Die Hoffnungen der Belegschaft beim Villinger Nutzfahrzeug-Zulieferer Continental, den im vergangenen Herbst angekündigten Personalabbau noch abmildern zu können, haben sich zerschlagen. 170 Mitarbeiter müssen gehen. Dies wurde den Mitarbeitern am vergangenen Freitag in einer Video-Betriebsversammlung mitgeteilt. Der Personalabbau soll durch verschiedene Maßnahmen sozial abgefedert werden.
Betriebsversammlung

Bei der Betriebsversammlung berichteten nach SÜDKURIER-Informationen Standortleiter Ludger Trilken, Werkleiter Thomas Müller und Betriebsratsvorsitzender Robert Brucker den zugeschalteten Mitarbeitern über das Ergebnis der wochenlangen Verhandlungen über die Ausgestaltung des Personalabbaus. Die Mitarbeiter wurden informiert, dass die Verhandlungen mit dem Betriebsrat abgeschlossen und ein Interessenausgleich und Sozialplan vereinbart wurden.
„Es waren zum Teil harte und zähe Verhandlungen“, erklärte Betriebsratsvorsitzender Robert Brucker auf SÜDKURIER-Anfrage. Doch mit dem Ergebnis, das für die Mitarbeiter herausgeholt wurde, sei er „sehr zufrieden“. Gleichwohl sei der Personalabbau sehr schmerzhaft: „Uns im Betriebsrat tut jede Kündigung weh“. Doch an der Höhe des Personalabbaus sei nichts mehr zu verhandeln gewesen.
Sozialmaßnahmen
Der Conti-Konzern bestätigt auf Nachfrage die Einigung. „Die Neuausrichtung und die damit verbundene Reduzierung der Arbeitsplätze soll sozialverträglich gestaltet werden, wie zum Beispiel durch Angebote von Altersteilzeitverträgen, freiwillige Beendigungsvereinbarungen und auch den freiwilligen Wechsel in eine Transfergesellschaft“, teilte der Automobilzulieferer mit. In der Transfergesellschaft können sich die Mitarbeiter ein Jahr lang bei Lohnfortzahlung weiterbilden und sich eine neue Beschäftigung suchen. Bei dem Freiwilligenprogramm bekommen Beschäftigte, die das Unternehmen freiwillig verlassen, eine finanzielle Abfindung, wenn sie einen Aufhebungsvertrag unterschreiben. Damit will das Unternehmen betriebsbedingte Kündigungen vermeiden.
Mitarbeiter-Gespräche beginnen
„Die entsprechenden Gespräche mit den Mitarbeitern beginnen diese Woche“, informierte Conti weiter mit. Insgesamt gehe es beim Personalabbau um 170 Stellen. Dieser Personalabbau soll primär im Produktionswerk von Conti in Villingen umgesetzt werden. Hier sind rund 750 Mitarbeiter beschäftigt. Der Personalabbau betrifft in dem Werk also fast jeden vierten Arbeitsplatz.
Nicht betroffen ist theoretisch das ebenfalls in Villingen angesiedelte Hauptquartier für den Geschäftsbereich „Commercial Vehicles and Services“ (Nutzfahrzeuge und Dienstleistungen) mit seinen rund 500 Mitarbeitern. Allerdings: Wenn im Produktionswerk nicht genügend Freiwillige gefunden werden, die einen Aufhebungsvertrag unterschreiben und es zu betriebsbedingten Kündigungen kommen würde, werden alle Mitarbeiter des Conti-Standorts, mit bislang 1350 Mitarbeitern größter gewerblicher Arbeitgeber der Stadt, in die dann erforderliche „Sozialauswahl“ einbezogen. Ob es dazu kommt, ist noch nicht absehbar.
Bereits Lösungen für mehr als die Hälfte
Conti teilte gestern mit, dass „für etwas über die Hälfte“ der 170 Mitarbeiter im Produktionswerk „bereits eine Lösung gefunden“ worden sei, beispielsweise „durch Altersteilzeit oder natürliche Fluktuation.“

Die anfänglichen Hoffnungen des örtlichen Betriebsrates und der Gewerkschaft IG Metall, diesen Personalabbau durch Einsparungen an anderer Stelle abmildern zu können, hat sich nicht erfüllt. Die Konzernspitze ließ an diesem Punkt nicht mehr mit sich reden. Den Betriebsräten wurde klar gemacht, dass die nötige Neuausrichtung des Standorts Villingen und damit dessen Zukunftssicherung ohne den Personalabbau nicht möglich sei. Hintergrund: Das Werk im Schwarzwald steht in Konkurrenz zu anderen Conti-Niederlassungen und soll ebenso profitabel ausgerichtet werden wie etwa Werke in Osteuropa.
Das Investitionspaket
„Seit dem Herbst letzten Jahres ist Continental mit dem Betriebsrat im Austausch über die Neuausrichtung des Standorts Villingen. Ziel ist es, den Standort wettbewerbsfähig zu machen, da die Wirtschaftlichkeit zuletzt nicht mehr gegeben war“, äußerte dazu gestern ein Konzernsprecher. Im Gegenzug zum Personalabbau soll nun der Standort neu aufgestellt werden. Dazu heißt es von Konzernseite: „Um die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes zu verbessern, haben wir weiter ein umfangreiches Maßnahmenpaket initiiert. So erneuern wir zum Beispiel Technologien in der Fertigung und verbessern Prozesse in Logistik und Produktion, wie die Optimierung des internen Materialflusses oder die Reduktion von Prüfzeiten.“ Und dann kommt ein wichtiger Satz für die Zukunft des Standorts: „Villingen soll als Leitungs- und Leistungsstandort erhalten bleiben“, versichert ein Konzernsprecher. Das Maßnahmenpaket für den Standort wird auch vom Betriebsrat begrüßt. Dadurch seien bereits zwei wichtige Aufträge ins Werk Villingen gekommen, berichtete der Betriebsratsvorsitzende Robert Brucker.
Das Sparprogramm
Der Personalabbau beim Automobilzulieferer und Reifenhersteller der Continental AG (Hannover) war im September 2020 verkündet worden. Die Konzernspitze teilte damals mit, dass das laufende Sparprogramm aufgrund der Corona-Pandemie noch verschärft werden müsse. Weltweit sollen 30 000 Mitarbeiter den Konzern verlassen, in Deutschland 13 000. Das Werk in Villingen ist mit 170 Stellen betroffen. Das Unternehmen beschäftigte 2020 rund 240.000 Mitarbeiter an ca. 430 Standorten in 60 Ländern.