Villingen-Schwenningen wollte möglichst würdig in das Jubiläumsjahr 2022 starten. Am Hölzlekönig – und damit genau zwischen V und S – sollte am 1. Januar um 11 Uhr an den Städtezusammenschluss vor 50 Jahren erinnert werden. Doch Corona macht den schönen Plan zunichte. Etliche Villinger lassen es trotzdem krachen. Salut für 2022 – so läuft das, trotz Corona.
So wird das neue Jahr 2022 jetzt gestartet
Zu Beginn des Jahres 2021 fiel das Abfeuern der zwölf Salutschüsse auf dem Hubenloch aus. Als es noch keinen Impfstoff gab und im Klinikum 123 Menschen intensiv behandelt werden mussten, fiel auch diese Freiluftveranstaltung aus – sicherheitshalber.

Zum Auftakt von 2022 soll das anders sein. Wolfgang Kuhnle ging vor dem Weihnachtsfest davon aus, dass das Böllern vom Hubenloch über die Dächer der Stadt hinweg stattfinden kann. Der Kommandant der Grenadiere machte in einem Gespräch mit dieser Redaktion aber auch klar, wie anspruchsvoll die Organisation ist. „Wir werden wohl 2G-plus machen müssen“, sagte er und meinte damit, dass nur Geimpfte und Genesene mit einem zusätzlichen negativen Coronatest-Ergebnis dem Treffen beiwohnen dürfen.

Das Besondere am Neujahrsschießen 2022 sollte auch sein: Es war quasi doppelt geplant. Nach dem Abfeuern von drei Kanonen auf der Anhöhe zwischen Südstadt und Villinger City wollten sich die Uniformierten nicht wie sonst in den Elisabethenturm zurückziehen und dort die traditionelle Krawazisuppe genießen. Zum Hölzlekonig sollte es weiter gehen. Und, so Kuhnle: „Den Hock im Turm müssen wir wegen Corona in jedem Fall ausfallen lassen“, so der Kommandant.

Statt dem deftigen Frühstück wollte sich die Truppe der rund 20 Uniformierten und ihren Tracht tragenden Frauen vom Hubenloch aus auf Richtung Schwenningen aufmachen. Direkt an der alten Landesgrenze sollten die Villinger Kanonen am 1. Januar 2022 erneut in Stellung gebracht werden. „Pro Jahrzehnt haben wir einen Schuss geplant zum Städtegeburtstag“, verriet er zuletzt die Pläne. 50 Salutschüsse für 50 Jahre VS galten im Vorfeld rasch als kaum machbar. Überstrapazieren wollte der Verein die Bürger mit morgendlichem Getöse keinesfalls.
Bis heute ein Schmunzel-Thema
Zwischen Villingen und Schwenningen war am Hölzekönig eine kleine Gaudi vorgesehen. Die Ausrichtung der Villinger Kanonen war freundschaftlich im Vorfeld besprochen. Für Patrioten ist dieses Detail auch 2021 noch ein Schmunzel-Thema. Bis heute wird darauf verwiesen, dass beim Villinger Neujahrsschießen am Hubenloch die Rohre schließlich Richtung Schwenningen ausgerichtet sind.
Große Tradition seit 1967 wieder gepflegt
Jährlich am Neujahrsmorgen um 8 Uhr erweisen die Männer des Historischen Grenadiercorps 1810 auf geschichtsträchtiger Stätte – auf dem vorderen Hubenloch – dem neuen Jahr die gebührende Reverenz. Das Neujahrsschießen wurde früher von ledigen Bürgersöhnen gepflegt, zur Erinnerung an die im Jahre 1633 erfolgreich überstandene Winterbelagerung durch die Schweden und Württemberger. Das Historische Grenadiercorps hat diesen Brauch 1967 wieder aufgenommen, heißt es in alten Aufzeichnungen.
Das waren die Kanonen-Pläne fürs Jubel-Böllern
Gefrotzelt wird dazu bis heute. Villinger Kanonen an der alten Landesgrenze zwischen Baden und Württemberg könnten solche Stimmungen befeuern: Das Ausrichten der Rohre war für den 1. Januar 2022 am Holzlekönig beim nun abgesagten Festakt jedoch betont salomonisch gelöst. „Wir werden entlang der alten Landesgrenze zielen“, erklärte Kuhnle im Vorfeld und musste ein wenig schmunzeln. Im Klartext sollte dies heißen: Vom Kreisel am Hölzlekönig aus sollte abwärts in das hier leicht abfallende Freigelände gefeuert werden. Der schöne Plan ist nun krachend gescheitert. Geböllert wird nun ausschließlich in Villingen.
Genug Pulver ist für den Neujahrsmorgen da
Die Grenadiere sind froh, dass sie ihr Pulver bereits im Trockenen haben. Kuhnle bestätigt, dass es bei der Schwarzpulver-Beschaffung in diesem Jahr eine besondere Situation gibt. Dies hänge vor allem mit dem Ende November verhängten, deutschlandweiten Verkaufsverbot für Silvesterfeuerwerk zusammen. „Einige unsere Lieferanten sind davon betroffen, aber wir haben auch jetzt unsere Quellen“, sagt Kuhnle und formuliert stolz auf die Frage, ob auch die weltweiten Lieferengpässe für viele Wirtschaftsgüter hier eine Rolle spielen: „Wir schießen nur mit deutschem Pulver.“
Am Villinger Hubenloch wird am 1. Januar 2022 traditionell bereits um 8 Uhr die erste Salve abgefeuert. Nachteil für Villingen: Die Neujahrsnacht ist für Villinger wie immer kurz. Die wuchtigen Weck-Geräusche donnern zwölf Mal über die Stadt hinweg und sind auch in der Umgebung je nach Windrichtung deutlich zu hören.
1. Januar 2022: Vorteil Schwenningen, weil...
Vorteil für Schwenningen: Wer es hier feiernd in der Neujahrsnacht hoch her gehen lässt, hat bessere Ausschlaf-Chancen als in Villingen. Und – wer weiß: Der 8-Uhr-Termin auf dem Hubenloch hat alle Chancen für eine echte Termin-Karriere: Viele sind nun gespannt, was sich über den Dächern von Villingen zum Sonnenaufgang entwickeln wird. Vielleicht sogar ein richtig schönes, spontanes Jubilums-Jahr-Feiern mit Villingern und Schwenningern.
Der Villinger Verein, der es immer besonders krachen lässt
Die Grenadiere sind laut Kommandant Wolfgang Kuhnle aktuell 105 Mitglieder stark. Bis zu 25 Aktive bilden den Kern der Gruppe. Dabei sind auch Frauen der Vereinsmitglieder in Tracht. Der Verein tritt immer wieder im Ausland auf. Ein Höhepunkt sei 2019 eine Einladung nach Kaliningrad gewesen, auch in Tschechien waren die Villinger schon gern gesehene Gäste.