. Ab dem 1. April wurde für 24 der insgesamt 260 Mitarbeiter Kurzarbeit für zwei Wochen angemeldet, berichtet Geschäftsführer Martin Oertel. Dass bislang noch keine tiefgreifenderen Auftragseinbrüche stattgefunden haben, liegt laut Oertel vor allem an einem Faktor, der eigentlich der größte Schwachpunkt des Unternehmens ist: Seine hohe Abhängigkeit vom Hauptkunden, dem Automobilzulieferer Bosch. Doch der Konzern liefert derzeit noch immer weltweit und die Zulieferteile aus Villingen sind nach wie vor stark gefragt. Wobei die Betonung bei Geschäftsführer Oertel auf dem Wort „noch“ liegt.
- Hart getroffen hat die Krise indes die Firma Hess Licht + Form in Villingen. Zuerst fiel die Leitmesse der Branche, „Light + Buildung“ aus, und damit vertriebsmäßig „unser Schaufenster“, berichtet Pressesprecher Marco Walz. Zum anderen wurden die Vertriebskanäle des Leuchtenherstellers durch die Kontakteinschränkungen beeinträchtigt. Die Folge sind erhebliche Auftragsrückgänge. Für April hat Hess acht Tage Kurzarbeit für die rund 140 Mitarbeiter angemeldet. Laufende und neue Aufträge werden aber auf jeden Fall produziert, betont Walz. Bei Bedarf werde die Kurzarbeit monatlich verlängert.