Ein Trupp nimmt alles raus, der zweite kippt Sand drauf, der dritte legt die Kabel rein, dann wieder Sand. Pro Tag schaffen sie so 150 Meter Trasse im Ort, außerorts einen Kilometer. Pro Ortschaft brauchen sie ein halbes bis dreiviertel Jahr. "Von der ersten Planung bis zum Einblasen der Glasfaser hat es dann rund zwei Jahre gedauert", sagt Jochen Cabanis, Geschäftsführer des Zweckverband Breitband Schwarzwald-Baar und blickt sich um.
Hier in Rietheim wollen sie im Herbst fertig sein. Sie haben später angefangen, als geplant. Das kommt öfter vor, auch Obereschach wird wohl nicht wie geplant 2018, sondern erst 2019 starten. Meistens hat dann die Beantragung der Fördergelder länger gedauert, als gedacht. Jochen Cabanis, Brille, Dreitagebart, weißes Hemd, spricht ruhig und gelassen, so schnell bringt ihn nichts aus der Ruhe. Er weiß, was er ändern kann und worauf er keinen Einfluss hat.

Es ist kurz nach zwölf, die vier Handwerker haben sich im Schatten ihres Lieferwagens auf den Gehsteig gesetzt. Mittagspause. Einer hat einen kleinen Einkaufskorb mit Brot und Trinken gepackt. "Das", sagt Cabanis beim Vorbeilaufen, "ist es, was die Leute in den Orten dann manchmal stört". Aber irgendwo müssen sie nun mal essen und sich hinsetzen dürfen. Die Arbeiter sind Subunternehmer des Bauunternehmers KTS Heilbronn.
Sie sind Rumänen, Kroaten, Polen, deutsch muss nur der Bauleiter sprechen können. Sie arbeiten auch dann, sagt Cabanis, wenn es kein anderer mehr machen würde. Bei über 35 Grad wochenlang zum Beispiel. Das wiederum stört die Anwohner und sie beschweren sich, dass das unmenschlich sei. Einfluss hat Cabanis darauf keinen. Die Verantwortung liegt bei der Baufirma. Im Schnitt arbeiten die Männer drei Wochen durch, dann sind sie eine Woche zu Hause.
Bis zu zehn Baumaßnahmen haben sie parallel laufen, mindestens doppelt so viele Bautrupps sind dann im Einsatz. "Irgendwo ist immer was", sagt Cabanis. In Wolterdingen haben sie jüngst eine Hecke am Gehweg miteinbetoniert, anstatt sie einfach ein paar Zentimeter zu stutzen. "Das müssen sie dann natürlich nochmal machen", sagt er. Mitunter schießen auch die Anwohner quer. Wem es gerade nicht passt, dass die Straße vor seinem Haus aufgebuddelt wird, schickt ihnen schon mal den Zoll auf den Hals. Probleme hatte sie noch nie. Weder mit dem Zoll, noch damit, eine Baufirma zu finden. Der Grund liegt wohl im langfristig planbaren Auftragsvolumen. Zwischen 20 und 30 Millionen Euro verbaut der Zweckverband im Jahr garantiert.
Wenn etwas ein Problem darstellt, dann die Hausanschlüsse. Die persönlichen Termine mit den Hausbewohnern brauchen im schlimmsten Fall viel Zeit. Die fehlt dann hinten wieder. Manchmal kommen sie aber auch schneller voran als geplant, dann sind die Anwohner überrascht, dass der Geheweg vor ihrem Haus aufgebuddelt ist, wenn sie von der Arbeit nach Hause kommen.

70 Prozent Anschlussquote haben sie in Rietheim. "Ein Spitzenwert." Rund 60 Bewohner hatten sich noch während der laufenden Baumaßnahme gemeldet, sie wollen jetzt doch auch einen Anschluss. Ist die Straße noch offen, machen sie es. Ohne Zusatzkosten. Aber "nur aus Kulanz."
Den meisten Druck bekommen sie von den Unternehmen. "Darum bauen wir aus, wie wir ausbauen", sagt Cabanis. Und darum sieht die Karte aus, wie sie aussieht. Grün hinterlegt sind die Bereiche, die schon gemacht sind: der Zentralbereich und Schwenningen Ost beispielsweise. Gelb ist aktuell in der Bearbeitung: Rietheim, Herzogenweiler, Villingen Süd. Rot bedeutet: kommt bald. Mitten in diesem roten Kreis befindet sich auch Clemens Güntert. Genauer: sein Unternehmen Schwanog in Obereschach fertig Profilwerkzeugsysteme. "Schnelles Internet", sagt er, "ist heute ein Standortfaktor". Einer, von dem sie in Obereschach bislang nur träumen konnten.
