Die Einkaufswelt ändert sich in Zeiten des Internets radikal. Wie stark sich diese Umwälzungen in Villingen-Schwenningen auswirken, soll jetzt eine Befragung ans Licht bringen. Mitarbeiter des Büros Acocella werden in den nächsten Wochen die Läden in VS aufsuchen und die Geschäftsbetreiber befragen. Es geht um Leerstände in der Stadt, Parkplätze, aber auch um das Internet. Ergebnisse sollen bis zum Mai vorliegen, erklärte eine Sprecherin des Lörracher Unternehmens für Stadt- und Regionalentwicklung. Damit soll das VS-Einzelhandelskonzept auf den neuesten Stand gebracht werden.
2010 hatten die Lörracher die VS-Händler schon einmal unter die Lupe genommen – auch damals in einer schwierigen Zeit. Zuvor war das Schwarzwald-Baar-Center gebaut worden, danach wurde die Ansiedlung des Großmöbelhauses Lutz am Vorderen Eckweg debattiert. Zumindest im Rückblick habe das Einzelhandelskonzept gute Dienste geleistet, als es darum ging, wie groß das innenstadtrelevante Sortiment bei Lutz sein durfte, berichtet Rainer Böck vom Gewerbeverband Oberzentrum. Doch die Sorgen der Einzelhändler sind seitdem nicht kleiner geworden, ganz im Gegenteil.
Denn der neue Gegner, der Internethandel, lässt sich nicht so reglementieren, wie ein Center, das sich in Villingen-Schwenningen ansiedeln möchte. Deswegen müsse der VS-Einzelhandel auf eigene Stärken setzen, auf Service und Beratung zum Beispiel, wie Wirtschaftsförderin Beate Behrens ausführt. So sei es von Vorteil, wenn das Fachpersonal zum Beispiel die Bedienung eines hochwertigen Kaffeeautomaten erklärt, aus dem Internet erhalte der Kunde nur eine Bedienungsanleitung zugeschickt. Auch könne eine Stärke des VS-Handels darin liegen, Produkte mit bestimmten Farben oder Größen vorrätig zu halten.

Doch ob man damit dem Internet-Handel Paroli bieten kann, ist eine offene Frage. Die Sorgenfalten sind da, auch wenn die Händler das ungern offen zeigen. Manch großer Internet-Händler mache über viele Jahre kaum oder keinen Gewinn, sagt einer, das könnten sich Geschäftsbetreiber vor Ort gar nicht leisten. Auch bei der Befragung ist die digitale Einkaufswelt ein Thema, so sollen die Händler darüber Auskunft geben, ob sie einen Online-Shop führen oder eine Internetseite aufgebaut haben. Auch die Stimmung der Einzelhändler wird abgefragt, die war bereits vor neun Jahren größtenteils skeptisch, allerdings waren die Villinger etwas positiver eingestellt als die Schwenninger.
Kommt ein Citymanager?
Seit geraumer Zeit wird daher immer einmal wieder die Einstellung eines Citymanagers diskutiert, der zum Beispiel Aktionen in den beiden Innenstädten vorschlägt und koordiniert, um den Einzelhandel zu stärken. Sie persönlich würde solch einen City-Manager für VS unterstützen, betont Behrens. Allerdings müsste solch eine Stelle von einem breiten Konsens getragen werden, von den Einzelhändlern selbst und auch vom Gewerbeverband Oberzentrum. Letztendlich sei die Schaffung aber eine politische Entscheidung. Sie selbst wolle die Gespräche darüber mit Oberbürgermeister Jürgen Roth fortführen.
Hoffnung in Schwenningen auf das Forum
Kummer bereitet manchen Händlern auch die Leerstände, die in Schwenningen weitaus größer sind als in Villingen. Daher setzt Behrens auch auf den Bau des Einkaufszentrums Forum, der möglichst viele Kunden nach VS ziehen soll. Wie sich dieses Großprojekt allerdings auf die Einkaufsstadt Schwenningen auswirkt, auf die Parkplätze und Zufahrtsstraßen, wird dann frühestens das nächste Gutachten ergründen können.
Hunderte Händler
2010 befragte das Büro Acocella 665 Betriebe mit einer Verkaufsfläche von über 219 000 Quadratmeter sowie einem Umsatz von 575 Millionen Euro. Das neue Gutachten wird analysieren, was sich in Villingen-Schwenningen im Lauf des knappen Jahrzehnts veränderte. Bekannt sind derzeit nur die Zahl der Gewerbebetriebe, doch wie viele Einzelhändler darunter sind, sei offen. Die Mitarbeiter des Büros Acocella werden die Läden persönlich besuchen. Das Gutachten wird Grundlage des Einzelhandelskonzepts sein.