Wenn Ilaria Caprioglio, die Bürgermeisterin der italienische Partnerstadt Savona, nach Villingen-Schwenningen reiste, dann blühte nicht nur die Herrenriege im Villinger Rathaus auf. Die Italienerin brachte mit Herz und Charme auch die darniederliegende Städtepartnerschaft zwischen VS uns SV wieder zum Erblühen. Ob dies aber mehr als nur Strohfeuer war, bleibt abzuwarten. Denn inzwischen wurden die Machtverhältnisse im Savoneser Rathaus wieder neu gemischt.

Marco Russo wird mit 62 Prozent zum Bürgermeister gewählt

Mit dem Anwalt Marco Russo wurde am 18. Oktober ein neues Stadtoberhaupt von Savona gewählt. Russo erhielt in der Direktwahl 62,25 Prozent der Stimmen. Er wird von einem Mitte-Links-Bündnis unterstützt. Ilaria Caprioglio (52), die bislang mit einem Mitte-Rechts-Bündnis regierte, war nach ihrer fünfjährigen Amtszeit gar nicht mehr zur Wiederwahl angetreten. Sie hatte 2016 mit einer unabhängigen Liste die Mehrheit für den Chefsessel im Rathaus geholt.

Bevor die studierte Rechtsanwältin in die Politik ging, hatte sie längst eine internationale Karriere als Fotomodell hinter sich. Sie trat 1988 als Siegerin eines internationalen Supermodel-Wettbewerbs ins Rampenlicht der Modebranche.

Eine Frau mit vielen Facetten

Im Juni 2016 stand sie als erste Bürgermeisterin von Savona im Scheinwerferlicht der Politik. Im Villinger Rathaus wird nun von manchem Abgang der charismatischen Persönlichkeit. Bei der Stadtverwaltung VS und der Deutsch-Italienischen Gesellschaft, die die Städtepartnerschaft mit Savona 1988, war die neue Bürgermeisterin 2016 auf menschlicher wie politischer Ebene auf Begeisterung gestoßen. Denn unter ihrem Vorgänger Federico Berruti herrschte 14 Jahre lang auf offizieller Ebene zwischen Villingen-Schwenningen und Savona Funkstille. Berruti hatte offenbar kein Interesse an der Pflege internationaler Beziehungen.

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Das änderte sich mit Caprioglio, die beim Stadtfest 2017 bei der „Langen Tafel“ und noch einmal mit ihrer Familie 2018 Villingen-Schwenningen besuchte und ihre deutschen Gesprächspartner mit viel Herz und Verstand vereinnahmte. Die Stimmung war glänzend. Und mit der Belebung der Städtepartnerschaft ging es drei Jahre steil bergauf – bis die Corona-Pandemie allen persönlichen Kontakten und Begegnungen erneut ein Ende setzte.

Ilaria Caprioglio, Bürgermeisterin von Savona, trägt sich 2018 mit dem damaligen Oberbürgermeiser Rupert Kubon ins Goldene Buch der ...
Ilaria Caprioglio, Bürgermeisterin von Savona, trägt sich 2018 mit dem damaligen Oberbürgermeiser Rupert Kubon ins Goldene Buch der Stadt Villingen-Schwenningen ein.

„In meiner 16-jährigen Amtszeit war sie die einzige Bürgermeisterin, die sich um die Städtepartnerschaft gekümmert hat“, schildert Ex-OB Rupert Kubon, der seine Auftritte mit der italienischen Amtskollegen jeweils sichtlich genoss. „Ich fand sie persönlich sehr sympathisch“, bekräftigt Kubon.

„Politisch umstritten“

Warum sie nicht noch einmal angetreten ist, weiß auch der Ex-OB nicht. Allerdings habe sich dies im April, als er zum letzten Mal Savona besucht habe, bereits angedeutet. „Sie sagte damals, sie sei politisch sehr umstritten“, berichtet Kubon. Was ihn wenig verwunderte. Nach seinem Eindruck werden die innerstädtischen Parteienkonflikte in Italien weitaus heftiger ausgetragen als in Deutschland. Es stünden sich dort oft stark verfeindete politische Lager gegenüber.

Auch Gunter Steidinger, der Mitbegründer der Städtepartnerschaft und Präsidenten der Deutsch-Italienischen Gesellschaft, vermag nicht zu sagen, warum Caprioglio sich aus der Politik zurückgezogen hat. An der wirtschaftlichen Entwicklung kann es nicht gelegen haben. Savona sei eine „riesige Baustelle“ im positiven Sinne und werde umfassend erneuert. „Ökonomisch steht die Stadt blendend da.“

Doch nach seinem Eindruck hatte die Bürgermeisterin zuletzt keinen allzu starken Rückhalt in der Stadt und vielleicht geahnt, dass es mit einer Wiederwahl schwierig wird. Er vermutet, dass sie sich nach ihrer Abkehr von der Politik wieder in ihren vorigen Berufen als Anwältin und Hochschuldozentin betätigt.

Nachfolger stammt aus einer Politiker-Dynastie

Was der politische Wechsel für die Städtepartnerschaft bedeutet, kann Steidinger nicht absehen. Über den neuen Bürgermeister Marco Russo weiß er nur, dass dieser aus einer bekannten italienischen Politiker-Dynastie stammt. Bis zu einer ersten persönlichen Begegnung, auf die Steidinger hofft, dürfte es noch eine Weile dauern. Denn zunächst steht Russo vor der Herausforderung, eine stabile Mehrheit im Stadtparlament zu zimmern.

Glückwunsch nach Savona

Positive Signale sendete Oberbürgermeister Jürgen Roth nach der Wahl postwendend nach Savona. Er gratulierte dem neuen Stadtoberhaupt in einem Glückwunschschreiben und äußerte den Wunsch „nach einem Kennenlernen und einer Intensivierung der städtepartnerschaftlichen Kontakte“.

Zum 50. Geburtstag der Doppelstadt im nächsten Jahr sollen auch die Partnerstädte eingeladen werden. Dann wird sich vielleicht schon zeigen, ob das von Ilaria Caprioglio wiederbelebte Pflänzlein der Städtepartnerschaft weiter wachsen und gedeihen kann.