100 Mitarbeiter beschäftigt er in Obereschach, das langsame Internet "beschäftigt uns täglich". Wenn sie Zeichnungen oder Programme hin und her schicken, nach China, Frankreich oder in die USA, dann "dauert das ewig". Güntert ärgert das nicht erst seit gestern. "Da reden alle von Industrie 4.0 und wir bekommen nicht mal das schnelle Internet auf die Reihe." Ende 2018 war der Ausbau einmal angekündigt. Es wird wohl eher 2019 werden. Güntert seufzt. Er wartet eben weiter.
Weniger dringlich ist alles, was weiß hinterlegt ist. Grob die Bereiche in den Innenstädten von Villingen und Schwenningen, die reine Wohngebiete sind. Breitbandausbau läuft nach dem Grundsatz: Gewerbe zuerst. Die Gebiete mit Unternehmen oder Heimarbeitsplätzen werden beim Ausbau vom Bund bezuschusst. Wohngebiete nicht. Die Kommune muss also mehr bezahlen.
Die paradoxe Folge dieser Förderpolitik: Die Ortschaften sind inzwischen zum Teil besser ans schnelle Internet angebunden, als die Kernstädte. Das hatte auch OB Kubon hatte in einer der letzten Gemeinderatssitzungen vor der Sommerpause einmal kritisch angemerkt. "Ja", sagt Cabanis dann, "aber denen ging es bisher auch am schlechtesten".
Priorität in Villingen haben jetzt erst mal die Schulen. Die sind förderfähig, das ist der eine Grund. Sie brauchen das Netz aber auch besonders nötig, das ist der andere Grund. An der Albert-Schweitzer-Schule, sagt Cabanis, musste eine IT-Klasse ihre Abschlussprüfung abbrechen, weil das Netz nicht ausgereicht hat.
So funktioniert
der Zweckverband
- Der Zweckverband: Der Zweckverband Breitbandversorgung Schwarzwald-Baar wurde am 29. März 2014 von allen 20 Kommunen des Schwarzwald-Baar-Kreises sowie dem Schwarzwald-Baar-Kreis selbst gegründet, um die Breitbandversorgung der rund 206 000 Einwohner des Kreises nachhaltig zu verbessern.
- Die Finanzierung: Finanziert werden die Projekte zum einen mit Fördergeldern von Land, Bund und EU. Förderfähig sind nur die Bereiche, in denen auch Gewerbe zu finden ist. Reine Wohngebiete nicht. Die restlichen Kosten müssen die Kommunen selbst finanzieren.
- Die Kosten: Zwischen 1250 und 1750 Euro muss ein Eigentümer für den Hausanschluss bezahlen. Die Kosten können variieren, da auch Eigenleistungen möglich sind. So können die Gräben für die Kabel selbst ausgehoben und die Anschlüsse selbst verlegt werden. Bezahlen muss der Anwohner nur die Strecke von der Grundstücksgrenze bis zum Haus.
- Die Anschlüsse: Ziel ist es, bis zum Jahr 2025 alle 55 000 Gebäude im Kreis mit rund 110 000 Haushalten an das schnelle Glasfasernetz anzubinden. Bislang wurden knapp 10 000 Gebäude im Kreisgebiet an das Glasfasernetz angeschlossen. Rund 250 Millionen Euro soll der Ausbau insgesamt kosten. Pro Jahr verbauen sie zwischen 20 und 30 Millionen Euro. Allein für Villingen-Schwenningen sind im Schnitt fünf Millionen vorgesehen.
- Die Glasfaser-Technologie: Diese Technik ist derzeit die schnellste Möglichkeit, Daten zu übertragen. Es sind Übertragungsgeschwindigkeiten über ein Gigabit pro Sekunde möglich. Bei herkömmlichen DSL-Anschlüssen sowie dem neueren Vectoring-Verfahren sind maximale Geschwindigkeiten von 50 bis 100 Megabit möglich. Die dünnen Fasern werden aus reinem, geschmolzenen Quarzglas hergestellt. Für die Übertragung werden Daten in Lichtsignale umgewandelt.
- Der Ausbau in Villingen-Schwenningen: In Betrieb gegangen sind bislang folgende Teilbereiche: Tannheim und Pfaffenweiler, Vockenhausen, der Zentralbereich und Schwenningen Ost. Aktuell in Bearbeitung sind: Herzogenweiler, Rietheim, Villingen Süd und Marbach. 2019 sollen Obereschach, Weilersbach, Schwenningen Südwest, Mühlhausen und Weigheim angeschlossen werden. Bis 2026/2027 sollen dann punktuell auch die Bereiche Villingen West, Zentrum Nordwest, Nord, Zentrum Ost, sowie Schwenningen Nord, Zentrum, Süd und West ans Netz kommen.