Um Soloselbstständige, Kleinst- und Kleinunternehmen, die durch leergefegte Auftragsbücher aufgrund der Corona-Krise finanziell in Schwierigkeiten geraten sind zu unterstützen, haben Bund und Länder ein milliardenschweres Hilfspaket geschnürt. Allein bei der Industrie- und Handelskammer Schwarzwald-Baar-Heuberg sind bis Dienstagabend knapp 8000 Anträge eingegangen. Je nach Anzahl der Beschäftigten können die Kleinunternehmen zwischen maximal 9000 und 30 000 Euro als Soforthilfe beantragen, die nicht zurück gezahlt werden muss. Wir haben nachgefragt, ob die Soforthilfe die Bezeichnung verdient. Und ob die ersten Gelder bereits geflossen sind.
Stephan Baumgärtner betreibt einen kleinen Weinhandel in St. Georgen. Er gehörte zu den Ersten, die den Antrag über die Industrie- und Handelskammer (IHK) stellten, nachdem der Link zu dem Sofortantrag ab 27. März freigeschaltet war. „Ich bin hauptsächlich auf Märkten und Veranstaltungen mit meinem Weinstand vertreten und beliefere gastronomische Betriebe, das fällt jetzt alles weg“, so Baumgärtner. Bereits zwei Tage nach Antragsstellung erhielt er eine Mail, dass sein Antrag von der IHK geprüft und an die für die Auszahlung zuständige L-Bank weitergeleitet worden sei. „Seither habe ich nichts mehr gehört“, ist Baumgärtner etwas enttäuscht.
Anika Benzing aus Villingen-Schwenningen ist dagegen sehr erfreut. „Am 3. April ist das Geld bereits eingegangen“, sagt die Franchisenehmerin für eine Express-Stickerei. „Ich freue mich, dass ich die Soforthilfe für die beantragte Summe voll ausbezahlt erhalten habe und bin ein paar Sorgen leichter in dieser turbulenten Zeit“, beschreibt sie ihre Emotionen. Zuvor hatte die Unternehmerin, die erst seit 2018 selbstständig ist und noch keine großen Rücklagen schaffen konnte, Sorge, ob sie ihre Express-Stickerei aufrecht erhalten könne. „Die gesamte Ostersaison fällt weg, aber Versicherungen, Maschinenmiete und so weiter laufen ja alles weiter.“
Die Bezeichnung Soforthilfe hat das Hilfspaket nach Ansicht von Jens Hagen nicht verdient. „Die Bezeichnung Sofort hat für Baden-Württemberg offenbar eine neue Terminierung“, sagt der Werbe- und Industriefotograf aus Königsfeld. Obwohl ebenfalls bereits Ende März beantragt, lässt die Soforthilfe bis heute, Stand 15. April, auf sich warten. Da blickt er neidisch auf andere Bundesländer wie Berlin und NRW, wo das Geld bereits innerhalb 48 Stunden nach Antragsstellung ausbezahlt worden sei. „Für Baden-Württemberg ist das ein Armutszeugnis.“ Einen Kredit bei seiner Hausbank zu bekommen ist nicht möglich. „Die Banken sehen ein hohes Risiko und bieten mir zweistellige Zinssätze an“, sagt er. Seine Kosten laufen ungeachtet dessen, dass die Einnahmen praktisch auf null sind, weiter. Gehälter für seine Mitarbeiter, Miete für das Fotostudio. Zudem kritisiert Hagen, dem nahezu sämtliche Industrie- und Werbekunden sowie Hochzeitspaare die Aufträge für die kommenden Monate storniert haben, dass „der Bund hier etwas auf die Beine gestellt hat, was eigentlich keiner in Anspruch nehmen kann.“
Ursprünglich sollte vor einer Corona-Soforthilfe das private Vermögen einbezogen werden solle. Daraufhin hagelte es Kritik. Das Wirtschaftsministerium des Landes Baden-Württemberg teilte kurz darauf mit, dass das private Vermögen nun doch nicht geprüft werde. Der Antragsteller müsse allerdings glaubhaft versichern, dass man in einem Liquiditätsengpass geraten ist und die laufenden Einnahmen nicht ausreichen, um die laufenden Ausgaben, die etwa durch Mieten, Pacht oder Leasingverträge entstehen, zu decken. Hier sieht Hagen die Crux. „Sobald man Rücklagen gebildet hat, hat man keinen Liquiditätsengpass.“ Ihm bleibt vorerst nichts weiter, als zu warten, bis die L-Bank die Soforthilfe ausschüttet oder neue Aufträge hereinkommen.