Wie geht es mit dem Abendgymnasium weiter? Soll die Stadt Villingen-Schwenningen das in der Region einzigartige Bildungsangebot beenden? Mit dieser Frage haben sich die 15 Mitglieder des Ausschusses für Jugend, Bildung und Soziales des Gemeinderats von Villingen-Schwenningen jetzt nicht leicht getan.
Nach langer Diskussion fiel dann die Entscheidung, dass noch keine endgültige Entscheidung fallen soll. Als Konsens vor der geplanten Gemeinderatssitzung Anfang Juni 2025 zeichnet sich jedoch ab, dass die Schule nicht bereits zum kommenden Schuljahr geschlossen wird. Die jetzigen Schülerinnen und Schülern sollen die Möglichkeit erhalten, die angestrebten Abschlüsse noch in Villingen-Schwenningen erreichen zu können.
Zahlreiche Lehrkräfte in der Sitzung
Die Besucherreihen im kleinen Saal des Theaters am Ring waren bei der Ausschusssitzung gut gefüllt – zahlreiche Lehrerinnen und Lehrer des Abendgymnasiums waren gekommen, um mehr darüber zu erfahren, wie es mit der Bildungseinrichtung weitergehen soll.
Am Dienstag, 20. Mai, waren sie darüber informiert worden, dass die Verwaltung eine Schließung der Einrichtung erwägt. SPD-Gemeinderat Nicola Schurr kritisierte, dass die Betroffenen so spät von den Plänen erfuhren.

Dass es sich die Stadt nicht leicht macht mit einer Schließung, wurde bei der Diskussion im Ausschuss deutlich. Stefan Assfalg, Leiter des Amtes für Jugend, Bildung, Integration und Sport, sprach von einer besonderen Verantwortung der Stadt und der vorrangigen Bedeutung des Themas Bildung, das man sich schließlich auf die Fahnen geschrieben habe. Er machte aber gleichzeitig klar, dass die Schule unter einem „akuten Schülermangel“ leide.
Rektor Patrick Gramer bestätigte im Grunde diese Bestandsaufnahme, sprach allerdings von ermutigenden Zahlen zum kommenden Schuljahr. Auf seinem Tisch lägen zwölf schriftliche und fünf mündliche Zusagen.
Assfalg und auch Oberbürgermeister Jürgen Roth verwiesen darauf, dass die Zeit der Ausnahmegenehmigungen vorbei sein dürfte. Bisher hatte die Stadt auf Zuschüsse bauen können, auch wenn diese Mindestzahlen im Abendgymnasium nicht erreicht wurden. Ein Vorstoß des Oberbürgermeisters beim Kultusministerium von Oktober 2024, dass im eher strukturschwachen ländlichen Raum andere Maßstäbe gelten müssten, wurde nach Angaben Roths noch nicht einmal beantwortet.
Um nicht Jahr für Jahr zittern zu müssen, ob die Zuschüsse auch tatsächlich fließen, will die Stadt erreichen, dass die Sondergenehmigung verstetigt wird – bisher aber ohne Erfolg. „Uns brummen sie die gleichen Mindestzahlen auf wie den Schulen in den großen Zentren“, kritisierte auch Schulleiter Gramer.
Alternativen weit entfernt
Sollte es diese Geldspritze vom Land nicht mehr geben, müsse Villingen-Schwenningen jährlich etwa 420.000 Euro für den Betrieb der Abendschule bezahlen. „Wir brauchen eine Grundsatzentscheidung“, stellte Assfalg klar.
Doch die Ausschussmitglieder wollten diese Entscheidung zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht fällen. „Wenn wir jetzt abwickeln, wo gehen dann die Schüler hin?“, wollte CDU-Gemeinderätin Katharina Hirt von der Verwaltung wissen.
Assfalg hatte in der Vorlage darauf verwiesen, dass es entsprechende Einrichtungen in Stuttgart und Freiburg gebe. Einig war man sich allerdings im Ausschuss, dass diese Standorte keine Alternative für die derzeitigen Schüler des Abendgymnasiums sind. Mit einer Berufstätigkeit sei die Fahrt in den Breisgau oder in die Landeshauptstadt nicht zu vereinbaren.
Bedenken im Ausschuss
Auch bei den Freien Wählern wollte man noch nicht das Totenglöcklein fürs Abendgymnasium läuten. „Wir wollen diese Einrichtung eigentlich nicht aufgeben“, sagte Ulrike Heggen. Mit Blick auf die nackten Zahlen schwant aber auch ihr, dass die Einrichtung womöglich schwer zu halten sein dürfte.
Sie drängte allerdings darauf, zu einer Kompromisslösung zu kommen. In jedem Fall müsse angestrebt werden, dass die jetzigen Schülerinnen und Schüler ihre mittlere Reife, ihre Fachhochschulreife oder ihr Abitur noch am VS-Abendgymnasium ablegen könnten.
Wohl keine sofortige Schließung
Der SPD geht die Sache viel zu schnell. Nicola Schurr regte eine Vertagung an und wollte zunächst abwarten, ob sich das Land in dieser Sache nicht doch noch bewege. Schließlich gebe es noch keine Reaktion auf das Schreiben Roths an das Ministerium. „Wir können noch keine Nägel reinhauen, wenn wir noch keine Antworten haben“, sagte Schurr.
Auch bei der FDP sah man sich in der Mittwochssitzung noch nicht in der Lage, zu einer endgültigen Entscheidung zu kommen. „Das ist „, sagte Gemeinderätin Kathrin Piazolo. Sie kündigte an, dass sich ihre Fraktion in der Ausschusssitzung enthalten werde und womöglich bis zur Gemeinderatssitzung am 4. Juni zu einem Meinungsbild gekommen sei.
Ähnlich die Stimmung bei den Grünen: „Wir brauchen mehr Information“, betonte Ursula Roth-Ziefle, weshalb sie noch nicht über eine rasche Abwicklung der Einrichtung entscheiden wolle.
Einzig die AfD sprach sich für eine rasche Schließung der Schule aus. Wie deren Sprecher Martin Rothweiler sagte, zwinge die nicht stabile Nachfrage zum Handeln. Auch sei es im Grunde nicht Aufgabe der Kommune, ein solches Angebot vorzuhalten. Verantwortlich in Bildungsfragen sei das Land. Rothweiler regte an, die Möglichkeit zum Abitur auf dem zweiten Bildungsweg in die Hände freier Träger zu legen.
Gemeinderat entscheidet am 4. Juni
Mit Blick auf das Stimmungsbild im Ausschuss zog die Verwaltung ihren Beschlussantrag zurück, das Abendgymnasium bereits im Herbst 2025 dicht zu machen. Auch dürfte es zunächst nicht zu einer Kündigung der Lehrkräfte kommen.
Vor der Behandlung des Themas im Gemeinderat zeichnet sich ab, dass auch dieses Gremium nicht eine sofortige Schließung der Abendschule beschließen dürfte. Ebenso wenig deutet sich aber an, dass die Stadt diese Einrichtung dauerhaft tragen will – es sein denn, das Land gibt eine Garantie für eine längerfristige Sondergenehmigung..